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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert.
wucht zu vergrössern. Dieser Gebrauch könnte sich aber erst aus dem
17. Jahrhundert herschreiben. Ältere Autoren berichten von Richt-
schwertklingen, welche im Inneren einen hohlen Raum besassen, der
zur Hälfte mit Quecksilber angefüllt war. Beim Hiebe strömte das
Quecksilber mit Gewalt gegen die Spitze und steigerte die Wucht um
ein Bedeutendes. Dem Verfasser ist unter zahllosen Richtschwertern
auch nicht ein einziges derartiges unter die Hand gekommen. Es
dürfte sich auch hier nur um vereinzelte Versuche gehandelt haben.*)
Die Griffe haben in der Regel nur eine Länge für zwei eng aneinander
gepresste Fäuste, kurze Parierstangen, welche bei den ältesten Exem-
plaren zuweilen mit Schellen besetzt sind. Wenn das Richtschwert
eine Scheide besass, was nicht immer der Fall war, dann war diese
in der Regel mit einem Besteck ausgestattet, welches 2 bis 3 Messer
enthielt, die bei besonderen Hinrichtungsarten dienten.

Wie nahezu bei allen Angriffswaffen kamen in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts auch bei Schwertern und Haudegen Schiess-
vorrichtungen vor. Sie sind, je nachdem deren Läufe an nur einer
oder beiden Klingenflachseiten angeordnet sind, einfach oder doppelt,
die Radschlösser liegen meist unterhalb oder zunächst des Ansatzes.
Ihre Brauchbarkeit im Gefechte kann nur gering gewesen sein. Mit
Vorliebe wurden derlei Schiessschwerter bei Festlichkeiten, Turnieren
u. dergl. verwendet, wo sie zur Vermehrung des Geräusches trefflich
dienten. In dem 1560 zu Wien erschienenen sogenannten "Turnier-
buche" des Hans Francolin jun., die Beschreibung der von Kaiser
Ferdinand I. in diesem Jahre veranstalteten Festlichkeiten enthaltend,
ist auf Tafel IV von Hans Lautensack ein Geharnischter zu Pferde
dargestellt, der während des Plankengestechs sein Schiessschwert
schwingend entladet.

Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts sehen wir die deutsche
Reiterei mit Schwertern, welche auffällig kurze, breite Klingen besitzen,
während die Italiener Korbschwerter mit langen Klingen tragen, die
einen Übergang zum Haudegen darstellen. Ganz im Gegenteile
gefällt sich nun das Fussvolk in Haudegen mit übermässig langen

*) Die meisten Richtschwerter weisen figurale Dessins und Inschriften auf,
welche sich auf deren traurige Bestimmung beziehen. So führen viele Galgen und
Rad, den Tod Christi, die schmerzhafte Mutter Gottes, die heilige Katharina etc.
auf den Klingen. Nicht selten erscheint der Name des Scharfrichters mit einer
Jahreszahl, dann bezügliche Bibelsprüche und moralisierende Verse, wie:
"Wenn ich das schwert thu erheben,
Wünsch ich dem sünder das ewige leben,
Führ ich mit macht den todesstreich
Kommt er von stund ins himmelreich."
oder:
"Wer findt eh's verloren wird,
Wer kauft eh's feil wird,
Der stirbt eh er alt wird." u. dergl.

A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert.
wucht zu vergröſsern. Dieser Gebrauch könnte sich aber erst aus dem
17. Jahrhundert herschreiben. Ältere Autoren berichten von Richt-
schwertklingen, welche im Inneren einen hohlen Raum besaſsen, der
zur Hälfte mit Quecksilber angefüllt war. Beim Hiebe strömte das
Quecksilber mit Gewalt gegen die Spitze und steigerte die Wucht um
ein Bedeutendes. Dem Verfasser ist unter zahllosen Richtschwertern
auch nicht ein einziges derartiges unter die Hand gekommen. Es
dürfte sich auch hier nur um vereinzelte Versuche gehandelt haben.*)
Die Griffe haben in der Regel nur eine Länge für zwei eng aneinander
gepreſste Fäuste, kurze Parierstangen, welche bei den ältesten Exem-
plaren zuweilen mit Schellen besetzt sind. Wenn das Richtschwert
eine Scheide besaſs, was nicht immer der Fall war, dann war diese
in der Regel mit einem Besteck ausgestattet, welches 2 bis 3 Messer
enthielt, die bei besonderen Hinrichtungsarten dienten.

Wie nahezu bei allen Angriffswaffen kamen in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts auch bei Schwertern und Haudegen Schieſs-
vorrichtungen vor. Sie sind, je nachdem deren Läufe an nur einer
oder beiden Klingenflachseiten angeordnet sind, einfach oder doppelt,
die Radschlösser liegen meist unterhalb oder zunächst des Ansatzes.
Ihre Brauchbarkeit im Gefechte kann nur gering gewesen sein. Mit
Vorliebe wurden derlei Schieſsschwerter bei Festlichkeiten, Turnieren
u. dergl. verwendet, wo sie zur Vermehrung des Geräusches trefflich
dienten. In dem 1560 zu Wien erschienenen sogenannten „Turnier-
buche“ des Hans Francolin jun., die Beschreibung der von Kaiser
Ferdinand I. in diesem Jahre veranstalteten Festlichkeiten enthaltend,
ist auf Tafel IV von Hans Lautensack ein Geharnischter zu Pferde
dargestellt, der während des Plankengestechs sein Schieſsschwert
schwingend entladet.

Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts sehen wir die deutsche
Reiterei mit Schwertern, welche auffällig kurze, breite Klingen besitzen,
während die Italiener Korbschwerter mit langen Klingen tragen, die
einen Übergang zum Haudegen darstellen. Ganz im Gegenteile
gefällt sich nun das Fuſsvolk in Haudegen mit übermäſsig langen

*) Die meisten Richtschwerter weisen figurale Dessins und Inschriften auf,
welche sich auf deren traurige Bestimmung beziehen. So führen viele Galgen und
Rad, den Tod Christi, die schmerzhafte Mutter Gottes, die heilige Katharina etc.
auf den Klingen. Nicht selten erscheint der Name des Scharfrichters mit einer
Jahreszahl, dann bezügliche Bibelsprüche und moralisierende Verse, wie:
„Wenn ich das schwert thu erheben,
Wünsch ich dem sünder das ewige leben,
Führ ich mit macht den todesstreich
Kommt er von stund ins himmelreich.“
oder:
„Wer findt eh’s verloren wird,
Wer kauft eh’s feil wird,
Der stirbt eh er alt wird.“ u. dergl.
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[267/0285] A. Blanke Waffen. 1. Das Schwert. wucht zu vergröſsern. Dieser Gebrauch könnte sich aber erst aus dem 17. Jahrhundert herschreiben. Ältere Autoren berichten von Richt- schwertklingen, welche im Inneren einen hohlen Raum besaſsen, der zur Hälfte mit Quecksilber angefüllt war. Beim Hiebe strömte das Quecksilber mit Gewalt gegen die Spitze und steigerte die Wucht um ein Bedeutendes. Dem Verfasser ist unter zahllosen Richtschwertern auch nicht ein einziges derartiges unter die Hand gekommen. Es dürfte sich auch hier nur um vereinzelte Versuche gehandelt haben. *) Die Griffe haben in der Regel nur eine Länge für zwei eng aneinander gepreſste Fäuste, kurze Parierstangen, welche bei den ältesten Exem- plaren zuweilen mit Schellen besetzt sind. Wenn das Richtschwert eine Scheide besaſs, was nicht immer der Fall war, dann war diese in der Regel mit einem Besteck ausgestattet, welches 2 bis 3 Messer enthielt, die bei besonderen Hinrichtungsarten dienten. Wie nahezu bei allen Angriffswaffen kamen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch bei Schwertern und Haudegen Schieſs- vorrichtungen vor. Sie sind, je nachdem deren Läufe an nur einer oder beiden Klingenflachseiten angeordnet sind, einfach oder doppelt, die Radschlösser liegen meist unterhalb oder zunächst des Ansatzes. Ihre Brauchbarkeit im Gefechte kann nur gering gewesen sein. Mit Vorliebe wurden derlei Schieſsschwerter bei Festlichkeiten, Turnieren u. dergl. verwendet, wo sie zur Vermehrung des Geräusches trefflich dienten. In dem 1560 zu Wien erschienenen sogenannten „Turnier- buche“ des Hans Francolin jun., die Beschreibung der von Kaiser Ferdinand I. in diesem Jahre veranstalteten Festlichkeiten enthaltend, ist auf Tafel IV von Hans Lautensack ein Geharnischter zu Pferde dargestellt, der während des Plankengestechs sein Schieſsschwert schwingend entladet. Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts sehen wir die deutsche Reiterei mit Schwertern, welche auffällig kurze, breite Klingen besitzen, während die Italiener Korbschwerter mit langen Klingen tragen, die einen Übergang zum Haudegen darstellen. Ganz im Gegenteile gefällt sich nun das Fuſsvolk in Haudegen mit übermäſsig langen *) Die meisten Richtschwerter weisen figurale Dessins und Inschriften auf, welche sich auf deren traurige Bestimmung beziehen. So führen viele Galgen und Rad, den Tod Christi, die schmerzhafte Mutter Gottes, die heilige Katharina etc. auf den Klingen. Nicht selten erscheint der Name des Scharfrichters mit einer Jahreszahl, dann bezügliche Bibelsprüche und moralisierende Verse, wie: „Wenn ich das schwert thu erheben, Wünsch ich dem sünder das ewige leben, Führ ich mit macht den todesstreich Kommt er von stund ins himmelreich.“ oder: „Wer findt eh’s verloren wird, Wer kauft eh’s feil wird, Der stirbt eh er alt wird.“ u. dergl.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/285>, abgerufen am 25.11.2024.