[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.Stücke der Schutzvorrede seit zwanzig Jahren die Trillerischen Schrif-ten vor nützlich und erbaulich gehalten; nun aber zu ihrem Glück, durch die durchdrin- gende Einsicht des unbetrüglichen Richters, auf einmahl erleuchtet und auf den rechten Weg geführet worden; daß sie nun ohne Zweifel ihre Zeit und Kosten billig bereuen, und die poetischen Betrachtungen in Winckel werfen und zu Maculatur brauchen werden. Welcher Schimpf für den Verfasser, welcher Schaden für den Verleger! Welch grosses Unglück kan eine scharfe Critick nicht stiften! Man kommen. Mir kömmt auch hier die Lesart des Textes
verdächtig vor. Sollten die Tr-ll-rischen Gedichte in zwantzig Jahren nicht mehr als hundert oder zweyhun- dert Leser gefunden haben? Wenn ich nicht überzeu- get wäre, daß mein Manuscript das Original und Autographum wäre, so würde ich sagen und behaup- ten, daß in dem Original nicht hundert, sondern mit Ziefern 10000. gestanden hätten: Da aber von dem Copisten aus Unachtsamkeit zwey Zero aussengelassen worden, weil sie vor sich selbst nichts bedeuten. Ge- sezt nun, daß in zwantzig Jahren 10000. Leser diese Gedichte vor unverbesserlich gehalten, so verhält sich das Urtheil des Schweitzerischen Kunstrichters wie 1. gegen 10000. Diese 10000. werden noch nicht alle todt seyn, und viele werden ihre billige Hochachtung für Hrn. D. Tr-ll-r, wie Hannibals Vater den Haß gegen die Römer durch Gelübde, auf ihre Erben fort- gepflantzet haben. Und so getraue ich mir, wenn ich alle Verehrer und Leser derjenigen Poeten, die der küh- ne Schweitzer angegriffen hat, aufmahnen würde, bis auf Stuͤcke der Schutzvorrede ſeit zwanzig Jahren die Trilleriſchen Schrif-ten vor nuͤtzlich und erbaulich gehalten; nun aber zu ihrem Gluͤck, durch die durchdrin- gende Einſicht des unbetruͤglichen Richters, auf einmahl erleuchtet und auf den rechten Weg gefuͤhret worden; daß ſie nun ohne Zweifel ihre Zeit und Koſten billig bereuen, und die poetiſchen Betrachtungen in Winckel werfen und zu Maculatur brauchen werden. Welcher Schimpf fuͤr den Verfaſſer, welcher Schaden fuͤr den Verleger! Welch groſſes Ungluͤck kan eine ſcharfe Critick nicht ſtiften! Man kommen. Mir koͤmmt auch hier die Lesart des Textes
verdaͤchtig vor. Sollten die Tr-ll-riſchen Gedichte in zwantzig Jahren nicht mehr als hundert oder zweyhun- dert Leſer gefunden haben? Wenn ich nicht uͤberzeu- get waͤre, daß mein Manuſcript das Original und Autographum waͤre, ſo wuͤrde ich ſagen und behaup- ten, daß in dem Original nicht hundert, ſondern mit Ziefern 10000. geſtanden haͤtten: Da aber von dem Copiſten aus Unachtſamkeit zwey Zero auſſengelaſſen worden, weil ſie vor ſich ſelbſt nichts bedeuten. Ge- ſezt nun, daß in zwantzig Jahren 10000. Leſer dieſe Gedichte vor unverbeſſerlich gehalten, ſo verhaͤlt ſich das Urtheil des Schweitzeriſchen Kunſtrichters wie 1. gegen 10000. Dieſe 10000. werden noch nicht alle todt ſeyn, und viele werden ihre billige Hochachtung fuͤr Hrn. D. Tr-ll-r, wie Hannibals Vater den Haß gegen die Roͤmer durch Geluͤbde, auf ihre Erben fort- gepflantzet haben. Und ſo getraue ich mir, wenn ich alle Verehrer und Leſer derjenigen Poeten, die der kuͤh- ne Schweitzer angegriffen hat, aufmahnen wuͤrde, bis auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Stuͤcke der Schutzvorrede</hi></fw><lb/> ſeit zwanzig Jahren die Trilleriſchen Schrif-<lb/> ten vor nuͤtzlich und erbaulich gehalten; nun<lb/> aber zu ihrem Gluͤck, durch die durchdrin-<lb/> gende Einſicht des unbetruͤglichen Richters,<lb/> auf einmahl erleuchtet und auf den rechten<lb/> Weg gefuͤhret worden; daß ſie nun ohne<lb/> Zweifel ihre Zeit und Koſten billig bereuen,<lb/> und die poetiſchen Betrachtungen in Winckel<lb/> werfen und zu Maculatur brauchen werden.<lb/> Welcher Schimpf fuͤr den Verfaſſer, welcher<lb/> Schaden fuͤr den Verleger! Welch groſſes<lb/> Ungluͤck kan eine ſcharfe Critick nicht ſtiften!</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/> <note xml:id="f30" prev="#f29" place="foot" next="#f31">kommen. Mir koͤmmt auch hier die Lesart des Textes<lb/> verdaͤchtig vor. Sollten die Tr-ll-riſchen Gedichte in<lb/> zwantzig Jahren nicht mehr als hundert oder zweyhun-<lb/> dert Leſer gefunden haben? Wenn ich nicht uͤberzeu-<lb/> get waͤre, daß mein Manuſcript das Original und<lb/> Autographum waͤre, ſo wuͤrde ich ſagen und behaup-<lb/> ten, daß in dem Original nicht <hi rendition="#fr">hundert,</hi> ſondern mit<lb/> Ziefern 10000. geſtanden haͤtten: Da aber von dem<lb/> Copiſten aus Unachtſamkeit zwey Zero auſſengelaſſen<lb/> worden, weil ſie vor ſich ſelbſt nichts bedeuten. Ge-<lb/> ſezt nun, daß in zwantzig Jahren 10000. Leſer dieſe<lb/> Gedichte vor unverbeſſerlich gehalten, ſo verhaͤlt ſich<lb/> das Urtheil des Schweitzeriſchen Kunſtrichters wie 1.<lb/> gegen 10000. Dieſe 10000. werden noch nicht alle<lb/> todt ſeyn, und viele werden ihre billige Hochachtung<lb/> fuͤr Hrn. D. Tr-ll-r, wie Hannibals Vater den Haß<lb/> gegen die Roͤmer durch Geluͤbde, auf ihre Erben fort-<lb/> gepflantzet haben. Und ſo getraue ich mir, wenn ich<lb/> alle Verehrer und Leſer derjenigen Poeten, die der kuͤh-<lb/> ne Schweitzer angegriffen hat, aufmahnen wuͤrde, bis<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auf</fw></note><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [50/0052]
Stuͤcke der Schutzvorrede
ſeit zwanzig Jahren die Trilleriſchen Schrif-
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aber zu ihrem Gluͤck, durch die durchdrin-
gende Einſicht des unbetruͤglichen Richters,
auf einmahl erleuchtet und auf den rechten
Weg gefuͤhret worden; daß ſie nun ohne
Zweifel ihre Zeit und Koſten billig bereuen,
und die poetiſchen Betrachtungen in Winckel
werfen und zu Maculatur brauchen werden.
Welcher Schimpf fuͤr den Verfaſſer, welcher
Schaden fuͤr den Verleger! Welch groſſes
Ungluͤck kan eine ſcharfe Critick nicht ſtiften!
Man
kommen. Mir koͤmmt auch hier die Lesart des Textes
verdaͤchtig vor. Sollten die Tr-ll-riſchen Gedichte in
zwantzig Jahren nicht mehr als hundert oder zweyhun-
dert Leſer gefunden haben? Wenn ich nicht uͤberzeu-
get waͤre, daß mein Manuſcript das Original und
Autographum waͤre, ſo wuͤrde ich ſagen und behaup-
ten, daß in dem Original nicht hundert, ſondern mit
Ziefern 10000. geſtanden haͤtten: Da aber von dem
Copiſten aus Unachtſamkeit zwey Zero auſſengelaſſen
worden, weil ſie vor ſich ſelbſt nichts bedeuten. Ge-
ſezt nun, daß in zwantzig Jahren 10000. Leſer dieſe
Gedichte vor unverbeſſerlich gehalten, ſo verhaͤlt ſich
das Urtheil des Schweitzeriſchen Kunſtrichters wie 1.
gegen 10000. Dieſe 10000. werden noch nicht alle
todt ſeyn, und viele werden ihre billige Hochachtung
fuͤr Hrn. D. Tr-ll-r, wie Hannibals Vater den Haß
gegen die Roͤmer durch Geluͤbde, auf ihre Erben fort-
gepflantzet haben. Und ſo getraue ich mir, wenn ich
alle Verehrer und Leſer derjenigen Poeten, die der kuͤh-
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