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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.

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Martin Opitzens
Die Liebe saugt mich aus, der Krieg hat ausgesogen
Uns und die Nachbarschaft mit Anstoß allerhand;
Die Liebe steckt mich an, der Krieg steckt Städt in Brand;
Die Lieb ist listiglich in mein Gemüth geflogen,
Mars hat durch falschen Schein das Vaterland betrogen;
Die Lieb ist blind, im Krieg ist ofte nicht Verstand.
Es ist unglücklich Volck die solche Herren ehren,
Die Liebe lohnt mit Leyd, der Krieg mit viel verheeren,
Es pfleget beyderseits nicht köstlich zuzugehn,
Begeb ich mich ins Feld, Durst, Hunger mich begleitet,
Folg ich der Liebe nach, die Liebste mich bestreitet,
Es ist der beste Rath, ich lasse beydes stehn.
Als ihm seine Asterie geschrieben.
Wer sollte dieses wol in sein Gemüthe bringen,
Daß unter weiß und schwartz verborgen solche Freud?
Daß nur ein einig Brieff nem alle Traurigkeit?
Kan auch der Augenlust so weit ins Hertze dringen?
Jch weiß die Sinne fast nicht höher mehr zu schwingen,
Und habe wol mit Fleiß gelesen jederzeit,
Was von der Liebe nur gefunden weit und breit,
Es hat mich aber nichts vermocht so sehr zu zwingen;
Der Griech Anacreon, der Sappho schön Gedicht,
Und auch Ovidius sind ihm zu gleichen nicht,
Der künstlich Amadis ist nie so hoch gegangen.
Glück-
Martin Opitzens
Die Liebe ſaugt mich aus, der Krieg hat ausgeſogen
Uns und die Nachbarſchaft mit Anſtoß allerhand;
Die Liebe ſteckt mich an, der Krieg ſteckt Staͤdt in Brand;
Die Lieb iſt liſtiglich in mein Gemuͤth geflogen,
Mars hat durch falſchen Schein das Vaterland betrogen;
Die Lieb iſt blind, im Krieg iſt ofte nicht Verſtand.
Es iſt ungluͤcklich Volck die ſolche Herren ehren,
Die Liebe lohnt mit Leyd, der Krieg mit viel verheeren,
Es pfleget beyderſeits nicht koͤſtlich zuzugehn,
Begeb ich mich ins Feld, Durſt, Hunger mich begleitet,
Folg ich der Liebe nach, die Liebſte mich beſtreitet,
Es iſt der beſte Rath, ich laſſe beydes ſtehn.
Als ihm ſeine Aſterie geſchrieben.
Wer ſollte dieſes wol in ſein Gemuͤthe bringen,
Daß unter weiß und ſchwartz verborgen ſolche Freud?
Daß nur ein einig Brieff nem alle Traurigkeit?
Kan auch der Augenluſt ſo weit ins Hertze dringen?
Jch weiß die Sinne faſt nicht hoͤher mehr zu ſchwingen,
Und habe wol mit Fleiß geleſen jederzeit,
Was von der Liebe nur gefunden weit und breit,
Es hat mich aber nichts vermocht ſo ſehr zu zwingen;
Der Griech Anacreon, der Sappho ſchoͤn Gedicht,
Und auch Ovidius ſind ihm zu gleichen nicht,
Der kuͤnſtlich Amadis iſt nie ſo hoch gegangen.
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[56/0056] Martin Opitzens Die Liebe ſaugt mich aus, der Krieg hat ausgeſogen Uns und die Nachbarſchaft mit Anſtoß allerhand; Die Liebe ſteckt mich an, der Krieg ſteckt Staͤdt in Brand; Die Lieb iſt liſtiglich in mein Gemuͤth geflogen, Mars hat durch falſchen Schein das Vaterland betrogen; Die Lieb iſt blind, im Krieg iſt ofte nicht Verſtand. Es iſt ungluͤcklich Volck die ſolche Herren ehren, Die Liebe lohnt mit Leyd, der Krieg mit viel verheeren, Es pfleget beyderſeits nicht koͤſtlich zuzugehn, Begeb ich mich ins Feld, Durſt, Hunger mich begleitet, Folg ich der Liebe nach, die Liebſte mich beſtreitet, Es iſt der beſte Rath, ich laſſe beydes ſtehn. Als ihm ſeine Aſterie geſchrieben. Wer ſollte dieſes wol in ſein Gemuͤthe bringen, Daß unter weiß und ſchwartz verborgen ſolche Freud? Daß nur ein einig Brieff nem alle Traurigkeit? Kan auch der Augenluſt ſo weit ins Hertze dringen? Jch weiß die Sinne faſt nicht hoͤher mehr zu ſchwingen, Und habe wol mit Fleiß geleſen jederzeit, Was von der Liebe nur gefunden weit und breit, Es hat mich aber nichts vermocht ſo ſehr zu zwingen; Der Griech Anacreon, der Sappho ſchoͤn Gedicht, Und auch Ovidius ſind ihm zu gleichen nicht, Der kuͤnſtlich Amadis iſt nie ſo hoch gegangen. Gluͤck-

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung09_1743/56>, abgerufen am 25.11.2024.