[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.der herrschenden Poeten. hofmeister zu untergraben, und verdächtig zumachen. Bey vielen seichten Gemüthern muß eben dieses sie gar vernichten. Denn wer muß zulezte in diesen zweifelhaften Dingen den Entscheid ge- ben? Es ist kein anders Mittel, sie zu entschei- den, als durch die mehrere Stimmen. Diese haben wir richtig auf unsrer Partey. Es sind zehen Leute, die unsren Geschmak, unsre Em- pfindung für die wahre halten, gegen einen, der mit den Schweizern stimmt. Was zehen sagen ist ohne Zweifel zehnmahl gründlicher, als was ei- ner sagt, denn es erhält in eines jeden Mun- de einen neuen Grad der Wahrheit. Dazu kömmt izo noch das Ansehen und die Würde derer Leu- te, die auf unsrer Seite stehen. Staatsmini- ster, Rathsherren, Freyherren, Consisto rialrä- the, Aebte, halten es mit uns. Dieses giebt unsren Lehrsätzen abermahl einen höhern Grad der Wahrheit, dessen der gründlichste Erweis, wenn ihm das Ansehn fehlt, beraubet ist. Werzasch schwieg, oder ward nicht mehr ver- Ver- N 4
der herrſchenden Poeten. hofmeiſter zu untergraben, und verdaͤchtig zumachen. Bey vielen ſeichten Gemuͤthern muß eben dieſes ſie gar vernichten. Denn wer muß zulezte in dieſen zweifelhaften Dingen den Entſcheid ge- ben? Es iſt kein anders Mittel, ſie zu entſchei- den, als durch die mehrere Stimmen. Dieſe haben wir richtig auf unſrer Partey. Es ſind zehen Leute, die unſren Geſchmak, unſre Em- pfindung fuͤr die wahre halten, gegen einen, der mit den Schweizern ſtimmt. Was zehen ſagen iſt ohne Zweifel zehnmahl gruͤndlicher, als was ei- ner ſagt, denn es erhaͤlt in eines jeden Mun- de einen neuen Grad der Wahrheit. Dazu koͤmmt izo noch das Anſehen und die Wuͤrde derer Leu- te, die auf unſrer Seite ſtehen. Staatsmini- ſter, Rathsherren, Freyherren, Conſiſto rialraͤ- the, Aebte, halten es mit uns. Dieſes giebt unſren Lehrſaͤtzen abermahl einen hoͤhern Grad der Wahrheit, deſſen der gruͤndlichſte Erweis, wenn ihm das Anſehn fehlt, beraubet iſt. Werzaſch ſchwieg, oder ward nicht mehr ver- Ver- N 4
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der herrſchenden Poeten.
hofmeiſter zu untergraben, und verdaͤchtig zu
machen. Bey vielen ſeichten Gemuͤthern muß eben
dieſes ſie gar vernichten. Denn wer muß zulezte
in dieſen zweifelhaften Dingen den Entſcheid ge-
ben? Es iſt kein anders Mittel, ſie zu entſchei-
den, als durch die mehrere Stimmen. Dieſe
haben wir richtig auf unſrer Partey. Es ſind
zehen Leute, die unſren Geſchmak, unſre Em-
pfindung fuͤr die wahre halten, gegen einen, der
mit den Schweizern ſtimmt. Was zehen ſagen
iſt ohne Zweifel zehnmahl gruͤndlicher, als was ei-
ner ſagt, denn es erhaͤlt in eines jeden Mun-
de einen neuen Grad der Wahrheit. Dazu koͤmmt
izo noch das Anſehen und die Wuͤrde derer Leu-
te, die auf unſrer Seite ſtehen. Staatsmini-
ſter, Rathsherren, Freyherren, Conſiſto rialraͤ-
the, Aebte, halten es mit uns. Dieſes giebt
unſren Lehrſaͤtzen abermahl einen hoͤhern Grad
der Wahrheit, deſſen der gruͤndlichſte Erweis,
wenn ihm das Anſehn fehlt, beraubet iſt.
Werzaſch ſchwieg, oder ward nicht mehr ver-
nommen, denn es erhub ſich ein brauſendes Zu-
ruffen, und ſtarkes Haͤndeklatſchen der herrſchen-
den Poeten und Kunſtrichter. Es war ein hei-
ſernes Getoͤſe, wie dasjenige, das Lucanus ge-
hoͤret, als er vermeint, es haͤtte unter dem Bo-
den gedonnert. Als es ein wenig ſtiller gewor-
den, erhub Mannweich die Stimme, und ver-
ſprach Werzaſchen großmuͤthig, daß er ihm zur
Erleichterung ſeiner Arbeit gewiſſe von ihm er-
fundene mechaniſch-magiſche Geheimniſſe mitthei-
len wollte; mit Nahmen ein Wetterglas des
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