[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.Das Complot nen reichen Ersatz des Tadels hielt, so auf den grös-sern Theil gefallen war. Mit ihnen kam ein star- kes Gefolge von Buchhändlern, Buchdrükern, Journalisten, Zeitungsschreibern, Kupferstechern, Holtzschneidern, und andern Handlangern, die ihnen iu der Verarbeitung ihrer Werke beyge- standen waren, und zu deren Aufnahme eben so viel als sie selber beygetragen hatten. Doch wur- den sie nicht in den grossen Versammlungssaal ein- gelassen, sondern mußten ihren Herren in dem Vor- gemach auf den Dienst warten. Sie sezten sich auf Bänke, aber Schottged nahm seinen Sitz auf einer Catheder. Der Anblik so vieler gros- sen Männer, des Ausbundes der Geister Deutsch- landes, die ihn theils bewunderten, theils fürch- teten, hatte ihn mit Stolz und Muth erfüllet; er eröffnete die Ursache dieser Zusammenkunft mit folgenden Worten. Niemand unter euch, herrschende Poeten, macht
Das Complot nen reichen Erſatz des Tadels hielt, ſo auf den groͤſ-ſern Theil gefallen war. Mit ihnen kam ein ſtar- kes Gefolge von Buchhaͤndlern, Buchdruͤkern, Journaliſten, Zeitungsſchreibern, Kupferſtechern, Holtzſchneidern, und andern Handlangern, die ihnen iu der Verarbeitung ihrer Werke beyge- ſtanden waren, und zu deren Aufnahme eben ſo viel als ſie ſelber beygetragen hatten. Doch wur- den ſie nicht in den groſſen Verſammlungsſaal ein- gelaſſen, ſondern mußten ihren Herren in dem Vor- gemach auf den Dienſt warten. Sie ſezten ſich auf Baͤnke, aber Schottged nahm ſeinen Sitz auf einer Catheder. Der Anblik ſo vieler groſ- ſen Maͤnner, des Ausbundes der Geiſter Deutſch- landes, die ihn theils bewunderten, theils fuͤrch- teten, hatte ihn mit Stolz und Muth erfuͤllet; er eroͤffnete die Urſache dieſer Zuſammenkunft mit folgenden Worten. Niemand unter euch, herrſchende Poeten, macht
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Das Complot
nen reichen Erſatz des Tadels hielt, ſo auf den groͤſ-
ſern Theil gefallen war. Mit ihnen kam ein ſtar-
kes Gefolge von Buchhaͤndlern, Buchdruͤkern,
Journaliſten, Zeitungsſchreibern, Kupferſtechern,
Holtzſchneidern, und andern Handlangern, die
ihnen iu der Verarbeitung ihrer Werke beyge-
ſtanden waren, und zu deren Aufnahme eben ſo
viel als ſie ſelber beygetragen hatten. Doch wur-
den ſie nicht in den groſſen Verſammlungsſaal ein-
gelaſſen, ſondern mußten ihren Herren in dem Vor-
gemach auf den Dienſt warten. Sie ſezten ſich
auf Baͤnke, aber Schottged nahm ſeinen Sitz
auf einer Catheder. Der Anblik ſo vieler groſ-
ſen Maͤnner, des Ausbundes der Geiſter Deutſch-
landes, die ihn theils bewunderten, theils fuͤrch-
teten, hatte ihn mit Stolz und Muth erfuͤllet;
er eroͤffnete die Urſache dieſer Zuſammenkunft mit
folgenden Worten.
Niemand unter euch, herrſchende Poeten,
wird mir dieſen hoͤhern Sitz mißgoͤnnen, der be-
denket, daß der foͤderſte Rang mich nur zufoͤ-
derſt ſtellet, wo die ſpitzigen Pfeile der Critik, die
wir in reinem Deutſch Schmaͤhſucht und Zank-
luſt heiſſen, von allen Seiten auf mich losgedruͤkt
werden. Jch habe dieſen Sitz auch nur darum
ſo dreiſt eingenommen, damit ich mit meiner Bruſt
die Stiche und Schlaͤge auffienge, die einem an-
dern unertraͤglicher ſeyn wuͤrden, welcher nicht
ſo gut als ich mit der Unempfindlichkeit, wie mit
einem Panzer von dreyfachem Ochſenleder bewap-
net waͤre. Bisdahin haben wir unſre Schrif-
ten nach Regeln verfertiget, welche wir ſelbſt ge-
macht
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