[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.daß die Schw. das v. P. bewundern. sollte ihn verschönert haben, welches gar leichtgewesen wäre, wenn er den Teufeln nur solche Redensarten zugeeignet hätte, wie in unsern galanten, verliebten u. vermischten Gedichten gefunden werden. Nicht nur die Ausdrückun- gen, sondern auch die Gedancken des Poet. sind schrecklich u. wild, wie die bösen Engel, denen sie in den Mund geleget werden, die Catonen, Portii, Arsenen, in unsern guten Trauerspielen haben schon mehr Lieblichkeit u. Zierlichkeit in ihren Sprüchen u. Meinungen. Wie ungeschikt har ferner Hr. G. seinen Gegner sagen lassen, unsre Kunstr. haben Milt. Gedicht aus einem Abscheue vor der Materie verworffen, u. die- ses Vorurtheil könne mit gleichem Grunde von der Jlias, der Odyssea, u. Eneis gefasset wer- den! Wie listig verweiset er endlich den schweiz. Kunstricht., daß sie Brockes u. König für die grösten iztlebenden Poeten erkläret haben, oh- ne Zweifel, weil sie dieselben am fleissigsten an- gezogen, u. am liebsten getadelt haben! Grad als ob sie in den G-ttsch-dischen Schriften nicht eben so wol Exempel von herrlichen Fehlern, die einen eignen Absch. verdienten, angetroffen hät- ten. Auf diese Weise bemeistert sich ein guter Redner seiner Materie u. seines Gegners, keh- ret die Worte u. Gedancken desselben nach sei- nen Absichten, u. leihet der Widerparte seine eignen Meinungen, wodurch er sie am allerge- wissesten schwarz, ungereimt u. lächerlich machen kan. Wollte jemand Scrupel machen, daß die- se Rednerkünste sich mit der Billigkeit nicht wol ver-
daß die Schw. das v. P. bewundern. ſollte ihn verſchoͤnert haben, welches gar leichtgeweſen waͤre, wenn er den Teufeln nur ſolche Redensarten zugeeignet haͤtte, wie in unſern galanten, verliebten u. vermiſchten Gedichten gefunden werden. Nicht nur die Ausdruͤckun- gen, ſondern auch die Gedancken des Poet. ſind ſchrecklich u. wild, wie die boͤſen Engel, denen ſie in den Mund geleget werden, die Catonen, Portii, Arſenen, in unſern guten Trauerſpielen haben ſchon mehr Lieblichkeit u. Zierlichkeit in ihren Spruͤchen u. Meinungen. Wie ungeſchikt har ferner Hr. G. ſeinen Gegner ſagen laſſen, unſre Kunſtr. haben Milt. Gedicht aus einem Abſcheue vor der Materie verworffen, u. die- ſes Vorurtheil koͤñe mit gleichem Grunde von der Jlias, der Odyſſea, u. Eneis gefaſſet wer- den! Wie liſtig verweiſet er endlich den ſchweiz. Kunſtricht., daß ſie Brockes u. Koͤnig fuͤr die groͤſten iztlebenden Poeten erklaͤret haben, oh- ne Zweifel, weil ſie dieſelben am fleiſſigſten an- gezogen, u. am liebſten getadelt haben! Grad als ob ſie in den G-ttſch-diſchen Schriften nicht eben ſo wol Exempel von herrlichen Fehlern, die einen eignen Abſch. verdienten, angetroffen haͤt- ten. Auf dieſe Weiſe bemeiſtert ſich ein guter Redner ſeiner Materie u. ſeines Gegners, keh- ret die Worte u. Gedancken deſſelben nach ſei- nen Abſichten, u. leihet der Widerparte ſeine eignen Meinungen, wodurch er ſie am allerge- wiſſeſten ſchwarz, ungereimt u. laͤcherlich machẽ kan. Wollte jemand Scrupel machen, daß die- ſe Rednerkuͤnſte ſich mit der Billigkeit nicht wol ver-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">daß die Schw. das v. P. bewundern.</hi></fw><lb/> ſollte ihn <hi rendition="#fr">verſchoͤnert</hi> haben, welches gar leicht<lb/> geweſen waͤre, wenn er den Teufeln nur ſolche<lb/> Redensarten zugeeignet haͤtte, wie in unſern<lb/> galanten, verliebten u. vermiſchten Gedichten<lb/> gefunden werden. Nicht nur die Ausdruͤckun-<lb/> gen, ſondern auch die <hi rendition="#fr">Gedancken</hi> des Poet. ſind<lb/><hi rendition="#fr">ſchrecklich u. wild,</hi> wie die boͤſen Engel, denen<lb/> ſie in den Mund geleget werden, die Catonen,<lb/> Portii, Arſenen, in unſern guten Trauerſpielen<lb/> haben ſchon mehr Lieblichkeit u. Zierlichkeit in<lb/> ihren Spruͤchen u. Meinungen. Wie ungeſchikt<lb/> har ferner Hr. G. ſeinen Gegner ſagen laſſen,<lb/> unſre Kunſtr. haben Milt. Gedicht <hi rendition="#fr">aus einem<lb/> Abſcheue vor der Materie verworffen, u. die-<lb/> ſes Vorurtheil koͤñe mit gleichem Grunde von<lb/> der Jlias, der Odyſſea, u. Eneis gefaſſet wer-<lb/> den!</hi> Wie liſtig verweiſet er endlich den ſchweiz.<lb/> Kunſtricht., daß ſie <hi rendition="#fr">Brockes u. Koͤnig fuͤr die<lb/> groͤſten iztlebenden Poeten erklaͤret haben,</hi> oh-<lb/> ne Zweifel, weil ſie dieſelben am fleiſſigſten an-<lb/> gezogen, u. am liebſten getadelt haben! Grad<lb/> als ob ſie in den G-ttſch-diſchen Schriften nicht<lb/> eben ſo wol Exempel von herrlichen Fehlern, die<lb/> einen eignen Abſch. verdienten, angetroffen haͤt-<lb/> ten. Auf dieſe Weiſe bemeiſtert ſich ein guter<lb/> Redner ſeiner Materie u. ſeines Gegners, keh-<lb/> ret die Worte u. Gedancken deſſelben nach ſei-<lb/> nen Abſichten, u. leihet der Widerparte ſeine<lb/> eignen Meinungen, wodurch er ſie am allerge-<lb/> wiſſeſten ſchwarz, ungereimt u. laͤcherlich machẽ<lb/> kan. Wollte jemand Scrupel machen, daß die-<lb/> ſe Rednerkuͤnſte ſich mit der Billigkeit nicht wol<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0081]
daß die Schw. das v. P. bewundern.
ſollte ihn verſchoͤnert haben, welches gar leicht
geweſen waͤre, wenn er den Teufeln nur ſolche
Redensarten zugeeignet haͤtte, wie in unſern
galanten, verliebten u. vermiſchten Gedichten
gefunden werden. Nicht nur die Ausdruͤckun-
gen, ſondern auch die Gedancken des Poet. ſind
ſchrecklich u. wild, wie die boͤſen Engel, denen
ſie in den Mund geleget werden, die Catonen,
Portii, Arſenen, in unſern guten Trauerſpielen
haben ſchon mehr Lieblichkeit u. Zierlichkeit in
ihren Spruͤchen u. Meinungen. Wie ungeſchikt
har ferner Hr. G. ſeinen Gegner ſagen laſſen,
unſre Kunſtr. haben Milt. Gedicht aus einem
Abſcheue vor der Materie verworffen, u. die-
ſes Vorurtheil koͤñe mit gleichem Grunde von
der Jlias, der Odyſſea, u. Eneis gefaſſet wer-
den! Wie liſtig verweiſet er endlich den ſchweiz.
Kunſtricht., daß ſie Brockes u. Koͤnig fuͤr die
groͤſten iztlebenden Poeten erklaͤret haben, oh-
ne Zweifel, weil ſie dieſelben am fleiſſigſten an-
gezogen, u. am liebſten getadelt haben! Grad
als ob ſie in den G-ttſch-diſchen Schriften nicht
eben ſo wol Exempel von herrlichen Fehlern, die
einen eignen Abſch. verdienten, angetroffen haͤt-
ten. Auf dieſe Weiſe bemeiſtert ſich ein guter
Redner ſeiner Materie u. ſeines Gegners, keh-
ret die Worte u. Gedancken deſſelben nach ſei-
nen Abſichten, u. leihet der Widerparte ſeine
eignen Meinungen, wodurch er ſie am allerge-
wiſſeſten ſchwarz, ungereimt u. laͤcherlich machẽ
kan. Wollte jemand Scrupel machen, daß die-
ſe Rednerkuͤnſte ſich mit der Billigkeit nicht wol
ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |