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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

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Versuch eines Gedichtes
Noch hie entgehen kan, bekenn ich alles frey,
Jch habe meinen Mann betrogen, ohne Scheu.
Jst es denn Adriel? der Richter plötzlich fragte,
Ja Adriel der ists, die Ada wiedersagte.
Wohlan, trat Gera auf, die Wahrheit ist am Tag.
Man schaut an Adriel was der wohl sagen mag,
Der thut noch unverfährt, und will die Ada sprechen.
Doch übertäubt man ihn, Abenar will sich rächen,1050.
Die Schuld ist hell und klar. Die Ada gantz befiel
Daß es nicht anderst scheint als ob sie sterben will.
Man trägt sie in ein Hauß, und Adriel soll geben
Von ihme sein Gewehr; Das koste den das Leben,
Spricht er, der dieses sucht und geht auf Gera loß.
Hierauf wird ein Tumult, und alle Degen bloß.
Der Richter ruffet bald den Adriel zu fahen,
Doch darff sich keiner nicht so eilig zu ihm nahen,
Er kommt aus ihrer Hand; und seiner Freunde Rott
Hilfft ihm aus dieser Noth, reist ihn aus diesem Spott.1060.
Der Sieg war unser nun, die Jeminiter prangen,
Doch kost mir dieser Sieg gar viel benetzte Wangen,
Der Berothiter und Meholathiter Haus,
Die waren höchst betrübt, daß es so lief hinaus.
Abenar rief um Recht, die Ada sollte sterben,
Die alle Welt verließ und suchte ihr Verderben.
Auch sucht man Adriel, doch war der nicht zu sehn.
Jch wust in meinem Sinn nicht wie mir war geschehn.
Und war noch so bestürtzt, als Bichri heimlich nahme
Die rechte Zeit in Acht, und in mein Zimmerkame,1070.
Er fragte gleich, ob ich zu reisen wär bereit:
O nein, sprach ich hiezu, es ist nicht mehr die Zeit,
Sag Adriel nur an, daß ich sein gantz vergessen,
Weil er sein eigen Ehr so wenig übermessen.
Jch bin einmahl verlobt an Joel, der ist mein,
Eh will ich wehlen den, als Adriels zu seyn.
Bichri, der that bestürtzt, ich aber ließ ihn stehen,
Und sagte dieses noch: Wo er nicht bald würd gehen,
Sollt er für Adriel mit Ada leiden Spott,
Dieß bracht ihn in die Flucht, zu meiden diese Noth.1080.
Jch
Verſuch eines Gedichtes
Noch hie entgehen kan, bekenn ich alles frey,
Jch habe meinen Mann betrogen, ohne Scheu.
Jſt es denn Adriel? der Richter ploͤtzlich fragte,
Ja Adriel der iſts, die Ada wiederſagte.
Wohlan, trat Gera auf, die Wahrheit iſt am Tag.
Man ſchaut an Adriel was der wohl ſagen mag,
Der thut noch unverfaͤhrt, und will die Ada ſprechen.
Doch uͤbertaͤubt man ihn, Abenar will ſich raͤchen,1050.
Die Schuld iſt hell und klar. Die Ada gantz befiel
Daß es nicht anderſt ſcheint als ob ſie ſterben will.
Man traͤgt ſie in ein Hauß, und Adriel ſoll geben
Von ihme ſein Gewehr; Das koſte den das Leben,
Spricht er, der dieſes ſucht und geht auf Gera loß.
Hierauf wird ein Tumult, und alle Degen bloß.
Der Richter ruffet bald den Adriel zu fahen,
Doch darff ſich keiner nicht ſo eilig zu ihm nahen,
Er kommt aus ihrer Hand; und ſeiner Freunde Rott
Hilfft ihm aus dieſer Noth, reiſt ihn aus dieſem Spott.1060.
Der Sieg war unſer nun, die Jeminiter prangen,
Doch koſt mir dieſer Sieg gar viel benetzte Wangen,
Der Berothiter und Meholathiter Haus,
Die waren hoͤchſt betruͤbt, daß es ſo lief hinaus.
Abenar rief um Recht, die Ada ſollte ſterben,
Die alle Welt verließ und ſuchte ihr Verderben.
Auch ſucht man Adriel, doch war der nicht zu ſehn.
Jch wuſt in meinem Sinn nicht wie mir war geſchehn.
Und war noch ſo beſtuͤrtzt, als Bichri heimlich nahme
Die rechte Zeit in Acht, und in mein Zimmerkame,1070.
Er fragte gleich, ob ich zu reiſen waͤr bereit:
O nein, ſprach ich hiezu, es iſt nicht mehr die Zeit,
Sag Adriel nur an, daß ich ſein gantz vergeſſen,
Weil er ſein eigen Ehr ſo wenig uͤbermeſſen.
Jch bin einmahl verlobt an Joel, der iſt mein,
Eh will ich wehlen den, als Adriels zu ſeyn.
Bichri, der that beſtuͤrtzt, ich aber ließ ihn ſtehen,
Und ſagte dieſes noch: Wo er nicht bald wuͤrd gehen,
Sollt er fuͤr Adriel mit Ada leiden Spott,
Dieß bracht ihn in die Flucht, zu meiden dieſe Noth.1080.
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[52/0052] Verſuch eines Gedichtes Noch hie entgehen kan, bekenn ich alles frey, Jch habe meinen Mann betrogen, ohne Scheu. Jſt es denn Adriel? der Richter ploͤtzlich fragte, Ja Adriel der iſts, die Ada wiederſagte. Wohlan, trat Gera auf, die Wahrheit iſt am Tag. Man ſchaut an Adriel was der wohl ſagen mag, Der thut noch unverfaͤhrt, und will die Ada ſprechen. Doch uͤbertaͤubt man ihn, Abenar will ſich raͤchen, Die Schuld iſt hell und klar. Die Ada gantz befiel Daß es nicht anderſt ſcheint als ob ſie ſterben will. Man traͤgt ſie in ein Hauß, und Adriel ſoll geben Von ihme ſein Gewehr; Das koſte den das Leben, Spricht er, der dieſes ſucht und geht auf Gera loß. Hierauf wird ein Tumult, und alle Degen bloß. Der Richter ruffet bald den Adriel zu fahen, Doch darff ſich keiner nicht ſo eilig zu ihm nahen, Er kommt aus ihrer Hand; und ſeiner Freunde Rott Hilfft ihm aus dieſer Noth, reiſt ihn aus dieſem Spott. Der Sieg war unſer nun, die Jeminiter prangen, Doch koſt mir dieſer Sieg gar viel benetzte Wangen, Der Berothiter und Meholathiter Haus, Die waren hoͤchſt betruͤbt, daß es ſo lief hinaus. Abenar rief um Recht, die Ada ſollte ſterben, Die alle Welt verließ und ſuchte ihr Verderben. Auch ſucht man Adriel, doch war der nicht zu ſehn. Jch wuſt in meinem Sinn nicht wie mir war geſchehn. Und war noch ſo beſtuͤrtzt, als Bichri heimlich nahme Die rechte Zeit in Acht, und in mein Zimmerkame, Er fragte gleich, ob ich zu reiſen waͤr bereit: O nein, ſprach ich hiezu, es iſt nicht mehr die Zeit, Sag Adriel nur an, daß ich ſein gantz vergeſſen, Weil er ſein eigen Ehr ſo wenig uͤbermeſſen. Jch bin einmahl verlobt an Joel, der iſt mein, Eh will ich wehlen den, als Adriels zu ſeyn. Bichri, der that beſtuͤrtzt, ich aber ließ ihn ſtehen, Und ſagte dieſes noch: Wo er nicht bald wuͤrd gehen, Sollt er fuͤr Adriel mit Ada leiden Spott, Dieß bracht ihn in die Flucht, zu meiden dieſe Noth. Jch

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/52>, abgerufen am 22.11.2024.