[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.Von der Poesie Versagen was je der Frauen Sitt,Doch thut in sanft dass man sie bitt. Thut ein Weib eine Missethat, Der ein Mann tausend an ihm hat, Der tausend will er Ehre han, Und muss des Weibes Ehr zergahn. Würden die Weib so leichtlich froh Von dem Mann, als die Maenner von ihn'n, So hielten sie oft steten Sinn. Von der Weisheit sagt er mit weisen Sinnen: Der Weisen und der Tummen Streit Hat nun geweret manche Zeit, Und muss auch noch viel laenger weren; Man mag in leyder nicht entberen. Den Weisen oft gar manches würret, Das die Thoren gantz nicht irret. Die Weisen moechten nicht genesen, Solten sie gantz ohn Thoren wesen. Wie viel der Weis Weisheit ausgiet, Hat er deßminder Weisheit nit. Von der Ehre macht er die wahre Anmer- Der Ehr niemand für Gut begert. Des Mannes Ehr recht also staht, Darnach als er sich selber hat. Wie
Von der Poeſie Verſagen was je der Frauen Sitt,Doch thut in ſanft daſs man ſie bitt. Thut ein Weib eine Miſſethat, Der ein Mann tauſend an ihm hat, Der tauſend will er Ehre han, Und muſs des Weibes Ehr zergahn. Würden die Weib ſo leichtlich froh Von dem Mann, als die Mænner von ihn’n, So hielten ſie oft ſteten Sinn. Von der Weisheit ſagt er mit weiſen Sinnen: Der Weiſen und der Tummen Streit Hat nun geweret manche Zeit, Und muſs auch noch viel længer weren; Man mag in leyder nicht entberen. Den Weiſen oft gar manches würret, Das die Thoren gantz nicht irret. Die Weiſen mœchten nicht geneſen, Solten ſie gantz ohn Thoren weſen. Wie viel der Weis Weisheit ausgiet, Hat er deßminder Weisheit nit. Von der Ehre macht er die wahre Anmer- Der Ehr niemand für Gut begert. Des Mannes Ehr recht alſo ſtaht, Darnach als er ſich ſelber hat. Wie
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0018" n="18"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von der Poeſie</hi> </fw><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Verſagen was je der Frauen Sitt,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Doch thut in ſanft daſs man ſie bitt.</hi> </l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Thut ein Weib eine Miſſethat,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Der ein Mann tauſend an ihm hat,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Der tauſend will er Ehre han,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Und muſs des Weibes Ehr zergahn.</hi> </l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Würden die Weib ſo leichtlich froh</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Von dem Mann, als die Mænner von ihn’n,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">So hielten ſie oft ſteten Sinn.</hi> </l> </lg><lb/> <p>Von der Weisheit ſagt er mit weiſen Sinnen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Der Weiſen und der Tummen Streit</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Hat nun geweret manche Zeit,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Und muſs auch noch viel længer weren;</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Man mag in leyder nicht entberen.</hi> </l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Den Weiſen oft gar manches würret,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Das die Thoren gantz nicht irret.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Die Weiſen mœchten nicht geneſen,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Solten ſie gantz ohn Thoren weſen.</hi> </l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Wie viel der Weis Weisheit ausgiet,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Hat er deßminder Weisheit nit.</hi> </l> </lg><lb/> <p>Von der Ehre macht er die wahre Anmer-<lb/> kung:</p><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#aq">Der Ehr niemand für Gut begert.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Des Mannes Ehr recht alſo ſtaht,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">Darnach als er ſich ſelber hat.</hi> </l><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Wie</hi> </fw><lb/> </lg> </div> </front> </text> </TEI> [18/0018]
Von der Poeſie
Verſagen was je der Frauen Sitt,
Doch thut in ſanft daſs man ſie bitt.
Thut ein Weib eine Miſſethat,
Der ein Mann tauſend an ihm hat,
Der tauſend will er Ehre han,
Und muſs des Weibes Ehr zergahn.
Würden die Weib ſo leichtlich froh
Von dem Mann, als die Mænner von ihn’n,
So hielten ſie oft ſteten Sinn.
Von der Weisheit ſagt er mit weiſen Sinnen:
Der Weiſen und der Tummen Streit
Hat nun geweret manche Zeit,
Und muſs auch noch viel længer weren;
Man mag in leyder nicht entberen.
Den Weiſen oft gar manches würret,
Das die Thoren gantz nicht irret.
Die Weiſen mœchten nicht geneſen,
Solten ſie gantz ohn Thoren weſen.
Wie viel der Weis Weisheit ausgiet,
Hat er deßminder Weisheit nit.
Von der Ehre macht er die wahre Anmer-
kung:
Der Ehr niemand für Gut begert.
Des Mannes Ehr recht alſo ſtaht,
Darnach als er ſich ſelber hat.
Wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |