[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.Arion da er sein neues Leben begrüßte, und den un- Arions Stimme trug sich über die ebene See den
Arion da er ſein neues Leben begruͤßte, und den un- Arions Stimme trug ſich uͤber die ebene See den
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0086" n="84"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Arion</hi> </hi> </fw><lb/> <p>da er ſein neues Leben begruͤßte, und den un-<lb/> tern Delphin prieß, der ihn von den Hoͤllenpfor-<lb/> ten zuruͤck getragen hatte. Dieſer hoͤrete es,<lb/> und gab nach ſeiner Art ein groſſes Vergnuͤgen<lb/> zu erkennen. Die Augen flogen ihm unbeſtaͤndig<lb/> herum, ſein groſſes Haupt hub ſich hoch empor,<lb/> ſo daß das Waſſer nur den weiſſen Hals be-<lb/> ruͤhrte, und dann neben hinunter glitſchte. Der<lb/> ſtarcke Schweif rollte ſich, und das Waſſer,<lb/> welches aus beyden Naſeloͤchern herfuͤr ſprudelte,<lb/> trieb ſeine Bogen noch einmahl ſo hoch.</p><lb/> <p>Arions Stimme trug ſich uͤber die ebene See<lb/> weg, drang ſelbſt die Wellen durch, und mach-<lb/> te die Geſchoͤpfe rege, welche in fremdem Mee-<lb/> re wohneten, Delphinen, Meerpferde, Thie-<lb/> re die keinen Nahmen haben, welche die Son-<lb/> ne ſelten vorhin geſehen hatte. Ein blauer<lb/> Schwarm ſtieg nach dem andern aus der Tiefe<lb/> herfuͤr, ſie ſchoſſen gleich geſchwinde heran, ſie<lb/> ſchienen von Ferne wie wohl ausgeruͤſtete Schif-<lb/> fe, die in gerade Linien hingeſtellet das Treffen<lb/> erwarten. Sie flogen wie der Wind, ſie wa-<lb/> ren ſchon da; ein Hauffen der kaum zu uͤberſe-<lb/> hen war, und dennoch war nichts zu hoͤren, als<lb/> ein ſanftes Geraͤuſche von der See, welche ſie<lb/> mit ihren Leibern zerſchnitten. Sie athmeten<lb/> kaum, damit ihnen nicht ein Ton von der Goͤtt-<lb/> lichen Harmonie entgienge. Man wuͤrde geſagt<lb/> haben, da die Wallfiſche aller Orten aus ihren<lb/> Gruͤften hervorkamen, Neptum jagete etwa<lb/> mit ſeinem Muſchelwagen, der wenn er von<lb/> den Vogelſchnellen Pferden gezogen wird, mit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0086]
Arion
da er ſein neues Leben begruͤßte, und den un-
tern Delphin prieß, der ihn von den Hoͤllenpfor-
ten zuruͤck getragen hatte. Dieſer hoͤrete es,
und gab nach ſeiner Art ein groſſes Vergnuͤgen
zu erkennen. Die Augen flogen ihm unbeſtaͤndig
herum, ſein groſſes Haupt hub ſich hoch empor,
ſo daß das Waſſer nur den weiſſen Hals be-
ruͤhrte, und dann neben hinunter glitſchte. Der
ſtarcke Schweif rollte ſich, und das Waſſer,
welches aus beyden Naſeloͤchern herfuͤr ſprudelte,
trieb ſeine Bogen noch einmahl ſo hoch.
Arions Stimme trug ſich uͤber die ebene See
weg, drang ſelbſt die Wellen durch, und mach-
te die Geſchoͤpfe rege, welche in fremdem Mee-
re wohneten, Delphinen, Meerpferde, Thie-
re die keinen Nahmen haben, welche die Son-
ne ſelten vorhin geſehen hatte. Ein blauer
Schwarm ſtieg nach dem andern aus der Tiefe
herfuͤr, ſie ſchoſſen gleich geſchwinde heran, ſie
ſchienen von Ferne wie wohl ausgeruͤſtete Schif-
fe, die in gerade Linien hingeſtellet das Treffen
erwarten. Sie flogen wie der Wind, ſie wa-
ren ſchon da; ein Hauffen der kaum zu uͤberſe-
hen war, und dennoch war nichts zu hoͤren, als
ein ſanftes Geraͤuſche von der See, welche ſie
mit ihren Leibern zerſchnitten. Sie athmeten
kaum, damit ihnen nicht ein Ton von der Goͤtt-
lichen Harmonie entgienge. Man wuͤrde geſagt
haben, da die Wallfiſche aller Orten aus ihren
Gruͤften hervorkamen, Neptum jagete etwa
mit ſeinem Muſchelwagen, der wenn er von
den Vogelſchnellen Pferden gezogen wird, mit
den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |