Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats in der äuszeren Natur. Das Land.
Erstes Capitel. I. Das Klima.
Im Gegensatze zu der gesammten Thierwelt besitzt der Mensch die Fähigkeit, überall auf der Erde zu wohnen. Er hat eine gröszere Widerstandskraft in seiner Natur gegen die Einwirkung der Atmosphäre und eine reichere Fülle von Mitteln zur Verfügung, um den Gefahren zu begegnen, wo- mit das Klima das mikrokosmische Leben bedroht. Er kann in allen Zonen seine Eigenart behaupten.
Aber die tellurischen Gegensätze von Wärme und Kälte, Tag und Nacht wirken doch auf seinen Körper und Geist ein. Die Bedingungen seines Lebens sind verschieden, je nach dem er näher dem Aequator oder näher den Polen lebt. Wenn auch der Einzelne sich wenig verändert, indem er den Süden oder den Norden bereist, und sich eine Zeit lang auf einem verschiedenen Breitegrad aufhält; die Massen empfinden den Einflusz des Klimas doch stark genug und mit der Zeit, in den folgenden Generationen wird derselbe so mächtig, dasz er ihren Charakter fast noch mehr ändert, als ihre leibliche
Drittes Buch. Die Grundlagen des Stats in der äuszeren Natur. Das Land.
Erstes Capitel. I. Das Klima.
Im Gegensatze zu der gesammten Thierwelt besitzt der Mensch die Fähigkeit, überall auf der Erde zu wohnen. Er hat eine gröszere Widerstandskraft in seiner Natur gegen die Einwirkung der Atmosphäre und eine reichere Fülle von Mitteln zur Verfügung, um den Gefahren zu begegnen, wo- mit das Klima das mikrokosmische Leben bedroht. Er kann in allen Zonen seine Eigenart behaupten.
Aber die tellurischen Gegensätze von Wärme und Kälte, Tag und Nacht wirken doch auf seinen Körper und Geist ein. Die Bedingungen seines Lebens sind verschieden, je nach dem er näher dem Aequator oder näher den Polen lebt. Wenn auch der Einzelne sich wenig verändert, indem er den Süden oder den Norden bereist, und sich eine Zeit lang auf einem verschiedenen Breitegrad aufhält; die Massen empfinden den Einflusz des Klimas doch stark genug und mit der Zeit, in den folgenden Generationen wird derselbe so mächtig, dasz er ihren Charakter fast noch mehr ändert, als ihre leibliche
<TEI><text><body><pbfacs="#f0272"n="[254]"/><divn="1"><head>Drittes Buch.<lb/>
Die Grundlagen des Stats in der äuszeren Natur.<lb/>
Das Land.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>Erstes Capitel.<lb/><hirendition="#b">I. Das Klima.</hi></head><lb/><p>Im Gegensatze zu der gesammten Thierwelt besitzt der<lb/>
Mensch die Fähigkeit, überall auf der Erde zu wohnen. Er<lb/>
hat eine gröszere Widerstandskraft in seiner Natur gegen die<lb/>
Einwirkung der Atmosphäre und eine reichere Fülle von<lb/>
Mitteln zur Verfügung, um den Gefahren zu begegnen, wo-<lb/>
mit das Klima das mikrokosmische Leben bedroht. Er kann<lb/>
in allen Zonen seine Eigenart behaupten.</p><lb/><p>Aber die tellurischen Gegensätze von Wärme und Kälte,<lb/>
Tag und Nacht wirken doch auf seinen Körper und Geist ein.<lb/>
Die Bedingungen seines Lebens sind verschieden, je nach<lb/>
dem er näher dem Aequator oder näher den Polen lebt.<lb/>
Wenn auch der Einzelne sich wenig verändert, indem er den<lb/>
Süden oder den Norden bereist, und sich eine Zeit lang auf<lb/>
einem verschiedenen Breitegrad aufhält; die Massen empfinden<lb/>
den Einflusz des Klimas doch stark genug und mit der Zeit,<lb/>
in den folgenden Generationen wird derselbe so mächtig, dasz<lb/>
er ihren Charakter fast noch mehr ändert, als ihre leibliche<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[254]/0272]
Drittes Buch.
Die Grundlagen des Stats in der äuszeren Natur.
Das Land.
Erstes Capitel.
I. Das Klima.
Im Gegensatze zu der gesammten Thierwelt besitzt der
Mensch die Fähigkeit, überall auf der Erde zu wohnen. Er
hat eine gröszere Widerstandskraft in seiner Natur gegen die
Einwirkung der Atmosphäre und eine reichere Fülle von
Mitteln zur Verfügung, um den Gefahren zu begegnen, wo-
mit das Klima das mikrokosmische Leben bedroht. Er kann
in allen Zonen seine Eigenart behaupten.
Aber die tellurischen Gegensätze von Wärme und Kälte,
Tag und Nacht wirken doch auf seinen Körper und Geist ein.
Die Bedingungen seines Lebens sind verschieden, je nach
dem er näher dem Aequator oder näher den Polen lebt.
Wenn auch der Einzelne sich wenig verändert, indem er den
Süden oder den Norden bereist, und sich eine Zeit lang auf
einem verschiedenen Breitegrad aufhält; die Massen empfinden
den Einflusz des Klimas doch stark genug und mit der Zeit,
in den folgenden Generationen wird derselbe so mächtig, dasz
er ihren Charakter fast noch mehr ändert, als ihre leibliche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. [254]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/272>, abgerufen am 06.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.