"Scribenten. - - Sobald sich aber strenge "Beurtheiler unter den Gelehrten hervorthun, "die das Gute gut, das Gründliche gründlich, "das Schlechte schlecht, das Matte matt, nen- "nen; sobald kommt viele Bücherschreiber Furcht "und Zittern an."
Jn besagter Schrift der Tadlerinnen wird das Lob, das die Züricher Opitzen beygeleget, zuerst mit einem gewissen Fleisse wiederholet. Jn dem XXXVIII. St. wird geklaget, daß dieser grosse Dichter weniger gelesen werde, als er wohl verdienete.
"Auch "so gar diejenigen, die Poeten heissen wollen, "heißt es daselbst, haben oftmahls seine Schrif- "ten nie gesehen: Da sie doch eine rechte Quelle "des guten Geschmackes in sich fassen. Und nim- "mermehr würde Deutschland so viel Jtalieni- "sche, und Spanische, ich meine schwulstige, "ausschweifende, und zuweilen gar rasende Ge- "dichte gesehen haben: Wenn man Opitzen fleis- "siger, als einige andre inn- und ausländische "Poeten gelesen hätte."
Jn Hr. Junkers Untersuchung der Hankischen Gedichte kan man ohne Mühe wahrnehmen, wie viel er auf den Urtheilen der Zürichischen Kunst- richter gehalten hat, indem er zu glauben scheint, daß seine Sätze durch ihre angeführten Zeugnisse ein mehrers Ansehn erhielten. Man sieht auch, daß er ihre Abhandlungen fleissig gelesen, und ge- schickt angewendet. Er nahm ihre Partie öffent- lich gegen Hr. Hanken; dieser war nicht damit zufrieden, daß sie Opizen, Canizen und Bes- sern dem Hrn. Neukirchen vorgezogen hatten.
"Jst
Nachrichten von dem Urſprunge
„Scribenten. ‒ ‒ Sobald ſich aber ſtrenge „Beurtheiler unter den Gelehrten hervorthun, „die das Gute gut, das Gruͤndliche gruͤndlich, „das Schlechte ſchlecht, das Matte matt, nen- „nen; ſobald kommt viele Buͤcherſchreiber Furcht „und Zittern an.„
Jn beſagter Schrift der Tadlerinnen wird das Lob, das die Zuͤricher Opitzen beygeleget, zuerſt mit einem gewiſſen Fleiſſe wiederholet. Jn dem XXXVIII. St. wird geklaget, daß dieſer groſſe Dichter weniger geleſen werde, als er wohl verdienete.
„Auch „ſo gar diejenigen, die Poeten heiſſen wollen, „heißt es daſelbſt, haben oftmahls ſeine Schrif- „ten nie geſehen: Da ſie doch eine rechte Quelle „des guten Geſchmackes in ſich faſſen. Und nim- „mermehr wuͤrde Deutſchland ſo viel Jtalieni- „ſche, und Spaniſche, ich meine ſchwulſtige, „ausſchweifende, und zuweilen gar raſende Ge- „dichte geſehen haben: Wenn man Opitzen fleiſ- „ſiger, als einige andre inn- und auslaͤndiſche „Poeten geleſen haͤtte.„
Jn Hr. Junkers Unterſuchung der Hankiſchen Gedichte kan man ohne Muͤhe wahrnehmen, wie viel er auf den Urtheilen der Zuͤrichiſchen Kunſt- richter gehalten hat, indem er zu glauben ſcheint, daß ſeine Saͤtze durch ihre angefuͤhrten Zeugniſſe ein mehrers Anſehn erhielten. Man ſieht auch, daß er ihre Abhandlungen fleiſſig geleſen, und ge- ſchickt angewendet. Er nahm ihre Partie oͤffent- lich gegen Hr. Hanken; dieſer war nicht damit zufrieden, daß ſie Opizen, Canizen und Beſ- ſern dem Hrn. Neukirchen vorgezogen hatten.
„Jſt
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„das Schlechte ſchlecht, das Matte matt, nen-
„nen; ſobald kommt viele Buͤcherſchreiber Furcht
„und Zittern an.„
Jn beſagter Schrift der
Tadlerinnen wird das Lob, das die Zuͤricher
Opitzen beygeleget, zuerſt mit einem gewiſſen
Fleiſſe wiederholet. Jn dem XXXVIII. St.
wird geklaget, daß dieſer groſſe Dichter weniger
geleſen werde, als er wohl verdienete.
„Auch
„ſo gar diejenigen, die Poeten heiſſen wollen,
„heißt es daſelbſt, haben oftmahls ſeine Schrif-
„ten nie geſehen: Da ſie doch eine rechte Quelle
„des guten Geſchmackes in ſich faſſen. Und nim-
„mermehr wuͤrde Deutſchland ſo viel Jtalieni-
„ſche, und Spaniſche, ich meine ſchwulſtige,
„ausſchweifende, und zuweilen gar raſende Ge-
„dichte geſehen haben: Wenn man Opitzen fleiſ-
„ſiger, als einige andre inn- und auslaͤndiſche
„Poeten geleſen haͤtte.„
Jn Hr. Junkers Unterſuchung der Hankiſchen
Gedichte kan man ohne Muͤhe wahrnehmen, wie
viel er auf den Urtheilen der Zuͤrichiſchen Kunſt-
richter gehalten hat, indem er zu glauben ſcheint,
daß ſeine Saͤtze durch ihre angefuͤhrten Zeugniſſe
ein mehrers Anſehn erhielten. Man ſieht auch,
daß er ihre Abhandlungen fleiſſig geleſen, und ge-
ſchickt angewendet. Er nahm ihre Partie oͤffent-
lich gegen Hr. Hanken; dieſer war nicht damit
zufrieden, daß ſie Opizen, Canizen und Beſ-
ſern dem Hrn. Neukirchen vorgezogen hatten.
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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/136>, abgerufen am 16.02.2025.
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