[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.
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Von der Poeſie
„ker aus dem Stadtfrauenzimmer vorſetzete,
„runtzelte er nur Naſe und Stirn daruͤber, und
„ſagte, das waͤre nur Bauerwerck, er haͤtte
„drinnen in der Stadt eine andre Luſt, desglei-
„chen der Feldmaͤuſe Koͤnig ſelbſt mit ſeinem Ho-
„fe nicht haͤtte. Er habe ſchleckhafte Speiſe
„vollauf. Seine Speiſe ſey geſotten, und ge-
„braten, er habe Fleiſch und Brod und Kaͤſe zum
„Fladen. Solches zu erfahren fuͤhrte ſie die
„Feldmaus aus dem Feld, und in ihr Haus.
„Daſelbſt trug ſie bey der Schwere auf, und
„fragte immer, haſt du noch nicht genug? Jn-
„deſſen weil ſie ſich da vergeſſen, hoͤren ſie
„den Schluͤſſel im Schloß umdrehen, und je-
„mand zu ihnen nahen. Die Stadtmaus auf,
„und davon. Die Feldmaus wollte auch nicht
„ſtehen bleiben; und konnte doch ſchwerlich aus
„der Gefahr kommen, weil ihr Sache und Ort
„ungewohnt waren. Als ietzo der Hausknecht wie-
„der hinweg war, gieng die Stadtmaus wieder zu
„ihrem Schlecke; und rufte der Feldmaus auch
„zu Tiſche; ſie wollten nun auf ein friſches ze-
„chen. Aber dieſe wollte lange nicht trauen.
„Doch wagte ſie es endlich auf der andern
„Bitte. Da nun die Stadtmaus ſie wohl ze-
„chen und trincken hieß, fragt ſie dieſelbe: Ob
„ſie ſolche Gefahr oft ſo unverhoft beſtehen muͤß-
„te? Sie antwortet, es waͤre ihr gemeines
„Brodt, man muͤßte eine gemeine Noth nicht
„achten. Wie, ſagte die Feldmaus, iſt es dir
„gemein? So achteſt du dein Leben wenig. Wer
„ſich muthwillig in Noth ſtecket, der iſt an ſei-
„nem
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