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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

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Versuch eines Gedichtes
Daß Beroa in Noth, geht mir durch meine Seel,
Was Ada freut, ist dieß, worüber ich mich quäl.1120.
Es war die Beroa Melchisua verlobet,
Drum denck wie es mich schmertzt, daß Ada also tobet.
Jch meynte, Ada wär in Haft, und sehe nun,
Daß sie gantz frey, und das was ihr beliebt, kan thun.
Jn solcher meiner Qual, in Ada ihrem Wüten,
Jn Beroa Gefecht, die ihre Ehr zu hüten,
That mehr als menschlich war, kommt da mein Bruder hin,
Mit zwölfen seiner Freund, denck nur, wie froh ich bin.
Beroa macht er loß, und Ada ihr Entsetzen
War unsrer Freude gleich, sie wollt sich widersetzen,1130.
Mit ihrem Volck, das da von Joels Dienern war,
Jndeme Gera auch sich findet bey uns dar,
Er und Melchisua, die hatten uns verlohren,
Und folgten nach der Spur, da sie wie neu gebohren
Uns funden beyderseits. Die Ada ward gebracht
Jn Haft, wir aber beyd hingegen frey gemacht.
Des Joels Knecht, die da verrathen ihren Herren,
Setzt man gleich zu der Red, da was man wollt begehren,
Uns ward von ihnen kund, auch sagte Ada an
Was schier niemand von uns für Schreken glauben kan;1140
Wie nemlich Joel hätt sie mit Gewalt geschändet,
Als sie zu Bersaba, und ihr viel zugewendet
Von Gütern, daß sie sollt ja halten reinen Mund,
Wie Gera nun von ihr zu melden was begunt;
Wiewohl mit Adriel er fälschlich sie betrogen,
Hätt sie sich diese That schwer zu Gemüth gezogen,
Doch wär von Joel ihr ein guter Muth gemacht,
Nach dessen Rath und Schluß sie alles so vollbracht.
Dem Adriel zur Plag und Joel zu Gefallen
Hätt sie dieß falsch Gerücht von ihnen lassen schallen;1150.
Und weil sie Joel drauf aus ihrer Haft befreyt,
Und heimlich sie hieher in dieses Haus begleit,
Allda er ihrer meynt recht wieder zu geniessen,
Hätt sie ihm ihren Schluß fürhero lassen wissen,
Daß wann sie Beroa in solchen Spott gebracht,
Als wie ihr Vater sie zu Schanden hätt gemacht,
Wollt
Verſuch eines Gedichtes
Daß Beroa in Noth, geht mir durch meine Seel,
Was Ada freut, iſt dieß, woruͤber ich mich quaͤl.1120.
Es war die Beroa Melchiſua verlobet,
Drum denck wie es mich ſchmertzt, daß Ada alſo tobet.
Jch meynte, Ada waͤr in Haft, und ſehe nun,
Daß ſie gantz frey, und das was ihr beliebt, kan thun.
Jn ſolcher meiner Qual, in Ada ihrem Wuͤten,
Jn Beroa Gefecht, die ihre Ehr zu huͤten,
That mehr als menſchlich war, kommt da mein Bruder hin,
Mit zwoͤlfen ſeiner Freund, denck nur, wie froh ich bin.
Beroa macht er loß, und Ada ihr Entſetzen
War unſrer Freude gleich, ſie wollt ſich widerſetzen,1130.
Mit ihrem Volck, das da von Joels Dienern war,
Jndeme Gera auch ſich findet bey uns dar,
Er und Melchiſua, die hatten uns verlohren,
Und folgten nach der Spur, da ſie wie neu gebohren
Uns funden beyderſeits. Die Ada ward gebracht
Jn Haft, wir aber beyd hingegen frey gemacht.
Des Joels Knecht, die da verrathen ihren Herren,
Setzt man gleich zu der Red, da was man wollt begehren,
Uns ward von ihnen kund, auch ſagte Ada an
Was ſchier niemand von uns fuͤr Schreken glauben kan;1140
Wie nemlich Joel haͤtt ſie mit Gewalt geſchaͤndet,
Als ſie zu Berſaba, und ihr viel zugewendet
Von Guͤtern, daß ſie ſollt ja halten reinen Mund,
Wie Gera nun von ihr zu melden was begunt;
Wiewohl mit Adriel er faͤlſchlich ſie betrogen,
Haͤtt ſie ſich dieſe That ſchwer zu Gemuͤth gezogen,
Doch waͤr von Joel ihr ein guter Muth gemacht,
Nach deſſen Rath und Schluß ſie alles ſo vollbracht.
Dem Adriel zur Plag und Joel zu Gefallen
Haͤtt ſie dieß falſch Geruͤcht von ihnen laſſen ſchallen;1150.
Und weil ſie Joel drauf aus ihrer Haft befreyt,
Und heimlich ſie hieher in dieſes Haus begleit,
Allda er ihrer meynt recht wieder zu genieſſen,
Haͤtt ſie ihm ihren Schluß fuͤrhero laſſen wiſſen,
Daß wann ſie Beroa in ſolchen Spott gebracht,
Als wie ihr Vater ſie zu Schanden haͤtt gemacht,
Wollt
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[54/0054] Verſuch eines Gedichtes Daß Beroa in Noth, geht mir durch meine Seel, Was Ada freut, iſt dieß, woruͤber ich mich quaͤl. Es war die Beroa Melchiſua verlobet, Drum denck wie es mich ſchmertzt, daß Ada alſo tobet. Jch meynte, Ada waͤr in Haft, und ſehe nun, Daß ſie gantz frey, und das was ihr beliebt, kan thun. Jn ſolcher meiner Qual, in Ada ihrem Wuͤten, Jn Beroa Gefecht, die ihre Ehr zu huͤten, That mehr als menſchlich war, kommt da mein Bruder hin, Mit zwoͤlfen ſeiner Freund, denck nur, wie froh ich bin. Beroa macht er loß, und Ada ihr Entſetzen War unſrer Freude gleich, ſie wollt ſich widerſetzen, Mit ihrem Volck, das da von Joels Dienern war, Jndeme Gera auch ſich findet bey uns dar, Er und Melchiſua, die hatten uns verlohren, Und folgten nach der Spur, da ſie wie neu gebohren Uns funden beyderſeits. Die Ada ward gebracht Jn Haft, wir aber beyd hingegen frey gemacht. Des Joels Knecht, die da verrathen ihren Herren, Setzt man gleich zu der Red, da was man wollt begehren, Uns ward von ihnen kund, auch ſagte Ada an Was ſchier niemand von uns fuͤr Schreken glauben kan; Wie nemlich Joel haͤtt ſie mit Gewalt geſchaͤndet, Als ſie zu Berſaba, und ihr viel zugewendet Von Guͤtern, daß ſie ſollt ja halten reinen Mund, Wie Gera nun von ihr zu melden was begunt; Wiewohl mit Adriel er faͤlſchlich ſie betrogen, Haͤtt ſie ſich dieſe That ſchwer zu Gemuͤth gezogen, Doch waͤr von Joel ihr ein guter Muth gemacht, Nach deſſen Rath und Schluß ſie alles ſo vollbracht. Dem Adriel zur Plag und Joel zu Gefallen Haͤtt ſie dieß falſch Geruͤcht von ihnen laſſen ſchallen; Und weil ſie Joel drauf aus ihrer Haft befreyt, Und heimlich ſie hieher in dieſes Haus begleit, Allda er ihrer meynt recht wieder zu genieſſen, Haͤtt ſie ihm ihren Schluß fuͤrhero laſſen wiſſen, Daß wann ſie Beroa in ſolchen Spott gebracht, Als wie ihr Vater ſie zu Schanden haͤtt gemacht, Wollt

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/54>, abgerufen am 02.05.2024.