haben nicht dich, sondern mich verworfen, dasz ich nicht soll König über sie sein." 12 So ging die Form der reinen Theokratie in die einer Monarchie über, welche indessen immer noch durch theokratische Institutionen und durch die ganze durch und durch religiöse Natur und Mission des jüdischen Volkes beschränkt und modificirt blieb.
In Europa sind nur schwache und vereinzelte Nachklänge der Theokratie zu erkennen. Wenn der römische Kaiser Ca- ligula mit goldenem Bart und Blitz wie Jupiter sich öffent- lich zeigte, oder Heliogabal sich als Opferpriester der herr- schenden Sonne gerirte, oder nach der schweizerischen Sage der Vogt Geszler von den freien Männern des Gebirgs for- derte, dasz sie dem Hute des Kaisers ihre Verehrung beweisen, so waren das nur karikirte Nachbildungen einer untergegange- nen Statsform, die keinen Anspruch hatten auf Bestand. Wohl aber ist im römischen Reiche in der Sitte, sogar den lebenden Kaisern Statuen und Tempel zu errichten und die gestorbenen als Divi zu verehren sowie in dem späteren Ceremoniel der byzantinischen Kaiser noch ein theokratisches Element sicht- bar geworden.
Im Mittelalter bekamen besonders durch den Einflusz der Geistlichkeit, welche von jeher ihre Vorliebe für die theokra- tischen Lehren kund gegeben hat, auch die christlichen Stats- einrichtungen in manchen Beziehungen eine theokratische Fär- bung. Wir werden dergleichen zwar mehr in den geistlichen als in den weltlichen Fürstenthümern gewahr; aber auch die letztern hielten sich nicht rein davon. Sogar der Kaiser hat zugleich priesterliche Weihen empfangen müssen. Aber so sehr das Mittelalter es liebte, alles Recht und alle Gewalt von Gott abzuleiten, so betrachtete es doch die Ge- walthaber als Menschen, und sorgte reichlich für menschliche Beschränkungen ihrer Macht.
12 I. Samuel. 8, 7 ff.
Sechstes Capitel. I. Die (Ideokratie) Theokratie.
haben nicht dich, sondern mich verworfen, dasz ich nicht soll König über sie sein.“ 12 So ging die Form der reinen Theokratie in die einer Monarchie über, welche indessen immer noch durch theokratische Institutionen und durch die ganze durch und durch religiöse Natur und Mission des jüdischen Volkes beschränkt und modificirt blieb.
In Europa sind nur schwache und vereinzelte Nachklänge der Theokratie zu erkennen. Wenn der römische Kaiser Ca- ligula mit goldenem Bart und Blitz wie Jupiter sich öffent- lich zeigte, oder Heliogabal sich als Opferpriester der herr- schenden Sonne gerirte, oder nach der schweizerischen Sage der Vogt Geszler von den freien Männern des Gebirgs for- derte, dasz sie dem Hute des Kaisers ihre Verehrung beweisen, so waren das nur karikirte Nachbildungen einer untergegange- nen Statsform, die keinen Anspruch hatten auf Bestand. Wohl aber ist im römischen Reiche in der Sitte, sogar den lebenden Kaisern Statuen und Tempel zu errichten und die gestorbenen als Divi zu verehren sowie in dem späteren Ceremoniel der byzantinischen Kaiser noch ein theokratisches Element sicht- bar geworden.
Im Mittelalter bekamen besonders durch den Einflusz der Geistlichkeit, welche von jeher ihre Vorliebe für die theokra- tischen Lehren kund gegeben hat, auch die christlichen Stats- einrichtungen in manchen Beziehungen eine theokratische Fär- bung. Wir werden dergleichen zwar mehr in den geistlichen als in den weltlichen Fürstenthümern gewahr; aber auch die letztern hielten sich nicht rein davon. Sogar der Kaiser hat zugleich priesterliche Weihen empfangen müssen. Aber so sehr das Mittelalter es liebte, alles Recht und alle Gewalt von Gott abzuleiten, so betrachtete es doch die Ge- walthaber als Menschen, und sorgte reichlich für menschliche Beschränkungen ihrer Macht.
12 I. Samuel. 8, 7 ff.
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Sechstes Capitel. I. Die (Ideokratie) Theokratie.
haben nicht dich, sondern mich verworfen, dasz ich
nicht soll König über sie sein.“ 12 So ging die Form
der reinen Theokratie in die einer Monarchie über,
welche indessen immer noch durch theokratische Institutionen
und durch die ganze durch und durch religiöse Natur und
Mission des jüdischen Volkes beschränkt und modificirt blieb.
In Europa sind nur schwache und vereinzelte Nachklänge
der Theokratie zu erkennen. Wenn der römische Kaiser Ca-
ligula mit goldenem Bart und Blitz wie Jupiter sich öffent-
lich zeigte, oder Heliogabal sich als Opferpriester der herr-
schenden Sonne gerirte, oder nach der schweizerischen Sage
der Vogt Geszler von den freien Männern des Gebirgs for-
derte, dasz sie dem Hute des Kaisers ihre Verehrung beweisen,
so waren das nur karikirte Nachbildungen einer untergegange-
nen Statsform, die keinen Anspruch hatten auf Bestand. Wohl
aber ist im römischen Reiche in der Sitte, sogar den lebenden
Kaisern Statuen und Tempel zu errichten und die gestorbenen
als Divi zu verehren sowie in dem späteren Ceremoniel der
byzantinischen Kaiser noch ein theokratisches Element sicht-
bar geworden.
Im Mittelalter bekamen besonders durch den Einflusz der
Geistlichkeit, welche von jeher ihre Vorliebe für die theokra-
tischen Lehren kund gegeben hat, auch die christlichen Stats-
einrichtungen in manchen Beziehungen eine theokratische Fär-
bung. Wir werden dergleichen zwar mehr in den geistlichen
als in den weltlichen Fürstenthümern gewahr; aber
auch die letztern hielten sich nicht rein davon. Sogar der
Kaiser hat zugleich priesterliche Weihen empfangen müssen.
Aber so sehr das Mittelalter es liebte, alles Recht und alle
Gewalt von Gott abzuleiten, so betrachtete es doch die Ge-
walthaber als Menschen, und sorgte reichlich für menschliche
Beschränkungen ihrer Macht.
12 I. Samuel. 8, 7 ff.
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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/413>, abgerufen am 22.11.2024.
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