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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.

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des deutschen Witzes.
derrufflichen Ausspruch, Niemand hat jemahls sein
eigenes Fleisch gehasset, in Zweifel ziehen müsse.
Siebendens habe ich durch Vergleichung dieses
Stückes der Trillerischen Vorrede mit dem Aus-
zuge, der in den hamburgischen Nachrichten zur
Vertheidigung der Trillerischen Fabeln gemacht
worden, augenscheinlich dargethan, daß diese beyden
Stücke einander so ähnlich seyn, als ein Ey dem an-
dern seyn kan; folglich daß sie aus einer Feder ge-
flossen, und in einer gleichen Absicht geschrieben wor-
den. Wer will sich aber erfrechen, die Leute zu be-
reden, daß der Auszug in den hamburgischen Nach-
richten in der Schweitz verarbeitet worden? Achtens
könnte ich dieses alles mit chronologischen Grün-
den befestigen, wenn ich der Sonne eine Fakel an-
zünden wollte, und es nicht vor überflüssig hielte,
meine Leser mit Gründen von dieser Natur zu be-
schweren. Dazu kömmt noch neuntens, daß dieser
critische Fabelhans selbst diese erwiesene historischen
Sätze weder offentlich angreiffen, oder durchaus
leugnen darf, sondern nur einige unbestimmte Stel-
len des Ergänzungsstükes als zugeflickt und unter-
geschoben gerne verdächtig machen wollte, und zwar
aus keinem andern Grunde, als weil es ihm vor-
träglich wäre, wenn er die Leute dieses überreden
könnte. Er wird aber so lange den Nahmen ei-
nes boshaften und frechen Kerls tragen müssen,
bis er diese ihm alleine verdächtigen Stellen, an-
zeiget, und erweiset, daß sie von einem Schwei-
zer hinzugeflicket worden. Er hat auch bisdahin
zum Behuf seiner frechen Muthmassung nichts
anbringen können, als daß er Bl. 173. sich auf

seine
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des deutſchen Witzes.
derrufflichen Ausſpruch, Niemand hat jemahls ſein
eigenes Fleiſch gehaſſet, in Zweifel ziehen muͤſſe.
Siebendens habe ich durch Vergleichung dieſes
Stuͤckes der Trilleriſchen Vorrede mit dem Aus-
zuge, der in den hamburgiſchen Nachrichten zur
Vertheidigung der Trilleriſchen Fabeln gemacht
worden, augenſcheinlich dargethan, daß dieſe beyden
Stuͤcke einander ſo aͤhnlich ſeyn, als ein Ey dem an-
dern ſeyn kan; folglich daß ſie aus einer Feder ge-
floſſen, und in einer gleichen Abſicht geſchrieben wor-
den. Wer will ſich aber erfrechen, die Leute zu be-
reden, daß der Auszug in den hamburgiſchen Nach-
richten in der Schweitz verarbeitet worden? Achtens
koͤnnte ich dieſes alles mit chronologiſchen Gruͤn-
den befeſtigen, wenn ich der Sonne eine Fakel an-
zuͤnden wollte, und es nicht vor uͤberfluͤſſig hielte,
meine Leſer mit Gruͤnden von dieſer Natur zu be-
ſchweren. Dazu koͤmmt noch neuntens, daß dieſer
critiſche Fabelhans ſelbſt dieſe erwieſene hiſtoriſchen
Saͤtze weder offentlich angreiffen, oder durchaus
leugnen darf, ſondern nur einige unbeſtimmte Stel-
len des Ergaͤnzungsſtuͤkes als zugeflickt und unter-
geſchoben gerne verdaͤchtig machen wollte, und zwar
aus keinem andern Grunde, als weil es ihm vor-
traͤglich waͤre, wenn er die Leute dieſes uͤberreden
koͤnnte. Er wird aber ſo lange den Nahmen ei-
nes boshaften und frechen Kerls tragen muͤſſen,
bis er dieſe ihm alleine verdaͤchtigen Stellen, an-
zeiget, und erweiſet, daß ſie von einem Schwei-
zer hinzugeflicket worden. Er hat auch bisdahin
zum Behuf ſeiner frechen Muthmaſſung nichts
anbringen koͤnnen, als daß er Bl. 173. ſich auf

ſeine
E 2
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[67/0069] des deutſchen Witzes. derrufflichen Ausſpruch, Niemand hat jemahls ſein eigenes Fleiſch gehaſſet, in Zweifel ziehen muͤſſe. Siebendens habe ich durch Vergleichung dieſes Stuͤckes der Trilleriſchen Vorrede mit dem Aus- zuge, der in den hamburgiſchen Nachrichten zur Vertheidigung der Trilleriſchen Fabeln gemacht worden, augenſcheinlich dargethan, daß dieſe beyden Stuͤcke einander ſo aͤhnlich ſeyn, als ein Ey dem an- dern ſeyn kan; folglich daß ſie aus einer Feder ge- floſſen, und in einer gleichen Abſicht geſchrieben wor- den. Wer will ſich aber erfrechen, die Leute zu be- reden, daß der Auszug in den hamburgiſchen Nach- richten in der Schweitz verarbeitet worden? Achtens koͤnnte ich dieſes alles mit chronologiſchen Gruͤn- den befeſtigen, wenn ich der Sonne eine Fakel an- zuͤnden wollte, und es nicht vor uͤberfluͤſſig hielte, meine Leſer mit Gruͤnden von dieſer Natur zu be- ſchweren. Dazu koͤmmt noch neuntens, daß dieſer critiſche Fabelhans ſelbſt dieſe erwieſene hiſtoriſchen Saͤtze weder offentlich angreiffen, oder durchaus leugnen darf, ſondern nur einige unbeſtimmte Stel- len des Ergaͤnzungsſtuͤkes als zugeflickt und unter- geſchoben gerne verdaͤchtig machen wollte, und zwar aus keinem andern Grunde, als weil es ihm vor- traͤglich waͤre, wenn er die Leute dieſes uͤberreden koͤnnte. Er wird aber ſo lange den Nahmen ei- nes boshaften und frechen Kerls tragen muͤſſen, bis er dieſe ihm alleine verdaͤchtigen Stellen, an- zeiget, und erweiſet, daß ſie von einem Schwei- zer hinzugeflicket worden. Er hat auch bisdahin zum Behuf ſeiner frechen Muthmaſſung nichts anbringen koͤnnen, als daß er Bl. 173. ſich auf ſeine E 2

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742/69>, abgerufen am 02.05.2024.