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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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der herrschenden Poeten.
lesen, was wir nicht anpreisen, was nicht einen
Paßport, ein Empfehlungsschreiben, einen Al-
mosenbrief von uns aufweiset. Nur durch uns
wird die Thüre des Lichtes den Schriften aufge-
schlossen. Wir wollen denn diese schweizerischen
Scribenten in den finstern Gewölbern der Buch-
händler des Tages auf ewig berauben. Wir wol-
len ihr Gedächtniß von der Erden vertilgen. Las-
set uns unsren Buchhändlern verkündigen, daß nach
gewissen zusammenstimmenden Zeichen, die von ei-
nem Barden vorgesagt worden, und nicht mehr
weit von ihrer Erfüllung sind, die schweizeri-
schen Werke den unsrigen den Untergang dro-
hen. Lasset uns allen denen, die mit unsren Au-
gen sehen, und mit unsrem Kopf verstehen, mit
einem anstekenden Gifte drohen, wenn sie diese
Bücher durchblättern. Durch dieses Mittel ha-
ben unsre Vorfahren Wenikern in den Staub da-
nieder geleget, welcher sich mit nicht geringerer
Wuth wieder den Geschmack Holensteins und
Waldmannshofaus aufgelehnet hatte, als Mer-
bod und Greibertin sich wider den unsrigen aufleh-
nen. Jhr könnet ihnen keine grössere Straffe
thun, als wenn ihr sie ins Vergessen verurtheilt,
wie sie euch zu einem Nahmen verurtheilen wollen.
Sie haben selbst gestanden, sie wollten lieber ge-
tadelt, als mit Stillschweigen übergangen wer-

den.
Gedanken gesagt: Ob sie zwar an ihrem Orte die Macht
haben zu schreiben und zu schelten, wie sie wollen; so hat
man doch hingegen hier auch die Freyheit, es nicht an-
zuhören oder zu lesen, wie solches bisher geschehen, und
auch noch künftig geschehen soll.
M 3

der herrſchenden Poeten.
leſen, was wir nicht anpreiſen, was nicht einen
Paßport, ein Empfehlungsſchreiben, einen Al-
moſenbrief von uns aufweiſet. Nur durch uns
wird die Thuͤre des Lichtes den Schriften aufge-
ſchloſſen. Wir wollen denn dieſe ſchweizeriſchen
Scribenten in den finſtern Gewoͤlbern der Buch-
haͤndler des Tages auf ewig berauben. Wir wol-
len ihr Gedaͤchtniß von der Erden vertilgen. Laſ-
ſet uns unſren Buchhaͤndlern verkuͤndigen, daß nach
gewiſſen zuſammenſtimmenden Zeichen, die von ei-
nem Barden vorgeſagt worden, und nicht mehr
weit von ihrer Erfuͤllung ſind, die ſchweizeri-
ſchen Werke den unſrigen den Untergang dro-
hen. Laſſet uns allen denen, die mit unſren Au-
gen ſehen, und mit unſrem Kopf verſtehen, mit
einem anſtekenden Gifte drohen, wenn ſie dieſe
Buͤcher durchblaͤttern. Durch dieſes Mittel ha-
ben unſre Vorfahren Wenikern in den Staub da-
nieder geleget, welcher ſich mit nicht geringerer
Wuth wieder den Geſchmack Holenſteins und
Waldmannshofaus aufgelehnet hatte, als Mer-
bod und Greibertin ſich wider den unſrigen aufleh-
nen. Jhr koͤnnet ihnen keine groͤſſere Straffe
thun, als wenn ihr ſie ins Vergeſſen verurtheilt,
wie ſie euch zu einem Nahmen verurtheilen wollen.
Sie haben ſelbſt geſtanden, ſie wollten lieber ge-
tadelt, als mit Stillſchweigen uͤbergangen wer-

den.
Gedanken geſagt: Ob ſie zwar an ihrem Orte die Macht
haben zu ſchreiben und zu ſchelten, wie ſie wollen; ſo hat
man doch hingegen hier auch die Freyheit, es nicht an-
zuhoͤren oder zu leſen, wie ſolches bisher geſchehen, und
auch noch kuͤnftig geſchehen ſoll.
M 3
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[181/0183] der herrſchenden Poeten. leſen, was wir nicht anpreiſen, was nicht einen Paßport, ein Empfehlungsſchreiben, einen Al- moſenbrief von uns aufweiſet. Nur durch uns wird die Thuͤre des Lichtes den Schriften aufge- ſchloſſen. Wir wollen denn dieſe ſchweizeriſchen Scribenten in den finſtern Gewoͤlbern der Buch- haͤndler des Tages auf ewig berauben. Wir wol- len ihr Gedaͤchtniß von der Erden vertilgen. Laſ- ſet uns unſren Buchhaͤndlern verkuͤndigen, daß nach gewiſſen zuſammenſtimmenden Zeichen, die von ei- nem Barden vorgeſagt worden, und nicht mehr weit von ihrer Erfuͤllung ſind, die ſchweizeri- ſchen Werke den unſrigen den Untergang dro- hen. Laſſet uns allen denen, die mit unſren Au- gen ſehen, und mit unſrem Kopf verſtehen, mit einem anſtekenden Gifte drohen, wenn ſie dieſe Buͤcher durchblaͤttern. Durch dieſes Mittel ha- ben unſre Vorfahren Wenikern in den Staub da- nieder geleget, welcher ſich mit nicht geringerer Wuth wieder den Geſchmack Holenſteins und Waldmannshofaus aufgelehnet hatte, als Mer- bod und Greibertin ſich wider den unſrigen aufleh- nen. Jhr koͤnnet ihnen keine groͤſſere Straffe thun, als wenn ihr ſie ins Vergeſſen verurtheilt, wie ſie euch zu einem Nahmen verurtheilen wollen. Sie haben ſelbſt geſtanden, ſie wollten lieber ge- tadelt, als mit Stillſchweigen uͤbergangen wer- den. (*) (*) Gedanken geſagt: Ob ſie zwar an ihrem Orte die Macht haben zu ſchreiben und zu ſchelten, wie ſie wollen; ſo hat man doch hingegen hier auch die Freyheit, es nicht an- zuhoͤren oder zu leſen, wie ſolches bisher geſchehen, und auch noch kuͤnftig geſchehen ſoll. M 3

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/183>, abgerufen am 02.05.2024.