[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.in Miltons verlohrnen Paradiese. Es mag der Mühe werth seyn, solches mit etli-chen Exempeln auszuführen, weil es dienet, die Freyheit, so Milton desfalls in der weit kühnern Sprache einer geschickten und großmüthigen Na- tion genommen hat, zu rechtfertigen. Jndem wir dieses thun, wollen wir ein sorgfältiges Auge auf die Gemüthesart unsrer Nation, und die dießmahlen gewissermaassen eingerichtete Verfas- sung unsrer Sprache richten, und fleissig Acht haben, was ohne Abbruch derselben, und ohne daß wir die Eigenschaften unsrer Sprache umkeh- ren, oder Dunkelheit und Verwirrung darinnen anrichten, geschehen möge. Die deutsche Sprache könnte vielleicht auf den bre- F 5
in Miltons verlohrnen Paradieſe. Es mag der Muͤhe werth ſeyn, ſolches mit etli-chen Exempeln auszufuͤhren, weil es dienet, die Freyheit, ſo Milton desfalls in der weit kuͤhnern Sprache einer geſchickten und großmuͤthigen Na- tion genommen hat, zu rechtfertigen. Jndem wir dieſes thun, wollen wir ein ſorgfaͤltiges Auge auf die Gemuͤthesart unſrer Nation, und die dießmahlen gewiſſermaaſſen eingerichtete Verfaſ- ſung unſrer Sprache richten, und fleiſſig Acht haben, was ohne Abbruch derſelben, und ohne daß wir die Eigenſchaften unſrer Sprache umkeh- ren, oder Dunkelheit und Verwirrung darinnen anrichten, geſchehen moͤge. Die deutſche Sprache koͤnnte vielleicht auf den bre- F 5
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in Miltons verlohrnen Paradieſe.
Es mag der Muͤhe werth ſeyn, ſolches mit etli-
chen Exempeln auszufuͤhren, weil es dienet, die
Freyheit, ſo Milton desfalls in der weit kuͤhnern
Sprache einer geſchickten und großmuͤthigen Na-
tion genommen hat, zu rechtfertigen. Jndem
wir dieſes thun, wollen wir ein ſorgfaͤltiges Auge
auf die Gemuͤthesart unſrer Nation, und die
dießmahlen gewiſſermaaſſen eingerichtete Verfaſ-
ſung unſrer Sprache richten, und fleiſſig Acht
haben, was ohne Abbruch derſelben, und ohne
daß wir die Eigenſchaften unſrer Sprache umkeh-
ren, oder Dunkelheit und Verwirrung darinnen
anrichten, geſchehen moͤge.
Die deutſche Sprache koͤnnte vielleicht auf den
Grad der Reinigkeit gebracht werden, daß nicht
ein einziges fremdes Wort mehr darinnen gelit-
ten wuͤrde, wenn eine Geſellſchaft geſchickter und
erfahrner Maͤnner waͤre, welche Befehl und Ge-
walt haͤtten, fuͤr die neuen Sachen, und fuͤr
neue Begriffe alter und gewiſſermaaſſen ſchon be-
kannter Sachen, neue Nahmen zu erfinden, die
deutſchen Urſprungs, Stammes, und Ausſehens
waͤren. Alleine da die Aufrichtung einer ſolchen
Geſellſchaft, die mit der erforderlichen Geſchick-
lichkeit und Klugheit zu dieſem Werke verſehen
waͤre, ſehr groſſe Schwierigkeit findet, da uͤber
dieſes wenig Hoffnung vorhanden iſt, daß ſo vie-
le verſchiedene und freye Provinzen der deutſchen
Nation ſich vereinbaren werden, die Gewalt ei-
ner ſolchen Geſellſchaft zu erkennen, und ſich ih-
rem Anſehen und Geſchmacke zu unterwerffen, ſo
wird es izo ſehr ſchwer ſeyn, ſich allemahl zu ent-
bre-
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