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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc.
und dem Statsprincip oder der politischen Richtung der Re-
gierung so schroff und unversöhnlich geworden, dasz jener
sich durch sein Gewissen gedrungen fühlt, seine Feindschaft
durch Wort und That zu äussern, und nicht mehr in Treuen
diesem State zu dienen und seinen Obern sich unterzuordnen
vermag, dann kann er diesem innern Conflict der Ueberzeugung
und der Amtstreue als ein ehrlicher Mann schwerlich anders
entgehen, als indem er auf ein Amt resignirt, in welchem er
die Treue nicht halten kann. Selbständiger in dieser Hin-
sicht sind die Justizbeamten gestellt, weil ihre Amtsführung
nicht politisch und nicht abhängig ist von dem Willen der
Regierung.

Eine fernere Wirkung der Treuverbindung der Beamten
überhaupt ist es, dasz dieselben ohne die Zustimmung des
Statshauptes nicht zugleich einem fremden State dienen,
noch Orden, Pensionen und ähnliche Auszeichnungen, welche
auf eine engere Beziehung zu einem auswärtigen Fürsten oder
Lande schlieszen lassen, annehmen darf.

8. Das Dienstgeheimnisz, die Amtsverschwiegen-
heit
, zu welchen die Beamten regelmäszig verpflichtet sind,
ist nicht absolut zu verstehen, sondern nur insoweit zu be-
achten, als durch Mittheilung von Thatsachen, zu deren
Kenntnisz der Beamte in seiner amtlichen Stellung gelangt
ist, dem State oder den Individuen Schaden zugefügt würde,
oder als nicht eine höhere Verpflichtung dieselbe nöthig macht.
Eine pedantische Ausdehnung des Geheimnisses über diesen
Bereich oder gar eine böswillige Ausbeutung derselben, um
verfassungs- und gesetzwidrige Handlungen zu verbergen und
eine frivole Ausplauderei sind die entgegengesetzten Klippen,
die zu vermeiden sind.

9. Das Interesse an der Bewahrung der öffentlichen Ord-
nung begründet das Recht des States gegen Beamte, welche
ihre Pflicht vernachlässigt oder verletzt haben, einzu-
schreiten, und die nöthigen Zwangsmittel oder Strafen

Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc.
und dem Statsprincip oder der politischen Richtung der Re-
gierung so schroff und unversöhnlich geworden, dasz jener
sich durch sein Gewissen gedrungen fühlt, seine Feindschaft
durch Wort und That zu äussern, und nicht mehr in Treuen
diesem State zu dienen und seinen Obern sich unterzuordnen
vermag, dann kann er diesem innern Conflict der Ueberzeugung
und der Amtstreue als ein ehrlicher Mann schwerlich anders
entgehen, als indem er auf ein Amt resignirt, in welchem er
die Treue nicht halten kann. Selbständiger in dieser Hin-
sicht sind die Justizbeamten gestellt, weil ihre Amtsführung
nicht politisch und nicht abhängig ist von dem Willen der
Regierung.

Eine fernere Wirkung der Treuverbindung der Beamten
überhaupt ist es, dasz dieselben ohne die Zustimmung des
Statshauptes nicht zugleich einem fremden State dienen,
noch Orden, Pensionen und ähnliche Auszeichnungen, welche
auf eine engere Beziehung zu einem auswärtigen Fürsten oder
Lande schlieszen lassen, annehmen darf.

8. Das Dienstgeheimnisz, die Amtsverschwiegen-
heit
, zu welchen die Beamten regelmäszig verpflichtet sind,
ist nicht absolut zu verstehen, sondern nur insoweit zu be-
achten, als durch Mittheilung von Thatsachen, zu deren
Kenntnisz der Beamte in seiner amtlichen Stellung gelangt
ist, dem State oder den Individuen Schaden zugefügt würde,
oder als nicht eine höhere Verpflichtung dieselbe nöthig macht.
Eine pedantische Ausdehnung des Geheimnisses über diesen
Bereich oder gar eine böswillige Ausbeutung derselben, um
verfassungs- und gesetzwidrige Handlungen zu verbergen und
eine frivole Ausplauderei sind die entgegengesetzten Klippen,
die zu vermeiden sind.

9. Das Interesse an der Bewahrung der öffentlichen Ord-
nung begründet das Recht des States gegen Beamte, welche
ihre Pflicht vernachlässigt oder verletzt haben, einzu-
schreiten, und die nöthigen Zwangsmittel oder Strafen

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[624/0642] Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc. und dem Statsprincip oder der politischen Richtung der Re- gierung so schroff und unversöhnlich geworden, dasz jener sich durch sein Gewissen gedrungen fühlt, seine Feindschaft durch Wort und That zu äussern, und nicht mehr in Treuen diesem State zu dienen und seinen Obern sich unterzuordnen vermag, dann kann er diesem innern Conflict der Ueberzeugung und der Amtstreue als ein ehrlicher Mann schwerlich anders entgehen, als indem er auf ein Amt resignirt, in welchem er die Treue nicht halten kann. Selbständiger in dieser Hin- sicht sind die Justizbeamten gestellt, weil ihre Amtsführung nicht politisch und nicht abhängig ist von dem Willen der Regierung. Eine fernere Wirkung der Treuverbindung der Beamten überhaupt ist es, dasz dieselben ohne die Zustimmung des Statshauptes nicht zugleich einem fremden State dienen, noch Orden, Pensionen und ähnliche Auszeichnungen, welche auf eine engere Beziehung zu einem auswärtigen Fürsten oder Lande schlieszen lassen, annehmen darf. 8. Das Dienstgeheimnisz, die Amtsverschwiegen- heit, zu welchen die Beamten regelmäszig verpflichtet sind, ist nicht absolut zu verstehen, sondern nur insoweit zu be- achten, als durch Mittheilung von Thatsachen, zu deren Kenntnisz der Beamte in seiner amtlichen Stellung gelangt ist, dem State oder den Individuen Schaden zugefügt würde, oder als nicht eine höhere Verpflichtung dieselbe nöthig macht. Eine pedantische Ausdehnung des Geheimnisses über diesen Bereich oder gar eine böswillige Ausbeutung derselben, um verfassungs- und gesetzwidrige Handlungen zu verbergen und eine frivole Ausplauderei sind die entgegengesetzten Klippen, die zu vermeiden sind. 9. Das Interesse an der Bewahrung der öffentlichen Ord- nung begründet das Recht des States gegen Beamte, welche ihre Pflicht vernachlässigt oder verletzt haben, einzu- schreiten, und die nöthigen Zwangsmittel oder Strafen

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/642>, abgerufen am 22.11.2024.