Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

für die Tr-ll-rischen Fabeln.
vernünftigen Manne wohlanständigen Urthei-
le, das scharfe Saltz, und der gute und aus-
erlesene Geschmack; so hat man billig hohe
Ursache, Gott hertzlich zu dancken,
daß
er einen mit einer solchen unmässigen Scharf-
sinnigkeit nicht gestrafet, und mit einem so
durchdringenden feinen Geschmacke gnädig
verschonet habe. Erfodert denn dieses so
grosse Kunst und Gelehrsamkeit, Gespötte
mit Gegengespötte abzuweisen, und Thor-
heiten
mit Possen zu bezahlen? Eine Hand
voll muthwilliger Einfälle, und die schädliche
und elende Geschicklichkeit, alles lächerlich
zu machen,
ist der gantze Grund, worauf



diese
hat
Hohe Ursache Gott hertzlich zu dancken) Ein
geschickter Verfasser, der eine solche Dancksagungs-
Formel aufsetzen und bekannt machen wollte, würde
den mit sich selbst zufriedenen kleinen Geistern einen un-
gemeinen grossen Gefallen erweisen. Felices pauperes
sua si bona norint!
Thorhciten mit Possen zu bezahlen) Dieses Wort
Thorheiten beziehet sich hier nicht auf Hrn. Tr-ll-rs
Fabeln, sondern auf des Schweitzers Critick, die ein
lähres Gespötte ist, und also ohne Mühe mit Gespötte
abgewiesen wird.
Die elende Geschicklichkeit, alles lächerlich zu ma-
chen)
Wenn es anderst wahr ist, daß es eine solche
Kunst giebt, die alles ohne Unterschied lächerlich ma-
chen kan, so muß es in Wahrheit eine elende und schäd-
liche Kunst seyn, weil sie so wohl das gute als das
schlimme lächerlich und verächtlich vorstellen kan. So

fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln.
vernuͤnftigen Manne wohlanſtaͤndigen Urthei-
le, das ſcharfe Saltz, und der gute und aus-
erleſene Geſchmack; ſo hat man billig hohe
Urſache, Gott hertzlich zu dancken,
daß
er einen mit einer ſolchen unmaͤſſigen Scharf-
ſinnigkeit nicht geſtrafet, und mit einem ſo
durchdringenden feinen Geſchmacke gnaͤdig
verſchonet habe. Erfodert denn dieſes ſo
groſſe Kunſt und Gelehrſamkeit, Geſpoͤtte
mit Gegengeſpoͤtte abzuweiſen, und Thor-
heiten
mit Poſſen zu bezahlen? Eine Hand
voll muthwilliger Einfaͤlle, und die ſchaͤdliche
und elende Geſchicklichkeit, alles laͤcherlich
zu machen,
iſt der gantze Grund, worauf



dieſe
hat
Hohe Urſache Gott hertzlich zu dancken) Ein
geſchickter Verfaſſer, der eine ſolche Danckſagungs-
Formel aufſetzen und bekannt machen wollte, wuͤrde
den mit ſich ſelbſt zufriedenen kleinen Geiſtern einen un-
gemeinen groſſen Gefallen erweiſen. Felices pauperes
ſua ſi bona norint!
Thorhciten mit Poſſen zu bezahlen) Dieſes Wort
Thorheiten beziehet ſich hier nicht auf Hrn. Tr-ll-rs
Fabeln, ſondern auf des Schweitzers Critick, die ein
laͤhres Geſpoͤtte iſt, und alſo ohne Muͤhe mit Geſpoͤtte
abgewieſen wird.
Die elende Geſchicklichkeit, alles laͤcherlich zu ma-
chen)
Wenn es anderſt wahr iſt, daß es eine ſolche
Kunſt giebt, die alles ohne Unterſchied laͤcherlich ma-
chen kan, ſo muß es in Wahrheit eine elende und ſchaͤd-
liche Kunſt ſeyn, weil ſie ſo wohl das gute als das
ſchlimme laͤcherlich und veraͤchtlich vorſtellen kan. So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">fu&#x0364;r die Tr-ll-ri&#x017F;chen Fabeln.</hi></fw><lb/>
vernu&#x0364;nftigen Manne wohlan&#x017F;ta&#x0364;ndigen Urthei-<lb/>
le, das &#x017F;charfe Saltz, und der gute und aus-<lb/>
erle&#x017F;ene Ge&#x017F;chmack; &#x017F;o hat man billig <hi rendition="#fr">hohe<lb/>
Ur&#x017F;ache, Gott hertzlich zu dancken,</hi> daß<lb/>
er einen mit einer &#x017F;olchen unma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Scharf-<lb/>
&#x017F;innigkeit nicht ge&#x017F;trafet, und mit einem &#x017F;o<lb/>
durchdringenden feinen Ge&#x017F;chmacke gna&#x0364;dig<lb/>
ver&#x017F;chonet habe. Erfodert denn die&#x017F;es &#x017F;o<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Kun&#x017F;t und Gelehr&#x017F;amkeit, Ge&#x017F;po&#x0364;tte<lb/>
mit Gegenge&#x017F;po&#x0364;tte abzuwei&#x017F;en, und <hi rendition="#fr">Thor-<lb/>
heiten</hi> mit Po&#x017F;&#x017F;en zu bezahlen? Eine Hand<lb/>
voll muthwilliger Einfa&#x0364;lle, und die <hi rendition="#fr">&#x017F;cha&#x0364;dliche<lb/>
und elende Ge&#x017F;chicklichkeit, alles la&#x0364;cherlich<lb/>
zu machen,</hi> i&#x017F;t der gantze Grund, worauf<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die&#x017F;e</fw><lb/><note place="foot"><hi rendition="#fr">Hohe Ur&#x017F;ache Gott hertzlich zu dancken)</hi> Ein<lb/>
ge&#x017F;chickter Verfa&#x017F;&#x017F;er, der eine &#x017F;olche Danck&#x017F;agungs-<lb/>
Formel auf&#x017F;etzen und bekannt machen wollte, wu&#x0364;rde<lb/>
den mit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zufriedenen kleinen Gei&#x017F;tern einen un-<lb/>
gemeinen gro&#x017F;&#x017F;en Gefallen erwei&#x017F;en. <hi rendition="#aq">Felices pauperes<lb/>
&#x017F;ua &#x017F;i bona norint!</hi></note><lb/><note place="foot"><hi rendition="#fr">Thorhciten mit Po&#x017F;&#x017F;en zu bezahlen)</hi> Die&#x017F;es Wort<lb/><hi rendition="#fr">Thorheiten</hi> beziehet &#x017F;ich hier nicht auf Hrn. Tr-ll-rs<lb/>
Fabeln, &#x017F;ondern auf des Schweitzers Critick, die ein<lb/>
la&#x0364;hres Ge&#x017F;po&#x0364;tte i&#x017F;t, und al&#x017F;o ohne Mu&#x0364;he mit Ge&#x017F;po&#x0364;tte<lb/>
abgewie&#x017F;en wird.</note><lb/><note xml:id="f25" place="foot" next="#f26"><hi rendition="#fr">Die elende Ge&#x017F;chicklichkeit, alles la&#x0364;cherlich zu ma-<lb/>
chen)</hi> Wenn es ander&#x017F;t wahr i&#x017F;t, daß es eine &#x017F;olche<lb/>
Kun&#x017F;t giebt, die alles ohne Unter&#x017F;chied la&#x0364;cherlich ma-<lb/>
chen kan, &#x017F;o muß es in Wahrheit eine elende und &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
liche Kun&#x017F;t &#x017F;eyn, weil &#x017F;ie &#x017F;o wohl das gute als das<lb/>
&#x017F;chlimme la&#x0364;cherlich und vera&#x0364;chtlich vor&#x017F;tellen kan. So</note><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hat</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0047] fuͤr die Tr-ll-riſchen Fabeln. vernuͤnftigen Manne wohlanſtaͤndigen Urthei- le, das ſcharfe Saltz, und der gute und aus- erleſene Geſchmack; ſo hat man billig hohe Urſache, Gott hertzlich zu dancken, daß er einen mit einer ſolchen unmaͤſſigen Scharf- ſinnigkeit nicht geſtrafet, und mit einem ſo durchdringenden feinen Geſchmacke gnaͤdig verſchonet habe. Erfodert denn dieſes ſo groſſe Kunſt und Gelehrſamkeit, Geſpoͤtte mit Gegengeſpoͤtte abzuweiſen, und Thor- heiten mit Poſſen zu bezahlen? Eine Hand voll muthwilliger Einfaͤlle, und die ſchaͤdliche und elende Geſchicklichkeit, alles laͤcherlich zu machen, iſt der gantze Grund, worauf dieſe hat Hohe Urſache Gott hertzlich zu dancken) Ein geſchickter Verfaſſer, der eine ſolche Danckſagungs- Formel aufſetzen und bekannt machen wollte, wuͤrde den mit ſich ſelbſt zufriedenen kleinen Geiſtern einen un- gemeinen groſſen Gefallen erweiſen. Felices pauperes ſua ſi bona norint! Thorhciten mit Poſſen zu bezahlen) Dieſes Wort Thorheiten beziehet ſich hier nicht auf Hrn. Tr-ll-rs Fabeln, ſondern auf des Schweitzers Critick, die ein laͤhres Geſpoͤtte iſt, und alſo ohne Muͤhe mit Geſpoͤtte abgewieſen wird. Die elende Geſchicklichkeit, alles laͤcherlich zu ma- chen) Wenn es anderſt wahr iſt, daß es eine ſolche Kunſt giebt, die alles ohne Unterſchied laͤcherlich ma- chen kan, ſo muß es in Wahrheit eine elende und ſchaͤd- liche Kunſt ſeyn, weil ſie ſo wohl das gute als das ſchlimme laͤcherlich und veraͤchtlich vorſtellen kan. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/47
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/47>, abgerufen am 22.11.2024.