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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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der herrschenden Poeten.

Mein Gott! wie so wohl wäre es mir bekom-
men, wenn ich diesem Rath gefolget/ hätte, wenn
ich die knarrenden Censuren der Schweizer vor
ungeschrieben gehalten hätte, wenn ich mit stiller
Geduld zugesehen hätte, daß sie etliche Quartan-
ten gegen meine Schriften und ein eigenes Buch
gegen meine unglücklichen Fabeln herausgegeben
hätten. Und hätte ich nur die Abhandlung von
der Aesopischen Fabel vor nicht geschrieben gehal-
ten, so hätte ich keine Schutzvorrede dagegen auf-
gesezet, und diese hätte meinen Feinden nicht An-
laß gegeben, mich auf eine so unbarmherzige Wei-
se zu durchhecheln. Aber ich habe es mit meinen
poetischen Sünden verdienet, warum habe ich die
Bäume bey ihren Seelen schwören lassen, wa-
rum habe ich die Mäuse einander zu Gevater bit-
ten lassen? Dergleichen Vermischung der fleisch-
lichen Dinge mit geistlichen verdienete eine solche
Straffe. Warum wollte ich auch scharfsinniger
seyn, als mich Gott in seiner Gnade gemacht hat-
te? Jch sollte ihm gedanket haben, daß er
mich mit einer unmässigen Scharfsinnigkeit
nicht gestrafet, und mit einem durchdringen-
den feinen Geschmake verschonet hatte.
(O)
Künstighin bin ich gewitziget, und kan izo nichts

bessers
(O) Sind dieses nun die gesunden, nützlichen, und
einem vernünftigen Manne wohlanständige Urtheile, das
scharfe Saltz, und der gute und auserlesene Geschmack;
so hat man billig hohe Ursache, Gott hertzlich zu danken,
daß er einen mit einer solchen unmässigen Scharfsinnig-
keit nicht gestraft, und mit einem so durchdringenden fei-
nen Geschmake gnädig verschonet hat. Hr. D. Triller
in dem Ergäntzungsstüke zu seiner Schutzvorrede.
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der herrſchenden Poeten.

Mein Gott! wie ſo wohl waͤre es mir bekom-
men, wenn ich dieſem Rath gefolget/ haͤtte, wenn
ich die knarrenden Cenſuren der Schweizer vor
ungeſchrieben gehalten haͤtte, wenn ich mit ſtiller
Geduld zugeſehen haͤtte, daß ſie etliche Quartan-
ten gegen meine Schriften und ein eigenes Buch
gegen meine ungluͤcklichen Fabeln herausgegeben
haͤtten. Und haͤtte ich nur die Abhandlung von
der Aeſopiſchen Fabel vor nicht geſchrieben gehal-
ten, ſo haͤtte ich keine Schutzvorrede dagegen auf-
geſezet, und dieſe haͤtte meinen Feinden nicht An-
laß gegeben, mich auf eine ſo unbarmherzige Wei-
ſe zu durchhecheln. Aber ich habe es mit meinen
poetiſchen Suͤnden verdienet, warum habe ich die
Baͤume bey ihren Seelen ſchwoͤren laſſen, wa-
rum habe ich die Maͤuſe einander zu Gevater bit-
ten laſſen? Dergleichen Vermiſchung der fleiſch-
lichen Dinge mit geiſtlichen verdienete eine ſolche
Straffe. Warum wollte ich auch ſcharfſinniger
ſeyn, als mich Gott in ſeiner Gnade gemacht hat-
te? Jch ſollte ihm gedanket haben, daß er
mich mit einer unmaͤſſigen Scharfſinnigkeit
nicht geſtrafet, und mit einem durchdringen-
den feinen Geſchmake verſchonet hatte.
(O)
Kuͤnſtighin bin ich gewitziget, und kan izo nichts

beſſers
(O) Sind dieſes nun die geſunden, nuͤtzlichen, und
einem vernuͤnftigen Manne wohlanſtaͤndige Urtheile, das
ſcharfe Saltz, und der gute und auserleſene Geſchmack;
ſo hat man billig hohe Urſache, Gott hertzlich zu danken,
daß er einen mit einer ſolchen unmaͤſſigen Scharfſinnig-
keit nicht geſtraft, und mit einem ſo durchdringenden fei-
nen Geſchmake gnaͤdig verſchonet hat. Hr. D. Triller
in dem Ergaͤntzungsſtuͤke zu ſeiner Schutzvorrede.
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[183/0185] der herrſchenden Poeten. Mein Gott! wie ſo wohl waͤre es mir bekom- men, wenn ich dieſem Rath gefolget/ haͤtte, wenn ich die knarrenden Cenſuren der Schweizer vor ungeſchrieben gehalten haͤtte, wenn ich mit ſtiller Geduld zugeſehen haͤtte, daß ſie etliche Quartan- ten gegen meine Schriften und ein eigenes Buch gegen meine ungluͤcklichen Fabeln herausgegeben haͤtten. Und haͤtte ich nur die Abhandlung von der Aeſopiſchen Fabel vor nicht geſchrieben gehal- ten, ſo haͤtte ich keine Schutzvorrede dagegen auf- geſezet, und dieſe haͤtte meinen Feinden nicht An- laß gegeben, mich auf eine ſo unbarmherzige Wei- ſe zu durchhecheln. Aber ich habe es mit meinen poetiſchen Suͤnden verdienet, warum habe ich die Baͤume bey ihren Seelen ſchwoͤren laſſen, wa- rum habe ich die Maͤuſe einander zu Gevater bit- ten laſſen? Dergleichen Vermiſchung der fleiſch- lichen Dinge mit geiſtlichen verdienete eine ſolche Straffe. Warum wollte ich auch ſcharfſinniger ſeyn, als mich Gott in ſeiner Gnade gemacht hat- te? Jch ſollte ihm gedanket haben, daß er mich mit einer unmaͤſſigen Scharfſinnigkeit nicht geſtrafet, und mit einem durchdringen- den feinen Geſchmake verſchonet hatte. (O) Kuͤnſtighin bin ich gewitziget, und kan izo nichts beſſers (O) Sind dieſes nun die geſunden, nuͤtzlichen, und einem vernuͤnftigen Manne wohlanſtaͤndige Urtheile, das ſcharfe Saltz, und der gute und auserleſene Geſchmack; ſo hat man billig hohe Urſache, Gott hertzlich zu danken, daß er einen mit einer ſolchen unmaͤſſigen Scharfſinnig- keit nicht geſtraft, und mit einem ſo durchdringenden fei- nen Geſchmake gnaͤdig verſchonet hat. Hr. D. Triller in dem Ergaͤntzungsſtuͤke zu ſeiner Schutzvorrede. M 4

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/185>, abgerufen am 21.11.2024.