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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782.

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3. Tarandus. Das Rennthier. C. cornibus
longis, simplicibus, teretibus, summitati-
bus subpalmatis.
*

Das Rennthier ist in der ganzen nordlichen
Erde zu Hause, hält sich den Sommer durch im
Gebürge und Wald, im Winter hingegen mehr
in Ebnen auf; kan aber in wärmern Gegenden
nicht ausdauern. Es giebt wenig Geschöpfe
in der Natur, die so wie das Rennthier, fast
alle Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen
im Stande wären, und doch sind es blos die
Lappländer, die die Vortheile dieser Thiere in
ihrem ganzen Umfange zu benutzen verstehn.
Sie nähren sich von ihrem Fleisch und Milch,
kleiden sich in ihre Felle, und beziehn ihre Schlit-
ten und Zelte damit; brauchen sie zum Lasitra-
gen und zum Zug, verfertigen allerhand Ge-
räthe aus ihren Hörnern, Nadeln aus ihren
Knochen, Faden aus ihren Sehnen, und Beu-
tel und Flaschen aus ihrer Harnblase. Die
Rennthierbutter ist unschmackhaft, der Käse
aber desto delikater. Das Rennthier ist bey
allem dem überaus wohlfeil zu ernähren; es
lebt von dürrem Laub, und vorzüglich von
Rennthier-Moos, das es unter dem Schnee
hervorscharrt.

4. +. Elaphus. Der Hirsch. C. cornibus ra-
mosis totis, teretibus recurvatis apicibus
multifidis.
*

Ein überaus prächtiges schön gebautes schlan-
kes Thier, was seiner vielfachen Nutzbarkeit we-
gen sowohl, als wegen des Vergnügens was seine
Jagd gewährt, allerdings unter die wichtigsten
Thiere der gemäsigten nördlichen Himmelsstriche
zu zälen ist. Der Hirsch schlägt sich im Frühjahr
sein Geweihe ab, das sich nachher wieder reprodu-

3. Tarandus. Das Rennthier. C. cornibus
longis, simplicibus, teretibus, summitati-
bus subpalmatis.
*

Das Rennthier ist in der ganzen nordlichen
Erde zu Hause, hält sich den Sommer durch im
Gebürge und Wald, im Winter hingegen mehr
in Ebnen auf; kan aber in wärmern Gegenden
nicht ausdauern. Es giebt wenig Geschöpfe
in der Natur, die so wie das Rennthier, fast
alle Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen
im Stande wären, und doch sind es blos die
Lappländer, die die Vortheile dieser Thiere in
ihrem ganzen Umfange zu benutzen verstehn.
Sie nähren sich von ihrem Fleisch und Milch,
kleiden sich in ihre Felle, und beziehn ihre Schlit-
ten und Zelte damit; brauchen sie zum Lasitra-
gen und zum Zug, verfertigen allerhand Ge-
räthe aus ihren Hörnern, Nadeln aus ihren
Knochen, Faden aus ihren Sehnen, und Beu-
tel und Flaschen aus ihrer Harnblase. Die
Rennthierbutter ist unschmackhaft, der Käse
aber desto delikater. Das Rennthier ist bey
allem dem überaus wohlfeil zu ernähren; es
lebt von dürrem Laub, und vorzüglich von
Rennthier-Moos, das es unter dem Schnee
hervorscharrt.

4. †. Elaphus. Der Hirsch. C. cornibus ra-
mosis totis, teretibus recurvatis apicibus
multifidis.
*

Ein überaus prächtiges schön gebautes schlan-
kes Thier, was seiner vielfachen Nutzbarkeit we-
gen sowohl, als wegen des Vergnügens was seine
Jagd gewährt, allerdings unter die wichtigsten
Thiere der gemäsigten nördlichen Himmelsstriche
zu zälen ist. Der Hirsch schlägt sich im Frühjahr
sein Geweihe ab, das sich nachher wieder reprodu-

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[123/0135] 3. Tarandus. Das Rennthier. C. cornibus longis, simplicibus, teretibus, summitati- bus subpalmatis. * Das Rennthier ist in der ganzen nordlichen Erde zu Hause, hält sich den Sommer durch im Gebürge und Wald, im Winter hingegen mehr in Ebnen auf; kan aber in wärmern Gegenden nicht ausdauern. Es giebt wenig Geschöpfe in der Natur, die so wie das Rennthier, fast alle Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen im Stande wären, und doch sind es blos die Lappländer, die die Vortheile dieser Thiere in ihrem ganzen Umfange zu benutzen verstehn. Sie nähren sich von ihrem Fleisch und Milch, kleiden sich in ihre Felle, und beziehn ihre Schlit- ten und Zelte damit; brauchen sie zum Lasitra- gen und zum Zug, verfertigen allerhand Ge- räthe aus ihren Hörnern, Nadeln aus ihren Knochen, Faden aus ihren Sehnen, und Beu- tel und Flaschen aus ihrer Harnblase. Die Rennthierbutter ist unschmackhaft, der Käse aber desto delikater. Das Rennthier ist bey allem dem überaus wohlfeil zu ernähren; es lebt von dürrem Laub, und vorzüglich von Rennthier-Moos, das es unter dem Schnee hervorscharrt. 4. †. Elaphus. Der Hirsch. C. cornibus ra- mosis totis, teretibus recurvatis apicibus multifidis. * Ein überaus prächtiges schön gebautes schlan- kes Thier, was seiner vielfachen Nutzbarkeit we- gen sowohl, als wegen des Vergnügens was seine Jagd gewährt, allerdings unter die wichtigsten Thiere der gemäsigten nördlichen Himmelsstriche zu zälen ist. Der Hirsch schlägt sich im Frühjahr sein Geweihe ab, das sich nachher wieder reprodu-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 2. Aufl. Göttingen, 1782, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1782/135>, abgerufen am 19.05.2024.