"bendigen wissen, daß sie sterben werden, "die Todten aber wissen nichts, sie verdie- "nen auch nichts mehr. Denn ihr Ge- "dächtniß ist vergessen, daß man sie nicht "mehr liebet, noch hasset, noch neidet, "und sie haben keinen Theil mehr auf der "Welt in allem, das unter der Sonnen "geschieht."
Nun sind aber Gronov, Clerc, Gräv, Salmasius, Groot und Scaliger todt; sollte denn nicht dem Hrn. Tr-ll-r ein billiger Vorzug über diese alle gebühren? Und die zwo leztern Zeilen sind so unbe- stimmt, daß ich gar nicht sehen kan, was die Neider des sich ausbreitenden Tr-ll-ri- schen Ruhms daran auszusetzen haben. Man wird bey den Franzosen und Britten noch allezeit solche Scribenten antreffen, die an Munterkeit und Witz zu übertreffen, eben keine grosse Kunst erfodert wird; und ich bin sicher, wenn der Hr. von Böhlau sich erklären müßte, was er vor Franzosen und Britten gemeint habe, über die er seinem Meister einen solchen Vorzug giebt, es wür- de jedermann den grossen Unterschied zwi- schen diesen und jenen erkennen und die Vergleichung gutheissen müssen. Aber so billig und bescheiden auch dieses Lob immer seyn mag, so muß dennoch Hr. Tr-ll-r sel- biges nicht gerne, noch mit gleichgültigem Gemüthe aufgenommen haben, alleine aus
der
Stuͤcke der Schutzvorrede
„bendigen wiſſen, daß ſie ſterben werden, „die Todten aber wiſſen nichts, ſie verdie- „nen auch nichts mehr. Denn ihr Ge- „daͤchtniß iſt vergeſſen, daß man ſie nicht „mehr liebet, noch haſſet, noch neidet, „und ſie haben keinen Theil mehr auf der „Welt in allem, das unter der Sonnen „geſchieht.„
Nun ſind aber Gronov, Clerc, Graͤv, Salmaſius, Groot und Scaliger todt; ſollte denn nicht dem Hrn. Tr-ll-r ein billiger Vorzug uͤber dieſe alle gebuͤhren? Und die zwo leztern Zeilen ſind ſo unbe- ſtimmt, daß ich gar nicht ſehen kan, was die Neider des ſich ausbreitenden Tr-ll-ri- ſchen Ruhms daran auszuſetzen haben. Man wird bey den Franzoſen und Britten noch allezeit ſolche Scribenten antreffen, die an Munterkeit und Witz zu uͤbertreffen, eben keine groſſe Kunſt erfodert wird; und ich bin ſicher, wenn der Hr. von Boͤhlau ſich erklaͤren muͤßte, was er vor Franzoſen und Britten gemeint habe, uͤber die er ſeinem Meiſter einen ſolchen Vorzug giebt, es wuͤr- de jedermann den groſſen Unterſchied zwi- ſchen dieſen und jenen erkennen und die Vergleichung gutheiſſen muͤſſen. Aber ſo billig und beſcheiden auch dieſes Lob immer ſeyn mag, ſo muß dennoch Hr. Tr-ll-r ſel- biges nicht gerne, noch mit gleichguͤltigem Gemuͤthe aufgenommen haben, alleine aus
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Stuͤcke der Schutzvorrede
„bendigen wiſſen, daß ſie ſterben werden,
„die Todten aber wiſſen nichts, ſie verdie-
„nen auch nichts mehr. Denn ihr Ge-
„daͤchtniß iſt vergeſſen, daß man ſie nicht
„mehr liebet, noch haſſet, noch neidet,
„und ſie haben keinen Theil mehr auf der
„Welt in allem, das unter der Sonnen
„geſchieht.„ Nun ſind aber Gronov, Clerc,
Graͤv, Salmaſius, Groot und Scaliger
todt; ſollte denn nicht dem Hrn. Tr-ll-r
ein billiger Vorzug uͤber dieſe alle gebuͤhren?
Und die zwo leztern Zeilen ſind ſo unbe-
ſtimmt, daß ich gar nicht ſehen kan, was
die Neider des ſich ausbreitenden Tr-ll-ri-
ſchen Ruhms daran auszuſetzen haben. Man
wird bey den Franzoſen und Britten noch
allezeit ſolche Scribenten antreffen, die an
Munterkeit und Witz zu uͤbertreffen, eben
keine groſſe Kunſt erfodert wird; und ich
bin ſicher, wenn der Hr. von Boͤhlau ſich
erklaͤren muͤßte, was er vor Franzoſen und
Britten gemeint habe, uͤber die er ſeinem
Meiſter einen ſolchen Vorzug giebt, es wuͤr-
de jedermann den groſſen Unterſchied zwi-
ſchen dieſen und jenen erkennen und die
Vergleichung gutheiſſen muͤſſen. Aber ſo
billig und beſcheiden auch dieſes Lob immer
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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/24>, abgerufen am 16.02.2025.
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