gefertigt. Seine federkräftige Klinge mit flachem Hohlschliff trägt das Kreuzzeichen in Goldtausia. Griff und Parierstange sind in Email geziert, der Knauf ist jüngere Arbeit der Zeit Karls IV. Die pracht- volle, mit emaillierten Goldblechen und Lotperlen gezierte Scheide ist genau so gefertigt, wie der Mönch von St. Gallen schildert.*) (Fig. 276.)
Im 13. Jahrhundert erscheinen die Klingen bereits mit oft längeren Inschriften in gotischen oder lateinischen Majuskeln, ein- graviert oder auch in Tausia, aber auch schon mit ins Gesenk ge- schlagenen Marken, durch welche der Meister bezeichnet wird. Die Inschriften enthalten entweder fromme Sprüche, sogenannte Waffen- segen oder kabbalistische Anrufungen, welche besonders auf Passauer Klingen häufig angetroffen werden. Oft gibt die Reihe der Buch- staben gar keinen Sinn und erscheint als eine willkürliche Zusammen- stellung von Buchstaben. Die häufig auf Klingen des 13. und 14. Jahrhunderts vorkommenden Buchstaben S. S. bedeuten Sacrificium Sanctum.
Seit der Zeit der Karolinger erhielt das Schwert eine hohe Be- deutung für den freien Mann. Man betrachtete es als einen Gegen- stand der Verehrung, verlieh ihm Namen wie einem lebendigen Wesen und umkleidete es mit dem Zauber der Romantik. So hiess Rolands Schwert, das der Schmied Madelger von Regensburg fertigte, "Durandel" (Durenda Durindane). Karls des Grossen Schwert hiess "Joyuse", das Turpins "Almance", das Ganelons "Mulagir", das Schwert des Mohrenkönigs Paligans hiess "Preciose", das des Wilhelm von Oranse ebenfalls Shoyuse (Joyeuse). Siegfrieds Schwert hiess bekanntlich "Balmung". In der Artussage finden wir gleichfalls mit Namen belegte Schwerter. Voran steht "Caliburn", das Schwert des Königs Artus, gefertigt auf der Insel Avalon, wo die Fee Morgane hauste; es kam der Sage nach in den Besitz des Richard Löwenherz.
Um seinen Wert für den christlichen Sinn zu erhöhen, wurden in die Knäufe Reliquien von Heiligen gefasst; diese fromme Sitte erhielt sich bis ins 14. Jahrhundert. Nicht die Christen allein, auch die Araber widmeten ihren Schwertern eine hohe Verehrung, und es waren besonders die Mauren, welche dem Kultus des Schwertes im hohen Grade huldigten.
Die Verehrung des Schwertes bei den Arabern datiert ohne Zweifel noch aus vormohammedanischer Zeit. Den grössten Reich- tum des Propheten bildeten nach den arabischen Schriftstellern seine
*) "Das Schwert wurde erstlich von einer Scheide (von Holz), dann durch Leder, drittens durch sehr weisses, mit hellem Wachs gestärktes Linnen so um- geben, dass es mit seinem in der Mitte glänzenden Kreuzchen zum Verderben der Heiden dauerhaft erhalten werde." Monach. St. Gall. I. 34. Leitner, Die her- vorragendsten Kunstwerke der kaiserl. Schatzkammer zu Wien.
II. Die Angriffswaffen.
gefertigt. Seine federkräftige Klinge mit flachem Hohlschliff trägt das Kreuzzeichen in Goldtausia. Griff und Parierstange sind in Email geziert, der Knauf ist jüngere Arbeit der Zeit Karls IV. Die pracht- volle, mit emaillierten Goldblechen und Lotperlen gezierte Scheide ist genau so gefertigt, wie der Mönch von St. Gallen schildert.*) (Fig. 276.)
Im 13. Jahrhundert erscheinen die Klingen bereits mit oft längeren Inschriften in gotischen oder lateinischen Majuskeln, ein- graviert oder auch in Tausia, aber auch schon mit ins Gesenk ge- schlagenen Marken, durch welche der Meister bezeichnet wird. Die Inschriften enthalten entweder fromme Sprüche, sogenannte Waffen- segen oder kabbalistische Anrufungen, welche besonders auf Passauer Klingen häufig angetroffen werden. Oft gibt die Reihe der Buch- staben gar keinen Sinn und erscheint als eine willkürliche Zusammen- stellung von Buchstaben. Die häufig auf Klingen des 13. und 14. Jahrhunderts vorkommenden Buchstaben S. S. bedeuten Sacrificium Sanctum.
Seit der Zeit der Karolinger erhielt das Schwert eine hohe Be- deutung für den freien Mann. Man betrachtete es als einen Gegen- stand der Verehrung, verlieh ihm Namen wie einem lebendigen Wesen und umkleidete es mit dem Zauber der Romantik. So hieſs Rolands Schwert, das der Schmied Madelger von Regensburg fertigte, „Durandel“ (Durenda Durindane). Karls des Groſsen Schwert hieſs „Joyuse“, das Turpins „Almance“, das Ganelons „Mulagir“, das Schwert des Mohrenkönigs Paligans hieſs „Preciose“, das des Wilhelm von Oranse ebenfalls Shoyuse (Joyeuse). Siegfrieds Schwert hieſs bekanntlich „Balmung“. In der Artussage finden wir gleichfalls mit Namen belegte Schwerter. Voran steht „Caliburn“, das Schwert des Königs Artus, gefertigt auf der Insel Avalon, wo die Fee Morgane hauste; es kam der Sage nach in den Besitz des Richard Löwenherz.
Um seinen Wert für den christlichen Sinn zu erhöhen, wurden in die Knäufe Reliquien von Heiligen gefaſst; diese fromme Sitte erhielt sich bis ins 14. Jahrhundert. Nicht die Christen allein, auch die Araber widmeten ihren Schwertern eine hohe Verehrung, und es waren besonders die Mauren, welche dem Kultus des Schwertes im hohen Grade huldigten.
Die Verehrung des Schwertes bei den Arabern datiert ohne Zweifel noch aus vormohammedanischer Zeit. Den gröſsten Reich- tum des Propheten bildeten nach den arabischen Schriftstellern seine
*) „Das Schwert wurde erstlich von einer Scheide (von Holz), dann durch Leder, drittens durch sehr weiſses, mit hellem Wachs gestärktes Linnen so um- geben, daſs es mit seinem in der Mitte glänzenden Kreuzchen zum Verderben der Heiden dauerhaft erhalten werde.“ Monach. St. Gall. I. 34. Leitner, Die her- vorragendsten Kunstwerke der kaiserl. Schatzkammer zu Wien.
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das Kreuzzeichen in Goldtausia. Griff und Parierstange sind in Email
geziert, der Knauf ist jüngere Arbeit der Zeit Karls IV. Die pracht-
volle, mit emaillierten Goldblechen und Lotperlen gezierte Scheide ist
genau so gefertigt, wie der Mönch von St. Gallen schildert. *)
(Fig. 276.)
Im 13. Jahrhundert erscheinen die Klingen bereits mit oft
längeren Inschriften in gotischen oder lateinischen Majuskeln, ein-
graviert oder auch in Tausia, aber auch schon mit ins Gesenk ge-
schlagenen Marken, durch welche der Meister bezeichnet wird. Die
Inschriften enthalten entweder fromme Sprüche, sogenannte Waffen-
segen oder kabbalistische Anrufungen, welche besonders auf Passauer
Klingen häufig angetroffen werden. Oft gibt die Reihe der Buch-
staben gar keinen Sinn und erscheint als eine willkürliche Zusammen-
stellung von Buchstaben. Die häufig auf Klingen des 13. und 14.
Jahrhunderts vorkommenden Buchstaben S. S. bedeuten Sacrificium
Sanctum.
Seit der Zeit der Karolinger erhielt das Schwert eine hohe Be-
deutung für den freien Mann. Man betrachtete es als einen Gegen-
stand der Verehrung, verlieh ihm Namen wie einem lebendigen Wesen
und umkleidete es mit dem Zauber der Romantik. So hieſs
Rolands Schwert, das der Schmied Madelger von Regensburg fertigte,
„Durandel“ (Durenda Durindane). Karls des Groſsen Schwert hieſs
„Joyuse“, das Turpins „Almance“, das Ganelons „Mulagir“, das
Schwert des Mohrenkönigs Paligans hieſs „Preciose“, das des Wilhelm
von Oranse ebenfalls Shoyuse (Joyeuse). Siegfrieds Schwert hieſs
bekanntlich „Balmung“. In der Artussage finden wir gleichfalls mit
Namen belegte Schwerter. Voran steht „Caliburn“, das Schwert des
Königs Artus, gefertigt auf der Insel Avalon, wo die Fee Morgane
hauste; es kam der Sage nach in den Besitz des Richard Löwenherz.
Um seinen Wert für den christlichen Sinn zu erhöhen, wurden
in die Knäufe Reliquien von Heiligen gefaſst; diese fromme Sitte
erhielt sich bis ins 14. Jahrhundert. Nicht die Christen allein, auch
die Araber widmeten ihren Schwertern eine hohe Verehrung, und es
waren besonders die Mauren, welche dem Kultus des Schwertes im
hohen Grade huldigten.
Die Verehrung des Schwertes bei den Arabern datiert ohne
Zweifel noch aus vormohammedanischer Zeit. Den gröſsten Reich-
tum des Propheten bildeten nach den arabischen Schriftstellern seine
*) „Das Schwert wurde erstlich von einer Scheide (von Holz), dann durch
Leder, drittens durch sehr weiſses, mit hellem Wachs gestärktes Linnen so um-
geben, daſs es mit seinem in der Mitte glänzenden Kreuzchen zum Verderben der
Heiden dauerhaft erhalten werde.“ Monach. St. Gall. I. 34. Leitner, Die her-
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/260>, abgerufen am 22.11.2024.
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