[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.Verworffene Gedichte. Die ihr einander solt dasselbe stellen ein,Davon ein jeglichs doch behalten wird das sein. Jhr vielgeliebtes Paar, bitt wollet mir verzeihen, Daß ich (wie gern ich will und soll) nicht kan einweihen Euer unmüssig Fest mit Römischem Gedicht. Apollo zörnt mit mir, will mich mehr kennen nicht. Entschuldiget mich euch: Jch schweere bey der Schönen, Der Schönen, von der ich mein Leben muß entlehnen, Die mich führt im Triumph, die mir nimmt meinen Geist, Und ihn, wenns ihr geliebt, auch wiederkommen heißt; Jch schweere bey dem Licht das sie läßt freundlich blicken Von ihrer Augen Sonn, und mich mir selbst entzücken, Daß Venus zu mir kam (es ist noch nicht ein Jahr) Am schönen Wasserberg mit ihrer gantzen Schaar. Sie bat, ich wolt ihr Kind lassen bey mir einkehren, Und es die deutsche Sprach, so gut ichs wißte, lehren. Jch gab ihr guten Trost, sie gab mir ihren Sohn: Sie hofft auf meinen Fleiß, ich hofft auf treuen Lohn. So kommt zwar unverhofft der Knab in Eil geflogen, Alsbald er aber nur bey mir ist eingezogen, Legt er die Flügel ab, kein Essen nicht begehrt, Thut wie er wär zu Hauß, macht Feuer auf den Herd. Jch muß gedultiglich des Gastes nur gewohnen: Wiewol er seinen Wirth thut ziemlich schlecht belohnen: Das
Verworffene Gedichte. Die ihr einander ſolt daſſelbe ſtellen ein,Davon ein jeglichs doch behalten wird das ſein. Jhr vielgeliebtes Paar, bitt wollet mir verzeihen, Daß ich (wie gern ich will und ſoll) nicht kan einweihen Euer unmuͤſſig Feſt mit Roͤmiſchem Gedicht. Apollo zoͤrnt mit mir, will mich mehr kennen nicht. Entſchuldiget mich euch: Jch ſchweere bey der Schoͤnen, Der Schoͤnen, von der ich mein Leben muß entlehnen, Die mich fuͤhrt im Triumph, die mir nimmt meinen Geiſt, Und ihn, wenns ihr geliebt, auch wiederkommen heißt; Jch ſchweere bey dem Licht das ſie laͤßt freundlich blicken Von ihrer Augen Sonn, und mich mir ſelbſt entzuͤcken, Daß Venus zu mir kam (es iſt noch nicht ein Jahr) Am ſchoͤnen Waſſerberg mit ihrer gantzen Schaar. Sie bat, ich wolt ihr Kind laſſen bey mir einkehren, Und es die deutſche Sprach, ſo gut ichs wißte, lehren. Jch gab ihr guten Troſt, ſie gab mir ihren Sohn: Sie hofft auf meinen Fleiß, ich hofft auf treuen Lohn. So kommt zwar unverhofft der Knab in Eil geflogen, Alsbald er aber nur bey mir iſt eingezogen, Legt er die Fluͤgel ab, kein Eſſen nicht begehrt, Thut wie er waͤr zu Hauß, macht Feuer auf den Herd. Jch muß gedultiglich des Gaſtes nur gewohnen: Wiewol er ſeinen Wirth thut ziemlich ſchlecht belohnen: Das
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Verworffene Gedichte.
Die ihr einander ſolt daſſelbe ſtellen ein,
Davon ein jeglichs doch behalten wird das ſein.
Jhr vielgeliebtes Paar, bitt wollet mir verzeihen,
Daß ich (wie gern ich will und ſoll) nicht kan einweihen
Euer unmuͤſſig Feſt mit Roͤmiſchem Gedicht.
Apollo zoͤrnt mit mir, will mich mehr kennen nicht.
Entſchuldiget mich euch: Jch ſchweere bey der Schoͤnen,
Der Schoͤnen, von der ich mein Leben muß entlehnen,
Die mich fuͤhrt im Triumph, die mir nimmt meinen Geiſt,
Und ihn, wenns ihr geliebt, auch wiederkommen heißt;
Jch ſchweere bey dem Licht das ſie laͤßt freundlich blicken
Von ihrer Augen Sonn, und mich mir ſelbſt entzuͤcken,
Daß Venus zu mir kam (es iſt noch nicht ein Jahr)
Am ſchoͤnen Waſſerberg mit ihrer gantzen Schaar.
Sie bat, ich wolt ihr Kind laſſen bey mir einkehren,
Und es die deutſche Sprach, ſo gut ichs wißte, lehren.
Jch gab ihr guten Troſt, ſie gab mir ihren Sohn:
Sie hofft auf meinen Fleiß, ich hofft auf treuen Lohn.
So kommt zwar unverhofft der Knab in Eil geflogen,
Alsbald er aber nur bey mir iſt eingezogen,
Legt er die Fluͤgel ab, kein Eſſen nicht begehrt,
Thut wie er waͤr zu Hauß, macht Feuer auf den Herd.
Jch muß gedultiglich des Gaſtes nur gewohnen:
Wiewol er ſeinen Wirth thut ziemlich ſchlecht belohnen:
Das
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