Die eigentlichen Statsbeamten sind entweder Regie- rungs- oder Justizbeamte. Die ersten haben wirkliche Regierungsfunctionen auszuüben (imperium) und sind auf der einen Seite eben darum innerhalb ihre Amtsspäre mit der Macht ausgerüstet, was sie für zweckmäszig und erforderlich halten im öffentlichen Interesse anzuordnen, zu befehlen und ihren Befehlen Folge zu verschaffen, auf der andern Seite aber auch im Einzelnen hinwieder dem höheren Auftrage ihrer Vorgesetzten unterworfen und von diesen abhängig. Die Ju- stizbeamten dagegen haben nicht die Macht, mit freien Wil- len zu bestimmen, was ihnen das öffentliche Interesse zu erfor- dern scheint, sondern nur die, das erkannte bestehende Recht auszusprechen und nach festen Rechtsregeln zu handhaben (ju- risdictio), aber bei dieser Thätigkeit werden sie lediglich durch ihr eigenes Wissen und Gewissen, und nicht durch ein- zelne Aufträge der Statsregierung gebunden und bestimmt, Im normalen Zustande sind vorzugsweise die ersten zu libe- raler, die letztern zu conservativer Thätigkeit berufen.
3. Von beiden Arten der Statsbeamten sind die Stats- angestellten und die Amtsgehülfen zu unterscheiden. Sie sind zwar auch Statsdiener, aber sie haben kein eigentliches Amt, daher auch weder eine Amtsgewalt noch eine selbständige Amtssphäre, sondern sind lediglich Gehülfen der ihnen vor- gesetzten Beamten und von diesen abhängig; z. B. Kanzellisten, Aufseher in öffentlichen Anstalten, Finanzgehülfen u. s. f. Zu dem Range von Statsdienern sind sie erhoben, weil sie immer noch eine organische Thätigkeit im öffentlichen Dienste und insofern ein, wenn auch niedere Function ausüben. Wenn auch diese zurücktritt, und die blosz mechanische Dienstleistung als Hauptsache erscheint, 3 so hört auch die
unter welchem er die Richter mitbegreift, würde besser für die obige Gattung von Statsbeamten passen.
3 Auf diesen Gegensatz hat Schmitthenner, Statsrecht S. 503 mit Recht aufmerksam gemacht. Wenn er aber die Statsangestellten Sub-
Achtes Capitel. Statsdiener und Statsämter.
Die eigentlichen Statsbeamten sind entweder Regie- rungs- oder Justizbeamte. Die ersten haben wirkliche Regierungsfunctionen auszuüben (imperium) und sind auf der einen Seite eben darum innerhalb ihre Amtsspäre mit der Macht ausgerüstet, was sie für zweckmäszig und erforderlich halten im öffentlichen Interesse anzuordnen, zu befehlen und ihren Befehlen Folge zu verschaffen, auf der andern Seite aber auch im Einzelnen hinwieder dem höheren Auftrage ihrer Vorgesetzten unterworfen und von diesen abhängig. Die Ju- stizbeamten dagegen haben nicht die Macht, mit freien Wil- len zu bestimmen, was ihnen das öffentliche Interesse zu erfor- dern scheint, sondern nur die, das erkannte bestehende Recht auszusprechen und nach festen Rechtsregeln zu handhaben (ju- risdictio), aber bei dieser Thätigkeit werden sie lediglich durch ihr eigenes Wissen und Gewissen, und nicht durch ein- zelne Aufträge der Statsregierung gebunden und bestimmt, Im normalen Zustande sind vorzugsweise die ersten zu libe- raler, die letztern zu conservativer Thätigkeit berufen.
3. Von beiden Arten der Statsbeamten sind die Stats- angestellten und die Amtsgehülfen zu unterscheiden. Sie sind zwar auch Statsdiener, aber sie haben kein eigentliches Amt, daher auch weder eine Amtsgewalt noch eine selbständige Amtssphäre, sondern sind lediglich Gehülfen der ihnen vor- gesetzten Beamten und von diesen abhängig; z. B. Kanzellisten, Aufseher in öffentlichen Anstalten, Finanzgehülfen u. s. f. Zu dem Range von Statsdienern sind sie erhoben, weil sie immer noch eine organische Thätigkeit im öffentlichen Dienste und insofern ein, wenn auch niedere Function ausüben. Wenn auch diese zurücktritt, und die blosz mechanische Dienstleistung als Hauptsache erscheint, 3 so hört auch die
unter welchem er die Richter mitbegreift, würde besser für die obige Gattung von Statsbeamten passen.
3 Auf diesen Gegensatz hat Schmitthenner, Statsrecht S. 503 mit Recht aufmerksam gemacht. Wenn er aber die Statsangestellten Sub-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0619"n="601"/><fwplace="top"type="header"> Achtes Capitel. Statsdiener und Statsämter.</fw><lb/><p> Die eigentlichen Statsbeamten sind entweder <hirendition="#g">Regie-<lb/>
rungs</hi>- oder <hirendition="#g">Justizbeamte</hi>. Die ersten haben wirkliche<lb/>
Regierungsfunctionen auszuüben (imperium) und sind auf der<lb/>
einen Seite eben darum innerhalb ihre Amtsspäre mit der<lb/>
Macht ausgerüstet, was sie für zweckmäszig und erforderlich<lb/>
halten im öffentlichen Interesse anzuordnen, zu befehlen und<lb/>
ihren Befehlen Folge zu verschaffen, auf der andern Seite aber<lb/>
auch im Einzelnen hinwieder dem höheren Auftrage ihrer<lb/>
Vorgesetzten unterworfen und von diesen abhängig. Die Ju-<lb/>
stizbeamten dagegen haben nicht die Macht, mit freien Wil-<lb/>
len zu bestimmen, was ihnen das öffentliche Interesse zu erfor-<lb/>
dern scheint, sondern nur die, das erkannte bestehende Recht<lb/>
auszusprechen und nach festen Rechtsregeln zu handhaben (ju-<lb/>
risdictio), aber bei dieser Thätigkeit werden sie lediglich<lb/>
durch ihr eigenes Wissen und Gewissen, und nicht durch ein-<lb/>
zelne Aufträge der Statsregierung gebunden und bestimmt,<lb/>
Im normalen Zustande sind vorzugsweise die ersten zu libe-<lb/>
raler, die letztern zu conservativer Thätigkeit berufen.</p><lb/><p>3. Von beiden Arten der Statsbeamten sind die <hirendition="#g">Stats-<lb/>
angestellten</hi> und die <hirendition="#g">Amtsgehülfen</hi> zu unterscheiden.<lb/>
Sie sind zwar auch Statsdiener, aber sie haben kein eigentliches<lb/>
Amt, daher auch weder eine Amtsgewalt noch eine selbständige<lb/>
Amtssphäre, sondern sind lediglich <hirendition="#g">Gehülfen</hi> der ihnen vor-<lb/>
gesetzten Beamten und von diesen abhängig; z. B. Kanzellisten,<lb/>
Aufseher in öffentlichen Anstalten, Finanzgehülfen u. s. f. Zu<lb/>
dem Range von Statsdienern sind sie erhoben, weil sie immer<lb/>
noch eine organische Thätigkeit im öffentlichen Dienste und<lb/>
insofern ein, wenn auch niedere Function ausüben.<lb/>
Wenn auch diese zurücktritt, und die blosz <hirendition="#g">mechanische</hi><lb/>
Dienstleistung als Hauptsache erscheint, <notexml:id="note-0619a"next="#note-0620"place="foot"n="3">Auf diesen Gegensatz hat <hirendition="#g">Schmitthenner</hi>, Statsrecht S. 503 mit<lb/>
Recht aufmerksam gemacht. Wenn er aber die Statsangestellten <hirendition="#g">Sub</hi>-</note> so hört auch die<lb/><notexml:id="note-0619"prev="#note-0618"place="foot"n="2">unter welchem er die Richter mitbegreift, würde besser für die obige<lb/>
Gattung von Statsbeamten passen.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[601/0619]
Achtes Capitel. Statsdiener und Statsämter.
Die eigentlichen Statsbeamten sind entweder Regie-
rungs- oder Justizbeamte. Die ersten haben wirkliche
Regierungsfunctionen auszuüben (imperium) und sind auf der
einen Seite eben darum innerhalb ihre Amtsspäre mit der
Macht ausgerüstet, was sie für zweckmäszig und erforderlich
halten im öffentlichen Interesse anzuordnen, zu befehlen und
ihren Befehlen Folge zu verschaffen, auf der andern Seite aber
auch im Einzelnen hinwieder dem höheren Auftrage ihrer
Vorgesetzten unterworfen und von diesen abhängig. Die Ju-
stizbeamten dagegen haben nicht die Macht, mit freien Wil-
len zu bestimmen, was ihnen das öffentliche Interesse zu erfor-
dern scheint, sondern nur die, das erkannte bestehende Recht
auszusprechen und nach festen Rechtsregeln zu handhaben (ju-
risdictio), aber bei dieser Thätigkeit werden sie lediglich
durch ihr eigenes Wissen und Gewissen, und nicht durch ein-
zelne Aufträge der Statsregierung gebunden und bestimmt,
Im normalen Zustande sind vorzugsweise die ersten zu libe-
raler, die letztern zu conservativer Thätigkeit berufen.
3. Von beiden Arten der Statsbeamten sind die Stats-
angestellten und die Amtsgehülfen zu unterscheiden.
Sie sind zwar auch Statsdiener, aber sie haben kein eigentliches
Amt, daher auch weder eine Amtsgewalt noch eine selbständige
Amtssphäre, sondern sind lediglich Gehülfen der ihnen vor-
gesetzten Beamten und von diesen abhängig; z. B. Kanzellisten,
Aufseher in öffentlichen Anstalten, Finanzgehülfen u. s. f. Zu
dem Range von Statsdienern sind sie erhoben, weil sie immer
noch eine organische Thätigkeit im öffentlichen Dienste und
insofern ein, wenn auch niedere Function ausüben.
Wenn auch diese zurücktritt, und die blosz mechanische
Dienstleistung als Hauptsache erscheint, 3 so hört auch die
2
3 Auf diesen Gegensatz hat Schmitthenner, Statsrecht S. 503 mit
Recht aufmerksam gemacht. Wenn er aber die Statsangestellten Sub-
2 unter welchem er die Richter mitbegreift, würde besser für die obige
Gattung von Statsbeamten passen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/619>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.