Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
von David.
Denckt es der König doch. Und hast du so vernommen,
Wie weit mit Adriel und mir es ist gekommen.
Wir harren nur der Zeit, und leben so vergnügt,
Nun steht bey Gott, daß uns die Eh zusammenfügt.


JCh bin dir, sagt hierauf Thalmais, hoch verbunden,
Daß demer Heimlichkeit du mich gewürdigt funden,
Doch weil die Beroa, meins Mannes Brudern Frau,
Weiß diese Lieb und schweigt, will ich auch, daß mir trau1240.
Die so der Adriel, der tapfre Held, erwehlet,
Hast du schon gleich wie er mich vor der Zeit gequälet
Jn meiner Lieb, so ist es ohne Schuld geschehn.
Gott laß dich in dem Stand, in dem ich bin, bald stehn!
Das wünschet dir mein Hertz! Der Höchste das erhöre.
Die andre wieder sprach: Wann es zu seiner Ehre
Und meinem Nutzen reicht. Dieß hörte David an,
Sein Hertze was empfindt, das er nicht melden kan.
Es liebet Adriel die eine von den beyden,
Das hat er angehört, und muß es auch so leiden,1250.
Und fällt ihm Merob ein, daß die könn seyn die Braut,
Die ihm Gott hat bestimmt, für Adriel ihm graut.
Wann Michal Lieblichkeit ihm dann bescheint die Sinne,
Meint er, dem Adriel er sie nicht lassen könne.
Doch wie er sich besinnt, daß er ja werd geliebt,
Und auch der Adriel, sein Hertz zur Ruh sich giebt.
Hierauf bedencket er, wie frommer Leute Kinder
Oft von der rechten Bahn nachgehn den Weg der Sünder,
Und daß nicht die Gebuhrt mitbring denselben Geist,
Der in den Vätern ist, wie Joels Beyspiel weist.1260.
Daher oft dient zur Qual, was an dern ist ein Seegen,
Kein Kind viel besser ist, als viele, die da legen
Sich
V. 1241. Die so der Adriel, der tapfre Held, erwehlet.)
[Spaltenumbruch] Diese Umschreibung leget ihr
der Poet um seiner Absicht willen
in den Mund; nemlich weil er
David in der Ungewißheit und
[Spaltenumbruch] Verwirrung haben wollte, welche
von beyden, die Merob oder die
Michal, ihn liebete.
D 5
von David.
Denckt es der Koͤnig doch. Und haſt du ſo vernommen,
Wie weit mit Adriel und mir es iſt gekommen.
Wir harren nur der Zeit, und leben ſo vergnuͤgt,
Nun ſteht bey Gott, daß uns die Eh zuſammenfuͤgt.


JCh bin dir, ſagt hierauf Thalmais, hoch verbunden,
Daß demer Heimlichkeit du mich gewuͤrdigt funden,
Doch weil die Beroa, meins Mannes Brudern Frau,
Weiß dieſe Lieb und ſchweigt, will ich auch, daß mir trau1240.
Die ſo der Adriel, der tapfre Held, erwehlet,
Haſt du ſchon gleich wie er mich vor der Zeit gequaͤlet
Jn meiner Lieb, ſo iſt es ohne Schuld geſchehn.
Gott laß dich in dem Stand, in dem ich bin, bald ſtehn!
Das wuͤnſchet dir mein Hertz! Der Hoͤchſte das erhoͤre.
Die andre wieder ſprach: Wann es zu ſeiner Ehre
Und meinem Nutzen reicht. Dieß hoͤrte David an,
Sein Hertze was empfindt, das er nicht melden kan.
Es liebet Adriel die eine von den beyden,
Das hat er angehoͤrt, und muß es auch ſo leiden,1250.
Und faͤllt ihm Merob ein, daß die koͤnn ſeyn die Braut,
Die ihm Gott hat beſtimmt, fuͤr Adriel ihm graut.
Wann Michal Lieblichkeit ihm dann beſcheint die Sinne,
Meint er, dem Adriel er ſie nicht laſſen koͤnne.
Doch wie er ſich beſinnt, daß er ja werd geliebt,
Und auch der Adriel, ſein Hertz zur Ruh ſich giebt.
Hierauf bedencket er, wie frommer Leute Kinder
Oft von der rechten Bahn nachgehn den Weg der Suͤnder,
Und daß nicht die Gebuhrt mitbring denſelben Geiſt,
Der in den Vaͤtern iſt, wie Joels Beyſpiel weiſt.1260.
Daher oft dient zur Qual, was an dern iſt ein Seegen,
Kein Kind viel beſſer iſt, als viele, die da legen
Sich
V. 1241. Die ſo der Adriel, der tapfre Held, erwehlet.)
[Spaltenumbruch] Dieſe Umſchreibung leget ihr
der Poet um ſeiner Abſicht willen
in den Mund; nemlich weil er
David in der Ungewißheit und
[Spaltenumbruch] Verwirrung haben wollte, welche
von beyden, die Merob oder die
Michal, ihn liebete.
D 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0057" n="57"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">von David.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <l>Denckt es der Ko&#x0364;nig doch. Und ha&#x017F;t du &#x017F;o vernommen,</l><lb/>
          <l>Wie weit mit Adriel und mir es i&#x017F;t gekommen.</l><lb/>
          <l>Wir harren nur der Zeit, und leben &#x017F;o vergnu&#x0364;gt,</l><lb/>
          <l>Nun &#x017F;teht bey Gott, daß uns die Eh zu&#x017F;ammenfu&#x0364;gt.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <l><hi rendition="#in">J</hi>Ch bin dir, &#x017F;agt hierauf Thalmais, hoch verbunden,</l><lb/>
          <l>Daß demer Heimlichkeit du mich gewu&#x0364;rdigt funden,</l><lb/>
          <l>Doch weil die Beroa, meins Mannes Brudern Frau,</l><lb/>
          <l>Weiß die&#x017F;e Lieb und &#x017F;chweigt, will ich auch, daß mir trau<note place="right">1240.</note></l><lb/>
          <l>Die &#x017F;o der Adriel, der tapfre Held, erwehlet,<note place="foot">V. 1241. Die &#x017F;o der Adriel, der tapfre Held, erwehlet.)<lb/><cb/>
Die&#x017F;e Um&#x017F;chreibung leget ihr<lb/>
der Poet um &#x017F;einer Ab&#x017F;icht willen<lb/>
in den Mund; nemlich weil er<lb/>
David in der Ungewißheit und<lb/><cb/>
Verwirrung haben wollte, welche<lb/>
von beyden, die Merob oder die<lb/>
Michal, ihn liebete.</note></l><lb/>
          <l>Ha&#x017F;t du &#x017F;chon gleich wie er mich vor der Zeit gequa&#x0364;let</l><lb/>
          <l>Jn meiner Lieb, &#x017F;o i&#x017F;t es ohne Schuld ge&#x017F;chehn.</l><lb/>
          <l>Gott laß dich in dem Stand, in dem ich bin, bald &#x017F;tehn!</l><lb/>
          <l>Das wu&#x0364;n&#x017F;chet dir mein Hertz! Der Ho&#x0364;ch&#x017F;te das erho&#x0364;re.</l><lb/>
          <l>Die andre wieder &#x017F;prach: Wann es zu &#x017F;einer Ehre</l><lb/>
          <l>Und meinem Nutzen reicht. Dieß ho&#x0364;rte David an,</l><lb/>
          <l>Sein Hertze was empfindt, das er nicht melden kan.</l><lb/>
          <l>Es liebet Adriel die eine von den beyden,</l><lb/>
          <l>Das hat er angeho&#x0364;rt, und muß es auch &#x017F;o leiden,<note place="right">1250.</note></l><lb/>
          <l>Und fa&#x0364;llt ihm Merob ein, daß die ko&#x0364;nn &#x017F;eyn die Braut,</l><lb/>
          <l>Die ihm Gott hat be&#x017F;timmt, fu&#x0364;r Adriel ihm graut.</l><lb/>
          <l>Wann Michal Lieblichkeit ihm dann be&#x017F;cheint die Sinne,</l><lb/>
          <l>Meint er, dem Adriel er &#x017F;ie nicht la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nne.</l><lb/>
          <l>Doch wie er &#x017F;ich be&#x017F;innt, daß er ja werd geliebt,</l><lb/>
          <l>Und auch der Adriel, &#x017F;ein Hertz zur Ruh &#x017F;ich giebt.</l><lb/>
          <l>Hierauf bedencket er, wie frommer Leute Kinder</l><lb/>
          <l>Oft von der rechten Bahn nachgehn den Weg der Su&#x0364;nder,</l><lb/>
          <l>Und daß nicht die Gebuhrt mitbring den&#x017F;elben Gei&#x017F;t,</l><lb/>
          <l>Der in den Va&#x0364;tern i&#x017F;t, wie Joels Bey&#x017F;piel wei&#x017F;t.<note place="right">1260.</note></l><lb/>
          <l>Daher oft dient zur Qual, was an dern i&#x017F;t ein Seegen,</l><lb/>
          <l>Kein Kind viel be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t, als viele, die da legen</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sich</fw><lb/><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0057] von David. Denckt es der Koͤnig doch. Und haſt du ſo vernommen, Wie weit mit Adriel und mir es iſt gekommen. Wir harren nur der Zeit, und leben ſo vergnuͤgt, Nun ſteht bey Gott, daß uns die Eh zuſammenfuͤgt. JCh bin dir, ſagt hierauf Thalmais, hoch verbunden, Daß demer Heimlichkeit du mich gewuͤrdigt funden, Doch weil die Beroa, meins Mannes Brudern Frau, Weiß dieſe Lieb und ſchweigt, will ich auch, daß mir trau Die ſo der Adriel, der tapfre Held, erwehlet, Haſt du ſchon gleich wie er mich vor der Zeit gequaͤlet Jn meiner Lieb, ſo iſt es ohne Schuld geſchehn. Gott laß dich in dem Stand, in dem ich bin, bald ſtehn! Das wuͤnſchet dir mein Hertz! Der Hoͤchſte das erhoͤre. Die andre wieder ſprach: Wann es zu ſeiner Ehre Und meinem Nutzen reicht. Dieß hoͤrte David an, Sein Hertze was empfindt, das er nicht melden kan. Es liebet Adriel die eine von den beyden, Das hat er angehoͤrt, und muß es auch ſo leiden, Und faͤllt ihm Merob ein, daß die koͤnn ſeyn die Braut, Die ihm Gott hat beſtimmt, fuͤr Adriel ihm graut. Wann Michal Lieblichkeit ihm dann beſcheint die Sinne, Meint er, dem Adriel er ſie nicht laſſen koͤnne. Doch wie er ſich beſinnt, daß er ja werd geliebt, Und auch der Adriel, ſein Hertz zur Ruh ſich giebt. Hierauf bedencket er, wie frommer Leute Kinder Oft von der rechten Bahn nachgehn den Weg der Suͤnder, Und daß nicht die Gebuhrt mitbring denſelben Geiſt, Der in den Vaͤtern iſt, wie Joels Beyſpiel weiſt. Daher oft dient zur Qual, was an dern iſt ein Seegen, Kein Kind viel beſſer iſt, als viele, die da legen Sich V. 1241. Die ſo der Adriel, der tapfre Held, erwehlet.) Dieſe Umſchreibung leget ihr der Poet um ſeiner Abſicht willen in den Mund; nemlich weil er David in der Ungewißheit und Verwirrung haben wollte, welche von beyden, die Merob oder die Michal, ihn liebete. D 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/57
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/57>, abgerufen am 02.05.2024.