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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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Erklärung auf einige Sätze
so viel nöthig; lasse man den Satz nur gelten, in
so fern er gantz keinen Widerspruch leydet; ich
will sagen in Absicht auf die Geschöpfe Gottes, ver-
nünftige und unvernünftige, die uns neben den
Menschen bekannt sind, und in Absicht auf die
Verschiedenheit der Individuorum, die unter dem
Geschlechte der Menschen stehen, es ist schon ge-
nug. Nemlich diese Geschöpfe alle zusammen ge-
nommen (gesetzt es seyn weiter sonst in der gan-
zen Welt nirgend keine andere mehr als die wir
kennen,) machen ein gantzes aus: Und in diesen,
(alle zusammen genommen,) kan es wegen ihrer
besondern und jedem Individuo eigenen Einschrän-
kung, und der daher entstehenden NB. auch einzi-
ger möglich besten Verbindung mit einander, ja
wohl seyn, daß einiche einzele Arten oder einiche
Individua gewisser Arten, für sich des Glücks
entweder für eine gewisse Zeit, oder aus dem glei-
chen Grunde für immer missen; und daß eben da-
durch das höchstmögliche Gute in dieser Welt ent-
steht; welches allezeit gegen das berechnet, was
unvollkommen ist, weit mehr beträgt. Aber nun
gesetzt, die Menschen wären eine solche einzele
Art dieser Geschöpfe, oder doch wenigstens un-
ter den Menschen einiche Individua; warum soll
Gott lieber keine Welt erschaffen? Warum sollen
nur diese allein seine Lieblinge seyn? Gewiß dieß
ist ein wenig zu vornehm von sich selbst, und hin-
gegen zu schlecht von der Unendlichkeit der Eigen-
schaften Gottes gedacht: Mich nimmt oftmahl
mehr wunder, daß für die Menschen überhaupt
und für einzele Individua dieser Art der Geschöpfe

nach

Erklaͤrung auf einige Saͤtze
ſo viel noͤthig; laſſe man den Satz nur gelten, in
ſo fern er gantz keinen Widerſpruch leydet; ich
will ſagen in Abſicht auf die Geſchoͤpfe Gottes, ver-
nuͤnftige und unvernuͤnftige, die uns neben den
Menſchen bekannt ſind, und in Abſicht auf die
Verſchiedenheit der Individuorum, die unter dem
Geſchlechte der Menſchen ſtehen, es iſt ſchon ge-
nug. Nemlich dieſe Geſchoͤpfe alle zuſammen ge-
nommen (geſetzt es ſeyn weiter ſonſt in der gan-
zen Welt nirgend keine andere mehr als die wir
kennen,) machen ein gantzes aus: Und in dieſen,
(alle zuſammen genommen,) kan es wegen ihrer
beſondern und jedem Individuo eigenen Einſchraͤn-
kung, und der daher entſtehenden NB. auch einzi-
ger moͤglich beſten Verbindung mit einander, ja
wohl ſeyn, daß einiche einzele Arten oder einiche
Individua gewiſſer Arten, fuͤr ſich des Gluͤcks
entweder fuͤr eine gewiſſe Zeit, oder aus dem glei-
chen Grunde fuͤr immer miſſen; und daß eben da-
durch das hoͤchſtmoͤgliche Gute in dieſer Welt ent-
ſteht; welches allezeit gegen das berechnet, was
unvollkommen iſt, weit mehr betraͤgt. Aber nun
geſetzt, die Menſchen waͤren eine ſolche einzele
Art dieſer Geſchoͤpfe, oder doch wenigſtens un-
ter den Menſchen einiche Individua; warum ſoll
Gott lieber keine Welt erſchaffen? Warum ſollen
nur dieſe allein ſeine Lieblinge ſeyn? Gewiß dieß
iſt ein wenig zu vornehm von ſich ſelbſt, und hin-
gegen zu ſchlecht von der Unendlichkeit der Eigen-
ſchaften Gottes gedacht: Mich nimmt oftmahl
mehr wunder, daß fuͤr die Menſchen uͤberhaupt
und fuͤr einzele Individua dieſer Art der Geſchoͤpfe

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[10/0012] Erklaͤrung auf einige Saͤtze ſo viel noͤthig; laſſe man den Satz nur gelten, in ſo fern er gantz keinen Widerſpruch leydet; ich will ſagen in Abſicht auf die Geſchoͤpfe Gottes, ver- nuͤnftige und unvernuͤnftige, die uns neben den Menſchen bekannt ſind, und in Abſicht auf die Verſchiedenheit der Individuorum, die unter dem Geſchlechte der Menſchen ſtehen, es iſt ſchon ge- nug. Nemlich dieſe Geſchoͤpfe alle zuſammen ge- nommen (geſetzt es ſeyn weiter ſonſt in der gan- zen Welt nirgend keine andere mehr als die wir kennen,) machen ein gantzes aus: Und in dieſen, (alle zuſammen genommen,) kan es wegen ihrer beſondern und jedem Individuo eigenen Einſchraͤn- kung, und der daher entſtehenden NB. auch einzi- ger moͤglich beſten Verbindung mit einander, ja wohl ſeyn, daß einiche einzele Arten oder einiche Individua gewiſſer Arten, fuͤr ſich des Gluͤcks entweder fuͤr eine gewiſſe Zeit, oder aus dem glei- chen Grunde fuͤr immer miſſen; und daß eben da- durch das hoͤchſtmoͤgliche Gute in dieſer Welt ent- ſteht; welches allezeit gegen das berechnet, was unvollkommen iſt, weit mehr betraͤgt. Aber nun geſetzt, die Menſchen waͤren eine ſolche einzele Art dieſer Geſchoͤpfe, oder doch wenigſtens un- ter den Menſchen einiche Individua; warum ſoll Gott lieber keine Welt erſchaffen? Warum ſollen nur dieſe allein ſeine Lieblinge ſeyn? Gewiß dieß iſt ein wenig zu vornehm von ſich ſelbſt, und hin- gegen zu ſchlecht von der Unendlichkeit der Eigen- ſchaften Gottes gedacht: Mich nimmt oftmahl mehr wunder, daß fuͤr die Menſchen uͤberhaupt und fuͤr einzele Individua dieſer Art der Geſchoͤpfe nach

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/12>, abgerufen am 24.11.2024.