Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Die Turnierwaffen.
Feldharnisch verwendet, der nur eine geringe Veränderung darin
zeigt, dass an die Brust ein steifer Bart geschraubt wird, der nach
oben bis an den Sehspalt reicht. Ausserdem wurden je nach dem
Belieben des Turnierenden Verstärkungsstücke, eine linke Doppelachsel,
ein Doppelkinn oder ein Garde-bras aufgeschraubt. Der Turnierharnisch
ist daran zu erkennen, dass der Oberrand der Brust des aufzuschrauben-
den Bartes halber keine Wulst hat und in dessen Nähe 2--3 Schrauben-
löcher sich finden. Die Bewaffnung bildete der Turnierspiess; er war
ganz ähnlich dem Reisspiess, nur etwas kürzer und stärker, und seine
Spitze war dem Scharfeisen ähnlich, nur dünner und schlanker ge-
bildet. (Fig. 638 a--d.)

Für manche Turniergattungen wurde der gewöhnliche, für das
Feld gebräuchliche Rossharnisch, "das stählin geliger", benutzt. Für

[Abbildung] Fig. 634.

a--d. Scharfeisenformen.

einzelne Arten, namentlich für das Stechen und Rennen im "Zeug",
kam eine besondere Pferderüstung in Anwendung.

Er war für beide Gattungen im wesentlichen gleich, nur in den
Sattelformen verschieden. Das Kopfgestell, "haubtgstiel", war das
denkbar einfachste und bestand nur aus rohen Hanfbändern. In
der Regel war das Ross mit der Stange gezäumt, deren Gebiss jedoch
gebrochen war (Fig. 639); die Zügelriemen erhielten Behänge, in Stoff
und Farbe übereinstimmend mit der Decke. Über das Pferd wurde
die lederne Parsche gelegt, die Hals und Widerrist deckte; darüber
kam die Rossdecke aus Leinwand, die auch den Hals und den Kopf

III. Die Turnierwaffen.
Feldharnisch verwendet, der nur eine geringe Veränderung darin
zeigt, daſs an die Brust ein steifer Bart geschraubt wird, der nach
oben bis an den Sehspalt reicht. Auſserdem wurden je nach dem
Belieben des Turnierenden Verstärkungsstücke, eine linke Doppelachsel,
ein Doppelkinn oder ein Garde-bras aufgeschraubt. Der Turnierharnisch
ist daran zu erkennen, daſs der Oberrand der Brust des aufzuschrauben-
den Bartes halber keine Wulst hat und in dessen Nähe 2—3 Schrauben-
löcher sich finden. Die Bewaffnung bildete der Turnierspieſs; er war
ganz ähnlich dem Reisspieſs, nur etwas kürzer und stärker, und seine
Spitze war dem Scharfeisen ähnlich, nur dünner und schlanker ge-
bildet. (Fig. 638 a—d.)

Für manche Turniergattungen wurde der gewöhnliche, für das
Feld gebräuchliche Roſsharnisch, „das stählin geliger“, benutzt. Für

[Abbildung] Fig. 634.

a—d. Scharfeisenformen.

einzelne Arten, namentlich für das Stechen und Rennen im „Zeug“,
kam eine besondere Pferderüstung in Anwendung.

Er war für beide Gattungen im wesentlichen gleich, nur in den
Sattelformen verschieden. Das Kopfgestell, „haubtgstiel“, war das
denkbar einfachste und bestand nur aus rohen Hanfbändern. In
der Regel war das Roſs mit der Stange gezäumt, deren Gebiſs jedoch
gebrochen war (Fig. 639); die Zügelriemen erhielten Behänge, in Stoff
und Farbe übereinstimmend mit der Decke. Über das Pferd wurde
die lederne Parsche gelegt, die Hals und Widerrist deckte; darüber
kam die Roſsdecke aus Leinwand, die auch den Hals und den Kopf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0566" n="548"/><fw place="top" type="header">III. Die Turnierwaffen.</fw><lb/>
Feldharnisch verwendet, der nur eine geringe Veränderung darin<lb/>
zeigt, da&#x017F;s an die Brust ein steifer Bart geschraubt wird, der nach<lb/>
oben bis an den Sehspalt reicht. Au&#x017F;serdem wurden je nach dem<lb/>
Belieben des Turnierenden Verstärkungsstücke, eine linke Doppelachsel,<lb/>
ein Doppelkinn oder ein Garde-bras aufgeschraubt. Der Turnierharnisch<lb/>
ist daran zu erkennen, da&#x017F;s der Oberrand der Brust des aufzuschrauben-<lb/>
den Bartes halber keine Wulst hat und in dessen Nähe 2&#x2014;3 Schrauben-<lb/>
löcher sich finden. Die Bewaffnung bildete der Turnierspie&#x017F;s; er war<lb/>
ganz ähnlich dem Reisspie&#x017F;s, nur etwas kürzer und stärker, und seine<lb/>
Spitze war dem Scharfeisen ähnlich, nur dünner und schlanker ge-<lb/>
bildet. (Fig. 638 a&#x2014;d.)</p><lb/>
        <p>Für manche Turniergattungen wurde der gewöhnliche, für das<lb/>
Feld gebräuchliche Ro&#x017F;sharnisch, &#x201E;das stählin geliger&#x201C;, benutzt. Für<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 634.</head><p> a&#x2014;d. <hi rendition="#g">Scharfeisenformen</hi>.</p></figure><lb/>
einzelne Arten, namentlich für das Stechen und Rennen im &#x201E;Zeug&#x201C;,<lb/>
kam eine besondere Pferderüstung in Anwendung.</p><lb/>
        <p>Er war für beide Gattungen im wesentlichen gleich, nur in den<lb/>
Sattelformen verschieden. Das <hi rendition="#g">Kopfgestell</hi>, &#x201E;haubtgstiel&#x201C;, war das<lb/>
denkbar einfachste und bestand nur aus rohen Hanfbändern. In<lb/>
der Regel war das Ro&#x017F;s mit der Stange gezäumt, deren Gebi&#x017F;s jedoch<lb/>
gebrochen war (Fig. 639); die Zügelriemen erhielten Behänge, in Stoff<lb/>
und Farbe übereinstimmend mit der Decke. Über das Pferd wurde<lb/>
die lederne <hi rendition="#g">Parsche</hi> gelegt, die Hals und Widerrist deckte; darüber<lb/>
kam die Ro&#x017F;sdecke aus Leinwand, die auch den Hals und den Kopf<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[548/0566] III. Die Turnierwaffen. Feldharnisch verwendet, der nur eine geringe Veränderung darin zeigt, daſs an die Brust ein steifer Bart geschraubt wird, der nach oben bis an den Sehspalt reicht. Auſserdem wurden je nach dem Belieben des Turnierenden Verstärkungsstücke, eine linke Doppelachsel, ein Doppelkinn oder ein Garde-bras aufgeschraubt. Der Turnierharnisch ist daran zu erkennen, daſs der Oberrand der Brust des aufzuschrauben- den Bartes halber keine Wulst hat und in dessen Nähe 2—3 Schrauben- löcher sich finden. Die Bewaffnung bildete der Turnierspieſs; er war ganz ähnlich dem Reisspieſs, nur etwas kürzer und stärker, und seine Spitze war dem Scharfeisen ähnlich, nur dünner und schlanker ge- bildet. (Fig. 638 a—d.) Für manche Turniergattungen wurde der gewöhnliche, für das Feld gebräuchliche Roſsharnisch, „das stählin geliger“, benutzt. Für [Abbildung Fig. 634. a—d. Scharfeisenformen.] einzelne Arten, namentlich für das Stechen und Rennen im „Zeug“, kam eine besondere Pferderüstung in Anwendung. Er war für beide Gattungen im wesentlichen gleich, nur in den Sattelformen verschieden. Das Kopfgestell, „haubtgstiel“, war das denkbar einfachste und bestand nur aus rohen Hanfbändern. In der Regel war das Roſs mit der Stange gezäumt, deren Gebiſs jedoch gebrochen war (Fig. 639); die Zügelriemen erhielten Behänge, in Stoff und Farbe übereinstimmend mit der Decke. Über das Pferd wurde die lederne Parsche gelegt, die Hals und Widerrist deckte; darüber kam die Roſsdecke aus Leinwand, die auch den Hals und den Kopf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/566
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/566>, abgerufen am 19.05.2024.