Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
von David.
Die Helden insgesamt sich alldahin verfügten,
Und sich bey diesem Pracht der Trachten hoch vergnügten.550.
Doch viele unter sie die speißten ihren Sinn
Und ihr entzündt Gemüth mit Lieb, sich sehnend hin
Allwo ihr Hertze war. Thalmais unterdessen
Mit Merob und Michal wollt gantz alleine essen,
Weil der nur war allein ihr beyder Leyd bekannt,
Und sie mitleidentlich bedaurte ihren Stand.
Wie nun war in der Still die Mahlzeit aufgehoben,
Hub ihre Klage an und der Gemüther Toben.
Ach wann ich Michal wär! sprach Merob höchstbetrübt.
Ach wann ich Merob wär! sagt Michal höchstverliebt.560.
Hast du nicht vor gewust, daß es so würde kommen?
Hierauf Thalmais fragt. Jch hatt es schon vernommen,
Die Merob ihr bericht, eh noch der König kam.
Ach! hube Michal an, wie bist du mir nicht gram,
Daß ich von diesem Thun dorfft nichtes eh erfahren,
Biß ich den Schimpf gehabt dem David zu willfahren
Mit meinem Säitenspiel, der meiner doch nicht acht,
Und nur nach dir sich sehnt, nach deiner Liebe tracht.
Heut nicht so wiedrig aus, daß ich dir dieß verschwiegen,
Sprach Merob, dann ich wollt nicht stören dein Vergnügen.570.
Du hast ja David nicht die Ehr allein gethan,
Maacha ebenfalls hat ihn gesungen an.
Ach wilst du Adriel dann wol für David lassen?
Fragt Michal, Merob sagt: den einen will ich hassen,
Den andern geb ich dir. Ey, spricht hie Michal zu,
Erkläre deine Wort. Jch will zu deiner Ruh,
Hebt Merob wieder an, daß dich der König gebe
Dem Helden David hin; und daß mein Hertz dann lebe
Von Adriel befreyt, der mich so schändlich läst,
So soll dasselbe nun der Liebe Ueberrest580.
Vertilgen aus dem Grund, ja ich will sein vergessen;
Die Thränen die er jetzt begehrt mir auszupressen,
Die sollen auch die Flamm erlöschen meiner Lieb,
So folget meine Rach auf seiner Untreu Trieb.
Ach Merob halt doch ein! Hiezu Thalmais saget,
Du hast um Adriel sein Thun dich nicht befraget;
Wo-
[Crit. Samml. X. St.] F
von David.
Die Helden insgeſamt ſich alldahin verfuͤgten,
Und ſich bey dieſem Pracht der Trachten hoch vergnuͤgten.550.
Doch viele unter ſie die ſpeißten ihren Sinn
Und ihr entzuͤndt Gemuͤth mit Lieb, ſich ſehnend hin
Allwo ihr Hertze war. Thalmais unterdeſſen
Mit Merob und Michal wollt gantz alleine eſſen,
Weil der nur war allein ihr beyder Leyd bekannt,
Und ſie mitleidentlich bedaurte ihren Stand.
Wie nun war in der Still die Mahlzeit aufgehoben,
Hub ihre Klage an und der Gemuͤther Toben.
Ach wann ich Michal waͤr! ſprach Merob hoͤchſtbetruͤbt.
Ach wann ich Merob waͤr! ſagt Michal hoͤchſtverliebt.560.
Haſt du nicht vor gewuſt, daß es ſo wuͤrde kommen?
Hierauf Thalmais fragt. Jch hatt es ſchon vernommen,
Die Merob ihr bericht, eh noch der Koͤnig kam.
Ach! hube Michal an, wie biſt du mir nicht gram,
Daß ich von dieſem Thun dorfft nichtes eh erfahren,
Biß ich den Schimpf gehabt dem David zu willfahren
Mit meinem Saͤitenſpiel, der meiner doch nicht acht,
Und nur nach dir ſich ſehnt, nach deiner Liebe tracht.
Heut nicht ſo wiedrig aus, daß ich dir dieß verſchwiegen,
Sprach Merob, dañ ich wollt nicht ſtoͤren dein Vergnuͤgen.570.
Du haſt ja David nicht die Ehr allein gethan,
Maacha ebenfalls hat ihn geſungen an.
Ach wilſt du Adriel dann wol fuͤr David laſſen?
Fragt Michal, Merob ſagt: den einen will ich haſſen,
Den andern geb ich dir. Ey, ſpricht hie Michal zu,
Erklaͤre deine Wort. Jch will zu deiner Ruh,
Hebt Merob wieder an, daß dich der Koͤnig gebe
Dem Helden David hin; und daß mein Hertz dann lebe
Von Adriel befreyt, der mich ſo ſchaͤndlich laͤſt,
So ſoll daſſelbe nun der Liebe Ueberreſt580.
Vertilgen aus dem Grund, ja ich will ſein vergeſſen;
Die Thraͤnen die er jetzt begehrt mir auszupreſſen,
Die ſollen auch die Flamm erloͤſchen meiner Lieb,
So folget meine Rach auf ſeiner Untreu Trieb.
Ach Merob halt doch ein! Hiezu Thalmais ſaget,
Du haſt um Adriel ſein Thun dich nicht befraget;
Wo-
[Crit. Sam̃l. X. St.] F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0081" n="81"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">von David.</hi> </hi> </fw><lb/>
            <l>Die Helden insge&#x017F;amt &#x017F;ich alldahin verfu&#x0364;gten,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ich bey die&#x017F;em Pracht der Trachten hoch vergnu&#x0364;gten.<note place="right">550.</note></l><lb/>
            <l>Doch viele unter &#x017F;ie die &#x017F;peißten ihren Sinn</l><lb/>
            <l>Und ihr entzu&#x0364;ndt Gemu&#x0364;th mit Lieb, &#x017F;ich &#x017F;ehnend hin</l><lb/>
            <l>Allwo ihr Hertze war. Thalmais unterde&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Mit Merob und Michal wollt gantz alleine e&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Weil der nur war allein ihr beyder Leyd bekannt,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie mitleidentlich bedaurte ihren Stand.</l><lb/>
            <l>Wie nun war in der Still die Mahlzeit aufgehoben,</l><lb/>
            <l>Hub ihre Klage an und der Gemu&#x0364;ther Toben.</l><lb/>
            <l>Ach wann ich Michal wa&#x0364;r! &#x017F;prach Merob ho&#x0364;ch&#x017F;tbetru&#x0364;bt.</l><lb/>
            <l>Ach wann ich Merob wa&#x0364;r! &#x017F;agt Michal ho&#x0364;ch&#x017F;tverliebt.<note place="right">560.</note></l><lb/>
            <l>Ha&#x017F;t du nicht vor gewu&#x017F;t, daß es &#x017F;o wu&#x0364;rde kommen?</l><lb/>
            <l>Hierauf Thalmais fragt. Jch hatt es &#x017F;chon vernommen,</l><lb/>
            <l>Die Merob ihr bericht, eh noch der Ko&#x0364;nig kam.</l><lb/>
            <l>Ach! hube Michal an, wie bi&#x017F;t du mir nicht gram,</l><lb/>
            <l>Daß ich von die&#x017F;em Thun dorfft nichtes eh erfahren,</l><lb/>
            <l>Biß ich den Schimpf gehabt dem David zu willfahren</l><lb/>
            <l>Mit meinem Sa&#x0364;iten&#x017F;piel, der meiner doch nicht acht,</l><lb/>
            <l>Und nur nach dir &#x017F;ich &#x017F;ehnt, nach deiner Liebe tracht.</l><lb/>
            <l>Heut nicht &#x017F;o wiedrig aus, daß ich dir dieß ver&#x017F;chwiegen,</l><lb/>
            <l>Sprach Merob, dan&#x0303; ich wollt nicht &#x017F;to&#x0364;ren dein Vergnu&#x0364;gen.<note place="right">570.</note></l><lb/>
            <l>Du ha&#x017F;t ja David nicht die Ehr allein gethan,</l><lb/>
            <l>Maacha ebenfalls hat ihn ge&#x017F;ungen an.</l><lb/>
            <l>Ach wil&#x017F;t du Adriel dann wol fu&#x0364;r David la&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
            <l>Fragt Michal, Merob &#x017F;agt: den einen will ich ha&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Den andern geb ich dir. Ey, &#x017F;pricht hie Michal zu,</l><lb/>
            <l>Erkla&#x0364;re deine Wort. Jch will zu deiner Ruh,</l><lb/>
            <l>Hebt Merob wieder an, daß dich der Ko&#x0364;nig gebe</l><lb/>
            <l>Dem Helden David hin; und daß mein Hertz dann lebe</l><lb/>
            <l>Von Adriel befreyt, der mich &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;ndlich la&#x0364;&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>So &#x017F;oll da&#x017F;&#x017F;elbe nun der Liebe Ueberre&#x017F;t<note place="right">580.</note></l><lb/>
            <l>Vertilgen aus dem Grund, ja ich will &#x017F;ein verge&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Die Thra&#x0364;nen die er jetzt begehrt mir auszupre&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ollen auch die Flamm erlo&#x0364;&#x017F;chen meiner Lieb,</l><lb/>
            <l>So folget meine Rach auf &#x017F;einer Untreu Trieb.</l><lb/>
            <l>Ach Merob halt doch ein! Hiezu Thalmais &#x017F;aget,</l><lb/>
            <l>Du ha&#x017F;t um Adriel &#x017F;ein Thun dich nicht befraget;</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">[Crit. Sam&#x0303;l. <hi rendition="#aq">X.</hi> St.] F</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Wo-</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0081] von David. Die Helden insgeſamt ſich alldahin verfuͤgten, Und ſich bey dieſem Pracht der Trachten hoch vergnuͤgten. Doch viele unter ſie die ſpeißten ihren Sinn Und ihr entzuͤndt Gemuͤth mit Lieb, ſich ſehnend hin Allwo ihr Hertze war. Thalmais unterdeſſen Mit Merob und Michal wollt gantz alleine eſſen, Weil der nur war allein ihr beyder Leyd bekannt, Und ſie mitleidentlich bedaurte ihren Stand. Wie nun war in der Still die Mahlzeit aufgehoben, Hub ihre Klage an und der Gemuͤther Toben. Ach wann ich Michal waͤr! ſprach Merob hoͤchſtbetruͤbt. Ach wann ich Merob waͤr! ſagt Michal hoͤchſtverliebt. Haſt du nicht vor gewuſt, daß es ſo wuͤrde kommen? Hierauf Thalmais fragt. Jch hatt es ſchon vernommen, Die Merob ihr bericht, eh noch der Koͤnig kam. Ach! hube Michal an, wie biſt du mir nicht gram, Daß ich von dieſem Thun dorfft nichtes eh erfahren, Biß ich den Schimpf gehabt dem David zu willfahren Mit meinem Saͤitenſpiel, der meiner doch nicht acht, Und nur nach dir ſich ſehnt, nach deiner Liebe tracht. Heut nicht ſo wiedrig aus, daß ich dir dieß verſchwiegen, Sprach Merob, dañ ich wollt nicht ſtoͤren dein Vergnuͤgen. Du haſt ja David nicht die Ehr allein gethan, Maacha ebenfalls hat ihn geſungen an. Ach wilſt du Adriel dann wol fuͤr David laſſen? Fragt Michal, Merob ſagt: den einen will ich haſſen, Den andern geb ich dir. Ey, ſpricht hie Michal zu, Erklaͤre deine Wort. Jch will zu deiner Ruh, Hebt Merob wieder an, daß dich der Koͤnig gebe Dem Helden David hin; und daß mein Hertz dann lebe Von Adriel befreyt, der mich ſo ſchaͤndlich laͤſt, So ſoll daſſelbe nun der Liebe Ueberreſt Vertilgen aus dem Grund, ja ich will ſein vergeſſen; Die Thraͤnen die er jetzt begehrt mir auszupreſſen, Die ſollen auch die Flamm erloͤſchen meiner Lieb, So folget meine Rach auf ſeiner Untreu Trieb. Ach Merob halt doch ein! Hiezu Thalmais ſaget, Du haſt um Adriel ſein Thun dich nicht befraget; Wo- [Crit. Sam̃l. X. St.] F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/81
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/81>, abgerufen am 02.05.2024.