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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

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Ein Blatt von I. E. Ridinger, 1748.

Das Nashorn hat einerley Vaterland mit dem
Elephanten, änelt ihm auch in seiner Nahrung
und Lebensart, ist aber ein unendlich dümmeres
Geschöpf, was weder durch gelinde Behandlung,
noch durch Zwang, zu irgend einer von den
mannichfaltigen, eben so nutzbaren als künstli-
chen Handlungen des Elephanten abgerichtet
werden kan. Es ist ein ziemlich phlegmatisches
Thier, was ungereizt nicht leicht Menschen an,
fallen wird, aber in der Wuth, zumal wenns
verwundet worden, fürchterlichen Gebrauch von
seinem Hörne zu machen weis. Am Ende der
Oberlippe hat das Nashorn einen spitzigen schna-
belförmigen sehr beweglichen Haaken, dessen es
sich zum Anfassen und Aufheben kleiner Dinge
doch ganz geschickt bedient. Sein Fell ist ge-
faltet, harsch, runzlicht, und das sonderbare
Ansehen, das es dadurch erhält, ist in den Zeich-
nungen der ältern Maler, selbst in Dürers
seiner noch übertrieben, und das ganze Thier
wie mit Schilden behängt, vorgestellt worden.
Das Hörn sitzt bey ihm nicht wie andre Thier-
hörner am Knochen fest, sondern ist blos mit
der Haut verwachsen. Die Stimme des Thiers
gleicht dem Grunzen eines Schweins. Daß es
mit dem Elephanten im ewigen Streit lebe, ist
ein irriges Vorgeben; es ist viel zu ohnmächtig
dazu, und flieht vor ihm. Man hat auch Rhi-
nocer mit zwey Hörnern, deren schon die Alten
gedenken, und die sie auch auf Münzen*) vor,

*) Auf zwey Münzen von Domitianus, in klein Erzt,
die auch Hr-Prof. Camper auf seinen noch nicht be-
kanntgemachten Tafeln zur Gesch. des zweyhörnigen
Rhinocers Tab. II. fig. IV. V. abgebildet hat.

Ein Blatt von I. E. Ridinger, 1748.

Das Nashorn hat einerley Vaterland mit dem
Elephanten, änelt ihm auch in seiner Nahrung
und Lebensart, ist aber ein unendlich dümmeres
Geschöpf, was weder durch gelinde Behandlung,
noch durch Zwang, zu irgend einer von den
mannichfaltigen, eben so nutzbaren als künstli-
chen Handlungen des Elephanten abgerichtet
werden kan. Es ist ein ziemlich phlegmatisches
Thier, was ungereizt nicht leicht Menschen an,
fallen wird, aber in der Wuth, zumal wenns
verwundet worden, fürchterlichen Gebrauch von
seinem Hörne zu machen weis. Am Ende der
Oberlippe hat das Nashorn einen spitzigen schna-
belförmigen sehr beweglichen Haaken, dessen es
sich zum Anfassen und Aufheben kleiner Dinge
doch ganz geschickt bedient. Sein Fell ist ge-
faltet, harsch, runzlicht, und das sonderbare
Ansehen, das es dadurch erhält, ist in den Zeich-
nungen der ältern Maler, selbst in Dürers
seiner noch übertrieben, und das ganze Thier
wie mit Schilden behängt, vorgestellt worden.
Das Hörn sitzt bey ihm nicht wie andre Thier-
hörner am Knochen fest, sondern ist blos mit
der Haut verwachsen. Die Stimme des Thiers
gleicht dem Grunzen eines Schweins. Daß es
mit dem Elephanten im ewigen Streit lebe, ist
ein irriges Vorgeben; es ist viel zu ohnmächtig
dazu, und flieht vor ihm. Man hat auch Rhi-
nocer mit zwey Hörnern, deren schon die Alten
gedenken, und die sie auch auf Münzen*) vor,

*) Auf zwey Münzen von Domitianus, in klein Erzt,
die auch Hr-Prof. Camper auf seinen noch nicht be-
kanntgemachten Tafeln zur Gesch. des zweyhörnigen
Rhinocers Tab. II. fig. IV. V. abgebildet hat.
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[134/0146] Ein Blatt von I. E. Ridinger, 1748. Das Nashorn hat einerley Vaterland mit dem Elephanten, änelt ihm auch in seiner Nahrung und Lebensart, ist aber ein unendlich dümmeres Geschöpf, was weder durch gelinde Behandlung, noch durch Zwang, zu irgend einer von den mannichfaltigen, eben so nutzbaren als künstli- chen Handlungen des Elephanten abgerichtet werden kan. Es ist ein ziemlich phlegmatisches Thier, was ungereizt nicht leicht Menschen an, fallen wird, aber in der Wuth, zumal wenns verwundet worden, fürchterlichen Gebrauch von seinem Hörne zu machen weis. Am Ende der Oberlippe hat das Nashorn einen spitzigen schna- belförmigen sehr beweglichen Haaken, dessen es sich zum Anfassen und Aufheben kleiner Dinge doch ganz geschickt bedient. Sein Fell ist ge- faltet, harsch, runzlicht, und das sonderbare Ansehen, das es dadurch erhält, ist in den Zeich- nungen der ältern Maler, selbst in Dürers seiner noch übertrieben, und das ganze Thier wie mit Schilden behängt, vorgestellt worden. Das Hörn sitzt bey ihm nicht wie andre Thier- hörner am Knochen fest, sondern ist blos mit der Haut verwachsen. Die Stimme des Thiers gleicht dem Grunzen eines Schweins. Daß es mit dem Elephanten im ewigen Streit lebe, ist ein irriges Vorgeben; es ist viel zu ohnmächtig dazu, und flieht vor ihm. Man hat auch Rhi- nocer mit zwey Hörnern, deren schon die Alten gedenken, und die sie auch auf Münzen *) vor, *) Auf zwey Münzen von Domitianus, in klein Erzt, die auch Hr-Prof. Camper auf seinen noch nicht be- kanntgemachten Tafeln zur Gesch. des zweyhörnigen Rhinocers Tab. II. fig. IV. V. abgebildet hat.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/146>, abgerufen am 27.11.2024.