Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

stimmten einmahl festgesetzten Sinn der deut-
schen Worte - zu verkehren! Denn, wie
Herr Hofr. Lichtenberg bey einem ähnlichen
Anlaß sich ausdrückt:

"Hypothesen zu machen, und sie als seine
"Stimme der Welt vorzulegen, darf nie-
"mand gewehrt seyn, sie gehören dem
"Verfasser. Aber die Sprache gehört
"der Nation, und mit dieser darf man
"nicht umspringen wie man will."

Die gleiche schuldige Achtung gegen dieses
der Nation gehörige Eigenthum, habe ich
auch bey den deutschen Nahmen der Natu-
ralien beobachtet, und mich daher immer der
allgemein angenommenen und allgemein ver-
ständlichen, nicht aber etwa der Solöcismen
einer einzelnen Provinz bedient. Darum
brauche ich z. B. nicht das hier zu Lande
gewöhnliche Wort Molle, sondern das all-
gemein angenommene Molch: eben so nicht
das im Erzgebirge gebräuchliche Wort Ko-
belt, sondern das längst allgemein adoptirte
und selbst in andere lebende und todte Spra-
chen aufgenommene Kobalt u. s. w.

Anders ist der Fall mit den in der Na-
turbeschreibung von unsern neuen Systema-
tikern zur Bezeichnung der Geschlechter und

stimmten einmahl festgesetzten Sinn der deut-
schen Worte – zu verkehren! Denn, wie
Herr Hofr. Lichtenberg bey einem ähnlichen
Anlaß sich ausdrückt:

„Hypothesen zu machen, und sie als seine
„Stimme der Welt vorzulegen, darf nie-
„mand gewehrt seyn, sie gehören dem
„Verfasser. Aber die Sprache gehört
„der Nation, und mit dieser darf man
„nicht umspringen wie man will.“

Die gleiche schuldige Achtung gegen dieses
der Nation gehörige Eigenthum, habe ich
auch bey den deutschen Nahmen der Natu-
ralien beobachtet, und mich daher immer der
allgemein angenommenen und allgemein ver-
ständlichen, nicht aber etwa der Solöcismen
einer einzelnen Provinz bedient. Darum
brauche ich z. B. nicht das hier zu Lande
gewöhnliche Wort Molle, sondern das all-
gemein angenommene Molch: eben so nicht
das im Erzgebirge gebräuchliche Wort Ko-
belt, sondern das längst allgemein adoptirte
und selbst in andere lebende und todte Spra-
chen aufgenommene Kobalt u. s. w.

Anders ist der Fall mit den in der Na-
turbeschreibung von unsern neuen Systema-
tikern zur Bezeichnung der Geschlechter und

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000026">
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <p><pb facs="#f0015" xml:id="pbXI_0001" n="XI"/>
stimmten einmahl festgesetzten Sinn der deut-<lb/>
schen Worte &#x2013; zu verkehren! Denn, wie<lb/>
Herr Hofr. Lichtenberg bey einem ähnlichen<lb/>
Anlaß sich ausdrückt:</p>
        <p rendition="#l1em">&#x201E;Hypothesen zu machen, und sie als seine<lb/>
&#x201E;Stimme der Welt vorzulegen, darf nie-<lb/>
&#x201E;mand gewehrt seyn, sie gehören dem<lb/>
&#x201E;Verfasser. Aber <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">die Sprache</hi></hi> gehört<lb/>
&#x201E;der <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Nation</hi></hi>, und mit dieser darf man<lb/>
&#x201E;nicht umspringen wie man will.&#x201C;</p>
        <p>Die gleiche schuldige Achtung gegen dieses<lb/>
der Nation gehörige Eigenthum, habe ich<lb/>
auch bey den deutschen Nahmen der Natu-<lb/>
ralien beobachtet, und mich daher immer der<lb/>
allgemein angenommenen und allgemein ver-<lb/>
ständlichen, nicht aber etwa der Solöcismen<lb/>
einer einzelnen Provinz bedient. Darum<lb/>
brauche ich z. B. nicht das hier zu Lande<lb/>
gewöhnliche Wort Molle, sondern das all-<lb/>
gemein angenommene Molch: eben so nicht<lb/>
das im Erzgebirge gebräuchliche Wort Ko-<lb/>
belt, sondern das längst allgemein adoptirte<lb/>
und selbst in andere lebende und todte Spra-<lb/>
chen aufgenommene Kobalt u. s. w.</p>
        <p>Anders ist der Fall mit den in der Na-<lb/>
turbeschreibung von unsern neuen Systema-<lb/>
tikern zur Bezeichnung der Geschlechter und<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XI/0015] stimmten einmahl festgesetzten Sinn der deut- schen Worte – zu verkehren! Denn, wie Herr Hofr. Lichtenberg bey einem ähnlichen Anlaß sich ausdrückt: „Hypothesen zu machen, und sie als seine „Stimme der Welt vorzulegen, darf nie- „mand gewehrt seyn, sie gehören dem „Verfasser. Aber die Sprache gehört „der Nation, und mit dieser darf man „nicht umspringen wie man will.“ Die gleiche schuldige Achtung gegen dieses der Nation gehörige Eigenthum, habe ich auch bey den deutschen Nahmen der Natu- ralien beobachtet, und mich daher immer der allgemein angenommenen und allgemein ver- ständlichen, nicht aber etwa der Solöcismen einer einzelnen Provinz bedient. Darum brauche ich z. B. nicht das hier zu Lande gewöhnliche Wort Molle, sondern das all- gemein angenommene Molch: eben so nicht das im Erzgebirge gebräuchliche Wort Ko- belt, sondern das längst allgemein adoptirte und selbst in andere lebende und todte Spra- chen aufgenommene Kobalt u. s. w. Anders ist der Fall mit den in der Na- turbeschreibung von unsern neuen Systema- tikern zur Bezeichnung der Geschlechter und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/15
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/15>, abgerufen am 23.11.2024.