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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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Das Complot
nigen zu ziehen, welche sie vorstellen. Wie, wenn
man einem sittsamen und ehrbaren Rathsherren
ein Narrenkleid mit Schellen an der Kappe an-
zieht, die Zuseher glauben, sie lachen über die
Person, da sie nur über die Maske lachen. Aber
nehmet in solchen Fabeln wol in Acht, daß ihr
nicht dem Gegner in der Hize der Arbeit, da ihr
mehr auf den Fortgang der allegorischen Geschichte
als auf den mystischen Sinn derselben bedacht seyd,
Waffen wider euch selbst leihet: Also wird dem
boshaften Merbod in dem Dichterkriege allzu
viel eingeräumet, daß er nicht anderst als durch
die göttliche Critik verführt werden kan, und
Eris derselben Gestalt, Reden und Gedanken,
an sich nehmen muß; ferner daß ihm die gut-
hertzige Muse
beständig aufwarten muß, und daß
ihm der Vorsatz zugeschrieben wird, die Unge-
heuer eines verfallenen Witzes auszurotten.

Es ist auch sehr ungeschikt gedichtet, daß wir
eine so traurige Figur in dieser Geschichte machen.
Der urtheilende Merbod giebt uns häftige und
schmertzhafte Stiche, die uns bis in das Jn-
nerste der Seelen dringen.
Und wir wissen uns
dagegen nicht besser zu helffen, als daß wir un-
ser empfindliches Fell schütteln, und wie ein
toller Hengst hinten aus schlagen, und ei-
nen Sprung thun, wovon eine Wolke in die
Höhe fährt, die uns unsichtbar macht.
Hinge-
gen werden unsre Widersacher in einem stillen Ver-
gnügen, und süssen Hoffnung eingewieget. (T t)

Allein
(T t) Sehet in dem Dichterkriege Bl. 66.

Das Complot
nigen zu ziehen, welche ſie vorſtellen. Wie, wenn
man einem ſittſamen und ehrbaren Rathsherren
ein Narrenkleid mit Schellen an der Kappe an-
zieht, die Zuſeher glauben, ſie lachen uͤber die
Perſon, da ſie nur uͤber die Maske lachen. Aber
nehmet in ſolchen Fabeln wol in Acht, daß ihr
nicht dem Gegner in der Hize der Arbeit, da ihr
mehr auf den Fortgang der allegoriſchen Geſchichte
als auf den myſtiſchen Sinn derſelben bedacht ſeyd,
Waffen wider euch ſelbſt leihet: Alſo wird dem
boshaften Merbod in dem Dichterkriege allzu
viel eingeraͤumet, daß er nicht anderſt als durch
die goͤttliche Critik verfuͤhrt werden kan, und
Eris derſelben Geſtalt, Reden und Gedanken,
an ſich nehmen muß; ferner daß ihm die gut-
hertzige Muſe
beſtaͤndig aufwarten muß, und daß
ihm der Vorſatz zugeſchrieben wird, die Unge-
heuer eines verfallenen Witzes auszurotten.

Es iſt auch ſehr ungeſchikt gedichtet, daß wir
eine ſo traurige Figur in dieſer Geſchichte machen.
Der urtheilende Merbod giebt uns haͤftige und
ſchmertzhafte Stiche, die uns bis in das Jn-
nerſte der Seelen dringen.
Und wir wiſſen uns
dagegen nicht beſſer zu helffen, als daß wir un-
ſer empfindliches Fell ſchuͤtteln, und wie ein
toller Hengſt hinten aus ſchlagen, und ei-
nen Sprung thun, wovon eine Wolke in die
Hoͤhe faͤhrt, die uns unſichtbar macht.
Hinge-
gen werden unſre Widerſacher in einem ſtillen Ver-
gnuͤgen, und ſuͤſſen Hoffnung eingewieget. (T t)

Allein
(T t) Sehet in dem Dichterkriege Bl. 66.
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[210/0212] Das Complot nigen zu ziehen, welche ſie vorſtellen. Wie, wenn man einem ſittſamen und ehrbaren Rathsherren ein Narrenkleid mit Schellen an der Kappe an- zieht, die Zuſeher glauben, ſie lachen uͤber die Perſon, da ſie nur uͤber die Maske lachen. Aber nehmet in ſolchen Fabeln wol in Acht, daß ihr nicht dem Gegner in der Hize der Arbeit, da ihr mehr auf den Fortgang der allegoriſchen Geſchichte als auf den myſtiſchen Sinn derſelben bedacht ſeyd, Waffen wider euch ſelbſt leihet: Alſo wird dem boshaften Merbod in dem Dichterkriege allzu viel eingeraͤumet, daß er nicht anderſt als durch die goͤttliche Critik verfuͤhrt werden kan, und Eris derſelben Geſtalt, Reden und Gedanken, an ſich nehmen muß; ferner daß ihm die gut- hertzige Muſe beſtaͤndig aufwarten muß, und daß ihm der Vorſatz zugeſchrieben wird, die Unge- heuer eines verfallenen Witzes auszurotten. Es iſt auch ſehr ungeſchikt gedichtet, daß wir eine ſo traurige Figur in dieſer Geſchichte machen. Der urtheilende Merbod giebt uns haͤftige und ſchmertzhafte Stiche, die uns bis in das Jn- nerſte der Seelen dringen. Und wir wiſſen uns dagegen nicht beſſer zu helffen, als daß wir un- ſer empfindliches Fell ſchuͤtteln, und wie ein toller Hengſt hinten aus ſchlagen, und ei- nen Sprung thun, wovon eine Wolke in die Hoͤhe faͤhrt, die uns unſichtbar macht. Hinge- gen werden unſre Widerſacher in einem ſtillen Ver- gnuͤgen, und ſuͤſſen Hoffnung eingewieget. (T t) Allein (T t) Sehet in dem Dichterkriege Bl. 66.

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/212>, abgerufen am 21.11.2024.