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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Drittes Capitel. A. Geschichtliche Entstehungsformen. II. Secundäre.
Zwar verträgt sie sich mit einer relativen Selbständigkeit
der unirten Staten, denen innerhalb gewisser Schranken eine
particuläre Gesetzgebung und Regierung vergönnt werden mag,
aber der Gesammtstat ist in ihr doch einheitlich organisirt,
und die höchsten gemeinsamen Statsinteressen sind in den
einheitlichen Organen concentrirt. Die Vereinigung Norwegens
mit dem Königreich Dänemark durch das Reichsgesetz von
1536, die Einigung von Castilien und Aragon, wenn auch
nicht sofort von Anfang an, 1474, so doch unter den öster-
reichischen Fürsten, ganz vorzüglich aber die österreichische
Monarchie nach dem Grundgesetze von 1849 und der Februar-
verfassung von 1861 sind Beispiele solcher Realunion.

Die neue Verfassung von Oesterreich-Ungarn vom Jahr
1867 nähert sich in dem Dualismus der beiden Hauptstaten
Oesterreich und Ungarn den Formen der Personalunion, hat
aber in den Instituten der gemeinsamen Ministerien des
Aeuszern, des Reichsheers und der Reichsfinanzen, sowie in
der gemeinsamen Delegation der zwei repräsentativen Körper
der beiden Hauptstaten, Anfänge und Ansatz zur Realunion.
Diese Hauptstaten sind in sich selber anfänglich als Personal-
union entstanden, aber nun als Realunionen ausgebildet.

6. Die volle Union endlich löst die Besonderheit der
unirten Staten auf, und bildet nicht einen aus mehreren Staten
zusammengesetzten, sondern einen einfachen Stat.

Die Vereinigung der beiden ursprünglich durch blosze
Personalunion verbundenen Königreiche England und Schott-
land zu dem Gesammtkönigreich Groszbritannien vom Jahr
1707, und die spätere Union zwischen Groszbritannien und
Irland von 1800 haben diesen Charakter einer vollen Union,
indem die particularen Parlamente aufgehoben und für das
ganze Reich ein gemeinsames einheitliches Parlament ange-

zufällige, diese die grundgesetzliche Einigung der Statsgewalt
über zwei oder mehrere Staten in Einer Person. Die Verbindung von
Schweden und Norwegen ercheint ihm dann bereits als Realunion.

Drittes Capitel. A. Geschichtliche Entstehungsformen. II. Secundäre.
Zwar verträgt sie sich mit einer relativen Selbständigkeit
der unirten Staten, denen innerhalb gewisser Schranken eine
particuläre Gesetzgebung und Regierung vergönnt werden mag,
aber der Gesammtstat ist in ihr doch einheitlich organisirt,
und die höchsten gemeinsamen Statsinteressen sind in den
einheitlichen Organen concentrirt. Die Vereinigung Norwegens
mit dem Königreich Dänemark durch das Reichsgesetz von
1536, die Einigung von Castilien und Aragon, wenn auch
nicht sofort von Anfang an, 1474, so doch unter den öster-
reichischen Fürsten, ganz vorzüglich aber die österreichische
Monarchie nach dem Grundgesetze von 1849 und der Februar-
verfassung von 1861 sind Beispiele solcher Realunion.

Die neue Verfassung von Oesterreich-Ungarn vom Jahr
1867 nähert sich in dem Dualismus der beiden Hauptstaten
Oesterreich und Ungarn den Formen der Personalunion, hat
aber in den Instituten der gemeinsamen Ministerien des
Aeuszern, des Reichsheers und der Reichsfinanzen, sowie in
der gemeinsamen Delegation der zwei repräsentativen Körper
der beiden Hauptstaten, Anfänge und Ansatz zur Realunion.
Diese Hauptstaten sind in sich selber anfänglich als Personal-
union entstanden, aber nun als Realunionen ausgebildet.

6. Die volle Union endlich löst die Besonderheit der
unirten Staten auf, und bildet nicht einen aus mehreren Staten
zusammengesetzten, sondern einen einfachen Stat.

Die Vereinigung der beiden ursprünglich durch blosze
Personalunion verbundenen Königreiche England und Schott-
land zu dem Gesammtkönigreich Groszbritannien vom Jahr
1707, und die spätere Union zwischen Groszbritannien und
Irland von 1800 haben diesen Charakter einer vollen Union,
indem die particularen Parlamente aufgehoben und für das
ganze Reich ein gemeinsames einheitliches Parlament ange-

zufällige, diese die grundgesetzliche Einigung der Statsgewalt
über zwei oder mehrere Staten in Einer Person. Die Verbindung von
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[313/0331] Drittes Capitel. A. Geschichtliche Entstehungsformen. II. Secundäre. Zwar verträgt sie sich mit einer relativen Selbständigkeit der unirten Staten, denen innerhalb gewisser Schranken eine particuläre Gesetzgebung und Regierung vergönnt werden mag, aber der Gesammtstat ist in ihr doch einheitlich organisirt, und die höchsten gemeinsamen Statsinteressen sind in den einheitlichen Organen concentrirt. Die Vereinigung Norwegens mit dem Königreich Dänemark durch das Reichsgesetz von 1536, die Einigung von Castilien und Aragon, wenn auch nicht sofort von Anfang an, 1474, so doch unter den öster- reichischen Fürsten, ganz vorzüglich aber die österreichische Monarchie nach dem Grundgesetze von 1849 und der Februar- verfassung von 1861 sind Beispiele solcher Realunion. Die neue Verfassung von Oesterreich-Ungarn vom Jahr 1867 nähert sich in dem Dualismus der beiden Hauptstaten Oesterreich und Ungarn den Formen der Personalunion, hat aber in den Instituten der gemeinsamen Ministerien des Aeuszern, des Reichsheers und der Reichsfinanzen, sowie in der gemeinsamen Delegation der zwei repräsentativen Körper der beiden Hauptstaten, Anfänge und Ansatz zur Realunion. Diese Hauptstaten sind in sich selber anfänglich als Personal- union entstanden, aber nun als Realunionen ausgebildet. 6. Die volle Union endlich löst die Besonderheit der unirten Staten auf, und bildet nicht einen aus mehreren Staten zusammengesetzten, sondern einen einfachen Stat. Die Vereinigung der beiden ursprünglich durch blosze Personalunion verbundenen Königreiche England und Schott- land zu dem Gesammtkönigreich Groszbritannien vom Jahr 1707, und die spätere Union zwischen Groszbritannien und Irland von 1800 haben diesen Charakter einer vollen Union, indem die particularen Parlamente aufgehoben und für das ganze Reich ein gemeinsames einheitliches Parlament ange- 2 2 zufällige, diese die grundgesetzliche Einigung der Statsgewalt über zwei oder mehrere Staten in Einer Person. Die Verbindung von Schweden und Norwegen ercheint ihm dann bereits als Realunion.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/331>, abgerufen am 22.11.2024.