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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.

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an die d. Ges. von Greifswalde.
haßten Partheylichkeit bey aller Welt verdächtig,
und raubet meinem Urtheil von andern den erworbe-
nen Schein und Credit der Critischen Gerechtigkeit.

III. Wie nachlässig führet ihr nicht meine Sa-
che, da ihr so kahl dahersaget: "Jhm ist wie-
"dersprochen worden, und er hat sich bisweilen
"verantwortet."
Es weiß ja jedermann, daß
sich verantworten und sich rechtfertigen zwey-
erley ist: Und wird nicht die Einschränckung durch
das Zeitwörtgen bisweilen den billigen Verdacht
erwecken, als ob es mir an dem Vermögen ge-
fehlet hätte, mich überall und in allen Stücken zu
verantworten? Jst denn ein Schriftverfasser, zu-
mahl wenn er seine Zeit nützlicher zu gebrauchen
weiß, eben nothwendig verbunden, sich gegen alle
wiedrigen Urtheile von seinen Schriften zu verthei-
digen, oder, kan man aus der Unterlassung des-
selben untrüglich schliessen, daß solches aus Unver-
mögen geschehen sey? Habe ich nicht hier und dar
ausdrücklich bezeuget, daß ich weder Lust noch Zeit
habe, mich mit meinen Tadlern einzulassen.

IV. Es ist freylich an dem, daß ich bey der
letzten Ausgabe meiner Critischen Dichtkunst die
Worte: für die Deutschen; auf dem Titelblatt
mit gutem Bedacht ausgestrichen habe, um da-
durch den Schweitzern den spöttischen Fürwurff
abzuschneiden, als ob die meinige nicht eine allge-
meine, sondern eine nur allein für die Deutschen
eingerichtete Dichtkunst sey: Was hat euch aber
gedrungen meine geheimen Absichten bey dieser Ver-
änderung, die ich mit Fleiß verborgen halten woll-
te, offentlich zu verrathen, und den schimpflichen

Für-

an die d. Geſ. von Greifswalde.
haßten Partheylichkeit bey aller Welt verdaͤchtig,
und raubet meinem Urtheil von andern den erworbe-
nen Schein und Credit der Critiſchen Gerechtigkeit.

III. Wie nachlaͤſſig fuͤhret ihr nicht meine Sa-
che, da ihr ſo kahl daherſaget: „Jhm iſt wie-
„derſprochen worden, und er hat ſich bisweilen
„verantwortet.„
Es weiß ja jedermann, daß
ſich verantworten und ſich rechtfertigen zwey-
erley iſt: Und wird nicht die Einſchraͤnckung durch
das Zeitwoͤrtgen bisweilen den billigen Verdacht
erwecken, als ob es mir an dem Vermoͤgen ge-
fehlet haͤtte, mich uͤberall und in allen Stuͤcken zu
verantworten? Jſt denn ein Schriftverfaſſer, zu-
mahl wenn er ſeine Zeit nuͤtzlicher zu gebrauchen
weiß, eben nothwendig verbunden, ſich gegen alle
wiedrigen Urtheile von ſeinen Schriften zu verthei-
digen, oder, kan man aus der Unterlaſſung deſ-
ſelben untruͤglich ſchlieſſen, daß ſolches aus Unver-
moͤgen geſchehen ſey? Habe ich nicht hier und dar
ausdruͤcklich bezeuget, daß ich weder Luſt noch Zeit
habe, mich mit meinen Tadlern einzulaſſen.

IV. Es iſt freylich an dem, daß ich bey der
letzten Ausgabe meiner Critiſchen Dichtkunſt die
Worte: fuͤr die Deutſchen; auf dem Titelblatt
mit gutem Bedacht ausgeſtrichen habe, um da-
durch den Schweitzern den ſpoͤttiſchen Fuͤrwurff
abzuſchneiden, als ob die meinige nicht eine allge-
meine, ſondern eine nur allein fuͤr die Deutſchen
eingerichtete Dichtkunſt ſey: Was hat euch aber
gedrungen meine geheimen Abſichten bey dieſer Ver-
aͤnderung, die ich mit Fleiß verborgen halten woll-
te, offentlich zu verrathen, und den ſchimpflichen

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[11/0013] an die d. Geſ. von Greifswalde. haßten Partheylichkeit bey aller Welt verdaͤchtig, und raubet meinem Urtheil von andern den erworbe- nen Schein und Credit der Critiſchen Gerechtigkeit. III. Wie nachlaͤſſig fuͤhret ihr nicht meine Sa- che, da ihr ſo kahl daherſaget: „Jhm iſt wie- „derſprochen worden, und er hat ſich bisweilen „verantwortet.„ Es weiß ja jedermann, daß ſich verantworten und ſich rechtfertigen zwey- erley iſt: Und wird nicht die Einſchraͤnckung durch das Zeitwoͤrtgen bisweilen den billigen Verdacht erwecken, als ob es mir an dem Vermoͤgen ge- fehlet haͤtte, mich uͤberall und in allen Stuͤcken zu verantworten? Jſt denn ein Schriftverfaſſer, zu- mahl wenn er ſeine Zeit nuͤtzlicher zu gebrauchen weiß, eben nothwendig verbunden, ſich gegen alle wiedrigen Urtheile von ſeinen Schriften zu verthei- digen, oder, kan man aus der Unterlaſſung deſ- ſelben untruͤglich ſchlieſſen, daß ſolches aus Unver- moͤgen geſchehen ſey? Habe ich nicht hier und dar ausdruͤcklich bezeuget, daß ich weder Luſt noch Zeit habe, mich mit meinen Tadlern einzulaſſen. IV. Es iſt freylich an dem, daß ich bey der letzten Ausgabe meiner Critiſchen Dichtkunſt die Worte: fuͤr die Deutſchen; auf dem Titelblatt mit gutem Bedacht ausgeſtrichen habe, um da- durch den Schweitzern den ſpoͤttiſchen Fuͤrwurff abzuſchneiden, als ob die meinige nicht eine allge- meine, ſondern eine nur allein fuͤr die Deutſchen eingerichtete Dichtkunſt ſey: Was hat euch aber gedrungen meine geheimen Abſichten bey dieſer Ver- aͤnderung, die ich mit Fleiß verborgen halten woll- te, offentlich zu verrathen, und den ſchimpflichen Fuͤr-

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung11_1743/13>, abgerufen am 18.12.2024.