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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.
aus einem flachen, am Rande nach der Richtung der Peripherie
mehrmals eingekerbten Rade, welches mittels einer Welle an der
Schlossplatte befestigt ist und mit dem Rande oberhalb in die Pfanne
eingreift.

Mittels eines Schlüssels wird der Mechanismus des Rades derart
gespannt, dass das Rad um drei Viertel seiner Peripherie auf-
gezogen ist. Beim Abfeuern wird der Hahn, in dessem oberen Teile
ein Stück Schwefelkies (pyrit) geschraubt ist, derart auf die Pfanne
niedergedrückt, dass der Kies auf dem Rande des Rades aufsitzt.
Infolge des Auslösens der Spannung durch das Züngel rotiert das Rad
wieder rasch zurück, wobei die durch die Reibung an dem Kies ent-
stehenden Funken das Zündkraut entzünden (Fig. 530 und 531). In
den ersten Stadien der Aufnahme des Reibungsprinzipes zur Zündung
ist das Rad noch nicht im Mechanismus vertreten, die Reibung wurde

[Abbildung] Fig. 532.

Spanisches Schnapphahnschloss von Francisco
Lopez
in Madrid. 18. Jahrhundert, Anfang.

anfänglich durch eine kleine, rauh gefeilte Stange erzeugt, welche zu-
erst mit der Hand geschoben, später mittels Federkraft bewegt wurde.
Noch im 17. Jahrhundert kommen die Büchsenmacher in ihren Kon-
struktionen hier und da vom Wellen- auf das Stangensystem wieder
zurück.

So sinnreich das Radschloss erscheint, für den Gebrauch im
Kriege war es seiner vielen Mängel wegen nur bedingungsweise von
Vorteil. Seine Mängel bestanden vor allem darin, dass der Mechanismus
zu kompliziert war, das Rad durch den Pulverrückstand leicht ver-
schmandete und das Gewehr versagte. Bei der Reiterei erwies sich
das Radschloss jedoch als wesentlicher Fortschritt, und selbst beim
Fussvolke wurde seine Brauchbarkeit bei nächtlichen Überfällen all-

II. Die Angriffswaffen.
aus einem flachen, am Rande nach der Richtung der Peripherie
mehrmals eingekerbten Rade, welches mittels einer Welle an der
Schloſsplatte befestigt ist und mit dem Rande oberhalb in die Pfanne
eingreift.

Mittels eines Schlüssels wird der Mechanismus des Rades derart
gespannt, daſs das Rad um drei Viertel seiner Peripherie auf-
gezogen ist. Beim Abfeuern wird der Hahn, in dessem oberen Teile
ein Stück Schwefelkies (pyrit) geschraubt ist, derart auf die Pfanne
niedergedrückt, daſs der Kies auf dem Rande des Rades aufsitzt.
Infolge des Auslösens der Spannung durch das Züngel rotiert das Rad
wieder rasch zurück, wobei die durch die Reibung an dem Kies ent-
stehenden Funken das Zündkraut entzünden (Fig. 530 und 531). In
den ersten Stadien der Aufnahme des Reibungsprinzipes zur Zündung
ist das Rad noch nicht im Mechanismus vertreten, die Reibung wurde

[Abbildung] Fig. 532.

Spanisches Schnapphahnschloſs von Francisco
Lopez
in Madrid. 18. Jahrhundert, Anfang.

anfänglich durch eine kleine, rauh gefeilte Stange erzeugt, welche zu-
erst mit der Hand geschoben, später mittels Federkraft bewegt wurde.
Noch im 17. Jahrhundert kommen die Büchsenmacher in ihren Kon-
struktionen hier und da vom Wellen- auf das Stangensystem wieder
zurück.

So sinnreich das Radschloſs erscheint, für den Gebrauch im
Kriege war es seiner vielen Mängel wegen nur bedingungsweise von
Vorteil. Seine Mängel bestanden vor allem darin, daſs der Mechanismus
zu kompliziert war, das Rad durch den Pulverrückstand leicht ver-
schmandete und das Gewehr versagte. Bei der Reiterei erwies sich
das Radschloſs jedoch als wesentlicher Fortschritt, und selbst beim
Fuſsvolke wurde seine Brauchbarkeit bei nächtlichen Überfällen all-

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[452/0470] II. Die Angriffswaffen. aus einem flachen, am Rande nach der Richtung der Peripherie mehrmals eingekerbten Rade, welches mittels einer Welle an der Schloſsplatte befestigt ist und mit dem Rande oberhalb in die Pfanne eingreift. Mittels eines Schlüssels wird der Mechanismus des Rades derart gespannt, daſs das Rad um drei Viertel seiner Peripherie auf- gezogen ist. Beim Abfeuern wird der Hahn, in dessem oberen Teile ein Stück Schwefelkies (pyrit) geschraubt ist, derart auf die Pfanne niedergedrückt, daſs der Kies auf dem Rande des Rades aufsitzt. Infolge des Auslösens der Spannung durch das Züngel rotiert das Rad wieder rasch zurück, wobei die durch die Reibung an dem Kies ent- stehenden Funken das Zündkraut entzünden (Fig. 530 und 531). In den ersten Stadien der Aufnahme des Reibungsprinzipes zur Zündung ist das Rad noch nicht im Mechanismus vertreten, die Reibung wurde [Abbildung Fig. 532. Spanisches Schnapphahnschloſs von Francisco Lopez in Madrid. 18. Jahrhundert, Anfang.] anfänglich durch eine kleine, rauh gefeilte Stange erzeugt, welche zu- erst mit der Hand geschoben, später mittels Federkraft bewegt wurde. Noch im 17. Jahrhundert kommen die Büchsenmacher in ihren Kon- struktionen hier und da vom Wellen- auf das Stangensystem wieder zurück. So sinnreich das Radschloſs erscheint, für den Gebrauch im Kriege war es seiner vielen Mängel wegen nur bedingungsweise von Vorteil. Seine Mängel bestanden vor allem darin, daſs der Mechanismus zu kompliziert war, das Rad durch den Pulverrückstand leicht ver- schmandete und das Gewehr versagte. Bei der Reiterei erwies sich das Radschloſs jedoch als wesentlicher Fortschritt, und selbst beim Fuſsvolke wurde seine Brauchbarkeit bei nächtlichen Überfällen all-

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/470>, abgerufen am 22.11.2024.