Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

daß die Schw. das v. P. bewundern.
ist es, daß die Schw. alle Addisons Geschmack
haben. Der Eifer für die Ehre meiner Lands-
leute hat mich nicht ruhen lassen, bis ich Hrn. G.
davon Nachricht gegeben, u. ihn gebeten hätte,
daß er gütiger von uns dencken, u. das Verbre-
chen, dessen sich etliche wenige unter uns schul-
dig machen, nicht der gantzen Nation in die
Rechnung setzen mögte. Jch zweifle nicht,
daß er ihr nicht Recht wiederfahren lassen wer-
de, indessen hat sein übereilter Verdacht mich
u. andre von meinen Landsleuten, die von der
glaubigen Secte sind, so sehr in die Nase gebis-
sen, daß wir die Freude nur halbig empfunden
haben, so seine meisterhafte Umtreibung unsers
eigensinnigen Landsmanns uns sonst verursa-
chet hätte. Wir haben doch nicht ohne Lust be-
obachtet, wie sinnreich er die Gewohnheit der
Alten ihre Schriften auf öffentlichen Plätzen
vor gantzen Versammlungen von Leuten allerley
Stands zu lesen, u. die Eindrücke derselben in
der Zuhörenden Gebehrden zu beobachten, auf
das Lesen in den Trivialschulen verdrehet. Und
wie geschickt hat er B-d-m-rn auf einmahl alle
Deut. Poeten über die Haube gerichtet, weil
er gesagt, daß in Deutschl. gemeine Poeten wä-
ren, die man fleissig läse, u. die ihren Lesern ein
ungereimtes u. wunderliches Ergetzen gewäh-
reten. Hr. G. hat dieses sehr glücklich auf alle
D. Poet. gute u. böse, erstrecket, u. der Amtsei-
fer steht ihm trefflich wohl an, mit welchem er
ihn deßwegen zum Lästerer wider unser Vater-
land
erkläret. Und wie fein hat er den freyen

Geist

daß die Schw. das v. P. bewundern.
iſt es, daß die Schw. alle Addiſons Geſchmack
haben. Der Eifer fuͤr die Ehre meiner Lands-
leute hat mich nicht ruhen laſſen, bis ich Hrn. G.
davon Nachricht gegeben, u. ihn gebeten haͤtte,
daß er guͤtiger von uns dencken, u. das Verbre-
chen, deſſen ſich etliche wenige unter uns ſchul-
dig machen, nicht der gantzen Nation in die
Rechnung ſetzen moͤgte. Jch zweifle nicht,
daß er ihr nicht Recht wiederfahren laſſen wer-
de, indeſſen hat ſein uͤbereilter Verdacht mich
u. andre von meinen Landsleuten, die von der
glaubigen Secte ſind, ſo ſehr in die Naſe gebiſ-
ſen, daß wir die Freude nur halbig empfunden
haben, ſo ſeine meiſterhafte Umtreibung unſers
eigenſinnigen Landsmanns uns ſonſt verurſa-
chet haͤtte. Wir haben doch nicht ohne Luſt be-
obachtet, wie ſinnreich er die Gewohnheit der
Alten ihre Schriften auf oͤffentlichen Plaͤtzen
vor gantzen Verſam̃lungen von Leuten allerley
Stands zu leſen, u. die Eindruͤcke derſelben in
der Zuhoͤrenden Gebehrden zu beobachten, auf
das Leſen in den Trivialſchulen verdrehet. Und
wie geſchickt hat er B-d-m-rn auf einmahl alle
Deut. Poeten uͤber die Haube gerichtet, weil
er geſagt, daß in Deutſchl. gemeine Poeten waͤ-
ren, die man fleiſſig laͤſe, u. die ihren Leſern ein
ungereimtes u. wunderliches Ergetzen gewaͤh-
reten. Hr. G. hat dieſes ſehr gluͤcklich auf alle
D. Poet. gute u. boͤſe, erſtrecket, u. der Amtsei-
fer ſteht ihm trefflich wohl an, mit welchem er
ihn deßwegen zum Laͤſterer wider unſer Vater-
land
erklaͤret. Und wie fein hat er den freyen

Geiſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="77"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">daß die Schw. das v. P. bewundern.</hi></fw><lb/>
i&#x017F;t es, daß die Schw. alle Addi&#x017F;ons Ge&#x017F;chmack<lb/>
haben. Der Eifer fu&#x0364;r die Ehre meiner Lands-<lb/>
leute hat mich nicht ruhen la&#x017F;&#x017F;en, bis ich Hrn. G.<lb/>
davon Nachricht gegeben, u. ihn gebeten ha&#x0364;tte,<lb/>
daß er gu&#x0364;tiger von uns dencken, u. das Verbre-<lb/>
chen, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich etliche wenige unter uns &#x017F;chul-<lb/>
dig machen, nicht der gantzen Nation in die<lb/>
Rechnung &#x017F;etzen mo&#x0364;gte. Jch zweifle nicht,<lb/>
daß er ihr nicht Recht wiederfahren la&#x017F;&#x017F;en wer-<lb/>
de, inde&#x017F;&#x017F;en hat &#x017F;ein u&#x0364;bereilter Verdacht mich<lb/>
u. andre von meinen Landsleuten, die von der<lb/>
glaubigen Secte &#x017F;ind, &#x017F;o &#x017F;ehr in die Na&#x017F;e gebi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, daß wir die Freude nur halbig empfunden<lb/>
haben, &#x017F;o &#x017F;eine mei&#x017F;terhafte Umtreibung un&#x017F;ers<lb/>
eigen&#x017F;innigen Landsmanns uns &#x017F;on&#x017F;t verur&#x017F;a-<lb/>
chet ha&#x0364;tte. Wir haben doch nicht ohne Lu&#x017F;t be-<lb/>
obachtet, wie &#x017F;innreich er die Gewohnheit der<lb/>
Alten ihre Schriften auf o&#x0364;ffentlichen Pla&#x0364;tzen<lb/>
vor gantzen Ver&#x017F;am&#x0303;lungen von Leuten allerley<lb/>
Stands zu le&#x017F;en, u. die Eindru&#x0364;cke der&#x017F;elben in<lb/>
der Zuho&#x0364;renden Gebehrden zu beobachten, auf<lb/>
das Le&#x017F;en in den Trivial&#x017F;chulen verdrehet. Und<lb/>
wie ge&#x017F;chickt hat er B-d-m-rn auf einmahl alle<lb/>
Deut. Poeten u&#x0364;ber die Haube gerichtet, weil<lb/>
er ge&#x017F;agt, daß in Deut&#x017F;chl. gemeine Poeten wa&#x0364;-<lb/>
ren, die man flei&#x017F;&#x017F;ig la&#x0364;&#x017F;e, u. die ihren Le&#x017F;ern ein<lb/>
ungereimtes u. wunderliches Ergetzen gewa&#x0364;h-<lb/>
reten. Hr. G. hat die&#x017F;es &#x017F;ehr glu&#x0364;cklich auf alle<lb/>
D. Poet. gute u. bo&#x0364;&#x017F;e, er&#x017F;trecket, u. der Amtsei-<lb/>
fer &#x017F;teht ihm trefflich wohl an, mit welchem er<lb/>
ihn deßwegen zum <hi rendition="#fr">La&#x0364;&#x017F;terer wider un&#x017F;er Vater-<lb/>
land</hi> erkla&#x0364;ret. Und wie fein hat er den freyen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gei&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0079] daß die Schw. das v. P. bewundern. iſt es, daß die Schw. alle Addiſons Geſchmack haben. Der Eifer fuͤr die Ehre meiner Lands- leute hat mich nicht ruhen laſſen, bis ich Hrn. G. davon Nachricht gegeben, u. ihn gebeten haͤtte, daß er guͤtiger von uns dencken, u. das Verbre- chen, deſſen ſich etliche wenige unter uns ſchul- dig machen, nicht der gantzen Nation in die Rechnung ſetzen moͤgte. Jch zweifle nicht, daß er ihr nicht Recht wiederfahren laſſen wer- de, indeſſen hat ſein uͤbereilter Verdacht mich u. andre von meinen Landsleuten, die von der glaubigen Secte ſind, ſo ſehr in die Naſe gebiſ- ſen, daß wir die Freude nur halbig empfunden haben, ſo ſeine meiſterhafte Umtreibung unſers eigenſinnigen Landsmanns uns ſonſt verurſa- chet haͤtte. Wir haben doch nicht ohne Luſt be- obachtet, wie ſinnreich er die Gewohnheit der Alten ihre Schriften auf oͤffentlichen Plaͤtzen vor gantzen Verſam̃lungen von Leuten allerley Stands zu leſen, u. die Eindruͤcke derſelben in der Zuhoͤrenden Gebehrden zu beobachten, auf das Leſen in den Trivialſchulen verdrehet. Und wie geſchickt hat er B-d-m-rn auf einmahl alle Deut. Poeten uͤber die Haube gerichtet, weil er geſagt, daß in Deutſchl. gemeine Poeten waͤ- ren, die man fleiſſig laͤſe, u. die ihren Leſern ein ungereimtes u. wunderliches Ergetzen gewaͤh- reten. Hr. G. hat dieſes ſehr gluͤcklich auf alle D. Poet. gute u. boͤſe, erſtrecket, u. der Amtsei- fer ſteht ihm trefflich wohl an, mit welchem er ihn deßwegen zum Laͤſterer wider unſer Vater- land erklaͤret. Und wie fein hat er den freyen Geiſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/79
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/79>, abgerufen am 23.11.2024.