Eigenschaften eines Statsdieners auf, ungeachtet dieselbe von dem State benutzt und gefordert wird. Lakaien, Portiers, Pedellen Waibel, Gerichtsdiener, Gendarmen gehören zu dieser letzteren Classe, welche man füglich Statsbediente nennen kann. Ihr Rechtsverhältnis ist denn auch mehr nach Analogie der Bestimmungen des Dienstvertrags im Privatrecht zu behandeln als nach den wesentlich statsrechtlichen über den Statsdienst.
4. Ferner ist der Gegensatz zwischen Civilbeamten und Militärstellen, zuerst von dem Kaiser Kostantin dem Groszen ausgebildet, 4 auch in den modernen Staten von Bedeutung. Als Statsdiener sind nur Officiere, nicht auch die Soldaten zu betrachten, weil nur jene ein Comando haben, und bei diesen überhaupt entweder die allgemeine Bürgerpflicht, Militärdienste zuleisten, oder die privatrecht- liche Form der Werbung den Dienst begründet. Von den Civilämtern unterscheiden sich die Militärstellen hauptsächlich theils durch die strengere Disciplin, den militärischen Gehor- sam, theils dadurch, dasz ihre Functionen nur mittelbar obrig- keitlich, weil von secundärer blosz vollziehender Natur sind.
5. Man unterscheidet Collegial- und Individual- oder Einzelämter, 5 je nachdem entweder eine Mehrzahl von Beamten gemeinsam berathen und mit Mehrheit Beschlüsse fassen, oder jeder einzelne Beamte selbständig handelt. Zum Rathe, welcher vielseitige Erwägung fordert, sind die Colle- gien, zur That, in welcher die rasche und einheitliche Willens- energie entscheidet, sind die Individualämter geeigneter.
Je nach Umständen lassen sich auch collegiale Berathung mit individueller Entscheidung, wie z. B. der Minister nach
alternbeamte heiszt, so wird damit nur die Unterordnung ausgedrückt, die auch unter den wirklichen Beamten stattfindet. Man kann den Gegen- satz auch bezeichnen Statsbeamte und Amtsgehülfen.
4 Vgl. oben Buch V. Cap. 1, S. 397. Gibbons Geschichte des römischen Reichs Cap. 16.
5 Vergl. Pözl im deutschen Statswörterb. Art. Amt.
Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc.
Eigenschaften eines Statsdieners auf, ungeachtet dieselbe von dem State benutzt und gefordert wird. Lakaien, Portiers, Pedellen Waibel, Gerichtsdiener, Gendarmen gehören zu dieser letzteren Classe, welche man füglich Statsbediente nennen kann. Ihr Rechtsverhältnis ist denn auch mehr nach Analogie der Bestimmungen des Dienstvertrags im Privatrecht zu behandeln als nach den wesentlich statsrechtlichen über den Statsdienst.
4. Ferner ist der Gegensatz zwischen Civilbeamten und Militärstellen, zuerst von dem Kaiser Kostantin dem Groszen ausgebildet, 4 auch in den modernen Staten von Bedeutung. Als Statsdiener sind nur Officiere, nicht auch die Soldaten zu betrachten, weil nur jene ein Comando haben, und bei diesen überhaupt entweder die allgemeine Bürgerpflicht, Militärdienste zuleisten, oder die privatrecht- liche Form der Werbung den Dienst begründet. Von den Civilämtern unterscheiden sich die Militärstellen hauptsächlich theils durch die strengere Disciplin, den militärischen Gehor- sam, theils dadurch, dasz ihre Functionen nur mittelbar obrig- keitlich, weil von secundärer blosz vollziehender Natur sind.
5. Man unterscheidet Collegial- und Individual- oder Einzelämter, 5 je nachdem entweder eine Mehrzahl von Beamten gemeinsam berathen und mit Mehrheit Beschlüsse fassen, oder jeder einzelne Beamte selbständig handelt. Zum Rathe, welcher vielseitige Erwägung fordert, sind die Colle- gien, zur That, in welcher die rasche und einheitliche Willens- energie entscheidet, sind die Individualämter geeigneter.
Je nach Umständen lassen sich auch collegiale Berathung mit individueller Entscheidung, wie z. B. der Minister nach
alternbeamte heiszt, so wird damit nur die Unterordnung ausgedrückt, die auch unter den wirklichen Beamten stattfindet. Man kann den Gegen- satz auch bezeichnen Statsbeamte und Amtsgehülfen.
4 Vgl. oben Buch V. Cap. 1, S. 397. Gibbons Geschichte des römischen Reichs Cap. 16.
5 Vergl. Pözl im deutschen Statswörterb. Art. Amt.
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Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc.
Eigenschaften eines Statsdieners auf, ungeachtet dieselbe von
dem State benutzt und gefordert wird. Lakaien, Portiers,
Pedellen Waibel, Gerichtsdiener, Gendarmen gehören zu
dieser letzteren Classe, welche man füglich Statsbediente
nennen kann. Ihr Rechtsverhältnis ist denn auch mehr nach
Analogie der Bestimmungen des Dienstvertrags im Privatrecht
zu behandeln als nach den wesentlich statsrechtlichen über
den Statsdienst.
4. Ferner ist der Gegensatz zwischen Civilbeamten
und Militärstellen, zuerst von dem Kaiser Kostantin
dem Groszen ausgebildet, 4
auch in den modernen Staten von
Bedeutung. Als Statsdiener sind nur Officiere, nicht auch
die Soldaten zu betrachten, weil nur jene ein Comando
haben, und bei diesen überhaupt entweder die allgemeine
Bürgerpflicht, Militärdienste zuleisten, oder die privatrecht-
liche Form der Werbung den Dienst begründet. Von den
Civilämtern unterscheiden sich die Militärstellen hauptsächlich
theils durch die strengere Disciplin, den militärischen Gehor-
sam, theils dadurch, dasz ihre Functionen nur mittelbar obrig-
keitlich, weil von secundärer blosz vollziehender Natur sind.
5. Man unterscheidet Collegial- und Individual- oder
Einzelämter, 5 je nachdem entweder eine Mehrzahl von
Beamten gemeinsam berathen und mit Mehrheit Beschlüsse
fassen, oder jeder einzelne Beamte selbständig handelt. Zum
Rathe, welcher vielseitige Erwägung fordert, sind die Colle-
gien, zur That, in welcher die rasche und einheitliche Willens-
energie entscheidet, sind die Individualämter geeigneter.
Je nach Umständen lassen sich auch collegiale Berathung
mit individueller Entscheidung, wie z. B. der Minister nach
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4 Vgl. oben Buch V. Cap. 1, S. 397.
Gibbons Geschichte des
römischen Reichs Cap. 16.
5 Vergl. Pözl im deutschen Statswörterb. Art. Amt.
3 alternbeamte heiszt, so wird damit nur die Unterordnung ausgedrückt,
die auch unter den wirklichen Beamten stattfindet. Man kann den Gegen-
satz auch bezeichnen Statsbeamte und Amtsgehülfen.
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/620>, abgerufen am 16.07.2024.
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