[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.auf den Weisen. VII. Wer heißt oft groß? Der schnell nach Ehren klettert,Den Kühnheit hebt, die Höhe schwindlicht macht. Doch wer ist groß? Der Fürsten nicht vergöttert, 40Und edler denkt, als mancher Fürst gedacht, Der Wahrheit sucht und Recht und Wahrheit findet. Und seinen Werth auf Witz und Tugend gründet. VIII. Ein solcher kennt die Eitelkeit der Würden,Jn die das Glück zu selten Kluge steckt. 45Jhn rühret nicht der Aufputz hoher Bürden; Jhm strahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt. Der Geist, durch den ein Cato groß geworden, Fährt in kein Band und ruht auf keinem Orden. IX. Wann machte sich das Lob der Tugend eigen?50Wann war es nicht des Glückes Folge-Magd? Wie oft beschämt der, dem die Schmeichler schweigen, Dem [Spaltenumbruch]
und die Freyheit nur nach dem Nahmen, nicht nach ihrer vor- trefflichen Natur kennen, sind einiger massen glücklich zu heis- sen; denn wenn sie dieselbe voll- [Spaltenumbruch] kommen kenneten, so würde der Verdruß sie zu missen, oder die Begierde und Bemühung sie zu erlangen, ihr Leben unglücklich machen. V. 46. Jhm strahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt.
[Spaltenumbruch] Das sagt euch, daß ihn der Glanz und Schimmer der äusserlichen Ordenszeichen nicht blenden, und bethören können, daß er [Spaltenumbruch] das kleine Hertz, so oft darunter verborgen liegt, nicht entdecken sollte. auf den Weiſen. VII. Wer heißt oft groß? Der ſchnell nach Ehren klettert,Den Kuͤhnheit hebt, die Hoͤhe ſchwindlicht macht. Doch wer iſt groß? Der Fuͤrſten nicht vergoͤttert, 40Und edler denkt, als mancher Fuͤrſt gedacht, Der Wahrheit ſucht und Recht und Wahrheit findet. Und ſeinen Werth auf Witz und Tugend gruͤndet. VIII. Ein ſolcher kennt die Eitelkeit der Wuͤrden,Jn die das Gluͤck zu ſelten Kluge ſteckt. 45Jhn ruͤhret nicht der Aufputz hoher Buͤrden; Jhm ſtrahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt. Der Geiſt, durch den ein Cato groß geworden, Faͤhrt in kein Band und ruht auf keinem Orden. IX. Wann machte ſich das Lob der Tugend eigen?50Wann war es nicht des Gluͤckes Folge-Magd? Wie oft beſchaͤmt der, dem die Schmeichler ſchweigen, Dem [Spaltenumbruch]
und die Freyheit nur nach dem Nahmen, nicht nach ihrer vor- trefflichen Natur kennen, ſind einiger maſſen gluͤcklich zu heiſ- ſen; denn wenn ſie dieſelbe voll- [Spaltenumbruch] kommen kenneten, ſo wuͤrde der Verdruß ſie zu miſſen, oder die Begierde und Bemuͤhung ſie zu erlangen, ihr Leben ungluͤcklich machen. V. 46. Jhm ſtrahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt.
[Spaltenumbruch] Das ſagt euch, daß ihn der Glanz und Schimmer der aͤuſſerlichen Ordenszeichen nicht blenden, und bethoͤren koͤnnen, daß er [Spaltenumbruch] das kleine Hertz, ſo oft darunter verborgen liegt, nicht entdecken ſollte. <TEI> <text> <front> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0029" n="29"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">auf den Weiſen.</hi> </fw><lb/> <lg n="7"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">VII.</hi> </hi> </head><lb/> <l>Wer heißt oft groß? Der ſchnell nach Ehren klettert,</l><lb/> <l>Den Kuͤhnheit hebt, die Hoͤhe ſchwindlicht macht.</l><lb/> <l>Doch wer iſt groß? Der Fuͤrſten nicht vergoͤttert,<lb/><note place="left">40</note>Und edler denkt, als mancher Fuͤrſt gedacht,</l><lb/> <l>Der Wahrheit ſucht und Recht und Wahrheit findet.</l><lb/> <l>Und ſeinen Werth auf Witz und Tugend gruͤndet.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">VIII.</hi> </hi> </head><lb/> <l>Ein ſolcher kennt die Eitelkeit der Wuͤrden,</l><lb/> <l>Jn die das Gluͤck zu ſelten Kluge ſteckt.<lb/><note place="left">45</note>Jhn ruͤhret nicht der Aufputz hoher Buͤrden;</l><lb/> <l>Jhm ſtrahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt.<note place="foot">V. 46. Jhm ſtrahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt.<lb/><cb/> Das ſagt euch, daß ihn der Glanz<lb/> und Schimmer der aͤuſſerlichen<lb/> Ordenszeichen nicht blenden,<lb/> und bethoͤren koͤnnen, daß er<lb/><cb/> das kleine Hertz, ſo oft darunter<lb/> verborgen liegt, nicht entdecken<lb/> ſollte.</note></l><lb/> <l>Der Geiſt, durch den ein Cato groß geworden,</l><lb/> <l>Faͤhrt in kein Band und ruht auf keinem Orden.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">IX.</hi> </hi> </head><lb/> <l>Wann machte ſich das Lob der Tugend eigen?<lb/><note place="left">50</note>Wann war es nicht des Gluͤckes Folge-Magd?</l><lb/> <l>Wie oft beſchaͤmt der, dem die Schmeichler ſchweigen,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Dem</fw><lb/> <note xml:id="f06" prev="#f05" place="foot"><cb/> und die Freyheit nur nach dem<lb/><l>Nahmen, nicht nach ihrer vor-<lb/> trefflichen Natur kennen, ſind<lb/> einiger maſſen gluͤcklich zu heiſ-<lb/> ſen; denn wenn ſie dieſelbe voll-<lb/><cb/> kommen kenneten, ſo wuͤrde der<lb/> Verdruß ſie zu miſſen, oder die<lb/> Begierde und Bemuͤhung ſie zu<lb/> erlangen, ihr Leben ungluͤcklich</l><lb/> machen.</note><lb/><lb/> </lg> </lg> </div> </front> </text> </TEI> [29/0029]
auf den Weiſen.
VII.
Wer heißt oft groß? Der ſchnell nach Ehren klettert,
Den Kuͤhnheit hebt, die Hoͤhe ſchwindlicht macht.
Doch wer iſt groß? Der Fuͤrſten nicht vergoͤttert,
Und edler denkt, als mancher Fuͤrſt gedacht,
Der Wahrheit ſucht und Recht und Wahrheit findet.
Und ſeinen Werth auf Witz und Tugend gruͤndet.
VIII.
Ein ſolcher kennt die Eitelkeit der Wuͤrden,
Jn die das Gluͤck zu ſelten Kluge ſteckt.
Jhn ruͤhret nicht der Aufputz hoher Buͤrden;
Jhm ſtrahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt.
Der Geiſt, durch den ein Cato groß geworden,
Faͤhrt in kein Band und ruht auf keinem Orden.
IX.
Wann machte ſich das Lob der Tugend eigen?
Wann war es nicht des Gluͤckes Folge-Magd?
Wie oft beſchaͤmt der, dem die Schmeichler ſchweigen,
Dem
V. 46. Jhm ſtrahlt kein Stern, der kleine Hertzen deckt.
Das ſagt euch, daß ihn der Glanz
und Schimmer der aͤuſſerlichen
Ordenszeichen nicht blenden,
und bethoͤren koͤnnen, daß er
das kleine Hertz, ſo oft darunter
verborgen liegt, nicht entdecken
ſollte.
und die Freyheit nur nach dem
Nahmen, nicht nach ihrer vor-
trefflichen Natur kennen, ſind
einiger maſſen gluͤcklich zu heiſ-
ſen; denn wenn ſie dieſelbe voll-
kommen kenneten, ſo wuͤrde der
Verdruß ſie zu miſſen, oder die
Begierde und Bemuͤhung ſie zu
erlangen, ihr Leben ungluͤcklich
machen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |