[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.Hr. Pr. Gottscheds Schreiben glauben, habe rege machen und ohne Noth undBeruff Streit erwecken wollen? So habe ich in meinen ersten Schriften meine Gnaden und Lob- sprüche nach meiner freyen Willkuhr ausgetheilet: Nach eben dieser Freyheit habe ich in der neuen Herausgabe meiner Critischen Dichtkunst die Nah- men und das Andencken einer Neuberin, der Schweitzerischen Mahler, Hrn. Königs, Hrn. Bodmers und anderer, weil sie sich meiner vo- rigen Huld unwürdig gemachet, gäntzlich aus- gelöschet, in der Meynung, daß hinfür des in meinen vorigen Schriften aus allzuguthertziger Ue- bereilung ihnen verschwendeten Lobs nicht mehr solle gedacht werden. Diese meine Absicht war auch für alle diejenigen, die es mit meinem Ruhm treu- lich und recht von Hertzen gut meynen, unschwer zu errathen. Wenn ich demnach noch am billig- sten und gelindesten von eurem Vorsatz urtheilen soll, nach welchem ihr die drey Ausgaben meiner Critischen Dichtkunst in eine Vergleichung zu zie- hen unternommen habet, so muß ich es einer nach- lässigen Unbedachtsamkeit zuschreiben, daß ihr euch nicht habet vorstellen können, daß die Ausführung eines solchen Vorsatzes nothwendig den Neid und die Eifersucht der an ihrem Ruhme gekränckten Personen gegen mich zur Rache aufhetzen werde: Denn dadurch setzet ihr mich in die verdrießliche Nothwendigkeit, daß ich mich entweder einer strafe baren Uebereilung in meinen erstern freygebigen Lo- beserhebungen, oder eines boßhaften Neides in Zurückziehung derselben schuldig geben muß: We- nigstens machet ihr mein Lob und Tadel einer ver- haßten
Hr. Pr. Gottſcheds Schreiben glauben, habe rege machen und ohne Noth undBeruff Streit erwecken wollen? So habe ich in meinen erſten Schriften meine Gnaden und Lob- ſpruͤche nach meiner freyen Willkuhr ausgetheilet: Nach eben dieſer Freyheit habe ich in der neuen Herausgabe meiner Critiſchen Dichtkunſt die Nah- men und das Andencken einer Neuberin, der Schweitzeriſchen Mahler, Hrn. Koͤnigs, Hrn. Bodmers und anderer, weil ſie ſich meiner vo- rigen Huld unwuͤrdig gemachet, gaͤntzlich aus- geloͤſchet, in der Meynung, daß hinfuͤr des in meinen vorigen Schriften aus allzuguthertziger Ue- bereilung ihnen verſchwendeten Lobs nicht mehr ſolle gedacht werden. Dieſe meine Abſicht war auch fuͤr alle diejenigen, die es mit meinem Ruhm treu- lich und recht von Hertzen gut meynen, unſchwer zu errathen. Wenn ich demnach noch am billig- ſten und gelindeſten von eurem Vorſatz urtheilen ſoll, nach welchem ihr die drey Ausgaben meiner Critiſchen Dichtkunſt in eine Vergleichung zu zie- hen unternommen habet, ſo muß ich es einer nach- laͤſſigen Unbedachtſamkeit zuſchreiben, daß ihr euch nicht habet vorſtellen koͤnnen, daß die Ausfuͤhrung eines ſolchen Vorſatzes nothwendig den Neid und die Eiferſucht der an ihrem Ruhme gekraͤnckten Perſonen gegen mich zur Rache aufhetzen werde: Denn dadurch ſetzet ihr mich in die verdrießliche Nothwendigkeit, daß ich mich entweder einer ſtrafe baren Uebereilung in meinen erſtern freygebigen Lo- beserhebungen, oder eines boßhaften Neides in Zuruͤckziehung derſelben ſchuldig geben muß: We- nigſtens machet ihr mein Lob und Tadel einer ver- haßten
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Hr. Pr. Gottſcheds Schreiben
glauben, habe rege machen und ohne Noth und
Beruff Streit erwecken wollen? So habe ich in
meinen erſten Schriften meine Gnaden und Lob-
ſpruͤche nach meiner freyen Willkuhr ausgetheilet:
Nach eben dieſer Freyheit habe ich in der neuen
Herausgabe meiner Critiſchen Dichtkunſt die Nah-
men und das Andencken einer Neuberin, der
Schweitzeriſchen Mahler, Hrn. Koͤnigs, Hrn.
Bodmers und anderer, weil ſie ſich meiner vo-
rigen Huld unwuͤrdig gemachet, gaͤntzlich aus-
geloͤſchet, in der Meynung, daß hinfuͤr des in
meinen vorigen Schriften aus allzuguthertziger Ue-
bereilung ihnen verſchwendeten Lobs nicht mehr ſolle
gedacht werden. Dieſe meine Abſicht war auch
fuͤr alle diejenigen, die es mit meinem Ruhm treu-
lich und recht von Hertzen gut meynen, unſchwer
zu errathen. Wenn ich demnach noch am billig-
ſten und gelindeſten von eurem Vorſatz urtheilen
ſoll, nach welchem ihr die drey Ausgaben meiner
Critiſchen Dichtkunſt in eine Vergleichung zu zie-
hen unternommen habet, ſo muß ich es einer nach-
laͤſſigen Unbedachtſamkeit zuſchreiben, daß ihr euch
nicht habet vorſtellen koͤnnen, daß die Ausfuͤhrung
eines ſolchen Vorſatzes nothwendig den Neid und
die Eiferſucht der an ihrem Ruhme gekraͤnckten
Perſonen gegen mich zur Rache aufhetzen werde:
Denn dadurch ſetzet ihr mich in die verdrießliche
Nothwendigkeit, daß ich mich entweder einer ſtrafe
baren Uebereilung in meinen erſtern freygebigen Lo-
beserhebungen, oder eines boßhaften Neides in
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nigſtens machet ihr mein Lob und Tadel einer ver-
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