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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.

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Von der Poesie
"- O du böse unbarmhertzige Art, die von
"keinem Menschen gebohren ward, sondern
"vom Krokodil herkömmt, der zum Morde
"vor Freude weint. Sie lachte zu allen die-
"sen Dingen, daß ihr die Augen übergiengen.
"O Jupiter, wie kanst du zusehen, daß sol-
"che Unbille geschieht, da doch alle Unbillig-
"keit Gott zur Unwilligkeit erweckt! Jch thue
"ja dieses, wozu du mich erschaffen, und neh-
"re mich, wie du mich beruffen hast, mit et-
"wan einem Tröpflein Blutes; und thu es
"nicht, wie man meint, aus Trutze; so we-
"nig, als der Mensch der Erde zu Trutze sie
"mit den Pferden zerackert, und dem Scha-
"fe zu Trutze es beschiert, dem Baume zu Leide
"seine Früchte abnimmt. - Es sollten hinfort
"alle Flöhe Jovem um einen Angel bitten,
"daß sie ihren Mangel einbrächten, ja um
"einen dreyspitzigen Spieß, den man bis an
"das Heft einstiesse; ja daß der fromme Jupiter
"mit seinem Strahle in sie herschösse, und sie
"lehrte an Geschöpfen, die niemand betrü-
"ben, dergleichen Muthwillen üben. Aber
"wie einmahl einer geschrieben hat, die Strah-
"len sind bey ihm gar theuer, weil der Vul-
"canus alt worden ist, daß er nicht wohl
"mehrere schmieden kan. Oder die Strah-
"len sind sonst bey ihm werth und theuer,
"daß er sie nicht um eine jede Beschwerde so
"liederlich verwaget; gleichwie man von St.
"Peter sagt, als er einen Tag Herr im Him-
"mel war, und eine Magd Garn stehlen sah,
"habe
Von der Poeſie
„- O du boͤſe unbarmhertzige Art, die von
„keinem Menſchen gebohren ward, ſondern
„vom Krokodil herkoͤmmt, der zum Morde
„vor Freude weint. Sie lachte zu allen die-
„ſen Dingen, daß ihr die Augen uͤbergiengen.
„O Jupiter, wie kanſt du zuſehen, daß ſol-
„che Unbille geſchieht, da doch alle Unbillig-
„keit Gott zur Unwilligkeit erweckt! Jch thue
„ja dieſes, wozu du mich erſchaffen, und neh-
„re mich, wie du mich beruffen haſt, mit et-
„wan einem Troͤpflein Blutes; und thu es
„nicht, wie man meint, aus Trutze; ſo we-
„nig, als der Menſch der Erde zu Trutze ſie
„mit den Pferden zerackert, und dem Scha-
„fe zu Trutze es beſchiert, dem Baume zu Leide
„ſeine Fruͤchte abnimmt. - Es ſollten hinfort
„alle Floͤhe Jovem um einen Angel bitten,
„daß ſie ihren Mangel einbraͤchten, ja um
„einen dreyſpitzigen Spieß, den man bis an
„das Heft einſtieſſe; ja daß der fromme Jupiter
„mit ſeinem Strahle in ſie herſchoͤſſe, und ſie
„lehrte an Geſchoͤpfen, die niemand betruͤ-
„ben, dergleichen Muthwillen uͤben. Aber
„wie einmahl einer geſchrieben hat, die Strah-
„len ſind bey ihm gar theuer, weil der Vul-
„canus alt worden iſt, daß er nicht wohl
„mehrere ſchmieden kan. Oder die Strah-
„len ſind ſonſt bey ihm werth und theuer,
„daß er ſie nicht um eine jede Beſchwerde ſo
„liederlich verwaget; gleichwie man von St.
„Peter ſagt, als er einen Tag Herr im Him-
„mel war, und eine Magd Garn ſtehlen ſah,
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[74/0074] Von der Poeſie „- O du boͤſe unbarmhertzige Art, die von „keinem Menſchen gebohren ward, ſondern „vom Krokodil herkoͤmmt, der zum Morde „vor Freude weint. Sie lachte zu allen die- „ſen Dingen, daß ihr die Augen uͤbergiengen. „O Jupiter, wie kanſt du zuſehen, daß ſol- „che Unbille geſchieht, da doch alle Unbillig- „keit Gott zur Unwilligkeit erweckt! Jch thue „ja dieſes, wozu du mich erſchaffen, und neh- „re mich, wie du mich beruffen haſt, mit et- „wan einem Troͤpflein Blutes; und thu es „nicht, wie man meint, aus Trutze; ſo we- „nig, als der Menſch der Erde zu Trutze ſie „mit den Pferden zerackert, und dem Scha- „fe zu Trutze es beſchiert, dem Baume zu Leide „ſeine Fruͤchte abnimmt. - Es ſollten hinfort „alle Floͤhe Jovem um einen Angel bitten, „daß ſie ihren Mangel einbraͤchten, ja um „einen dreyſpitzigen Spieß, den man bis an „das Heft einſtieſſe; ja daß der fromme Jupiter „mit ſeinem Strahle in ſie herſchoͤſſe, und ſie „lehrte an Geſchoͤpfen, die niemand betruͤ- „ben, dergleichen Muthwillen uͤben. Aber „wie einmahl einer geſchrieben hat, die Strah- „len ſind bey ihm gar theuer, weil der Vul- „canus alt worden iſt, daß er nicht wohl „mehrere ſchmieden kan. Oder die Strah- „len ſind ſonſt bey ihm werth und theuer, „daß er ſie nicht um eine jede Beſchwerde ſo „liederlich verwaget; gleichwie man von St. „Peter ſagt, als er einen Tag Herr im Him- „mel war, und eine Magd Garn ſtehlen ſah, „habe

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743/74>, abgerufen am 23.11.2024.