in ihre Nester, die Fledermäuse in Hölen, die Frösche und einige Fische in Sümpfe, die Ufer- schwalben ins Schilf, die Schlangen und Schne- cken ins Gebüsch u. s. w. und fallen mit einbre- chender Kälte in eine Art von Erstarrung, aus der sie erst durch die erwärmenden Blicke der Frühlingssonne wieder erweckt werden. Diese Erstarrung ist so stark, daß die warmblütigen Thiere wärend dieses Todtenschlafs nur unmerk- liche Wärme übrig behalten, und daß die Pup- pen vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre Ver- wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro- ren sind, daß sie, dem Leben des drin schlafenden Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder Glas klingen, wenn man sie aus die Erde fallen läßt. Der Winterschlaf ist bey einerley Thieren, nach Verschiedenheit des Clima, oder der Witterung bald länger bald kürzer. Der Bär durchschläft in Nördlichen Zonen 5 Monate, in Deutschland nur so viele Wochen. In harten Wintern liegt das Murmelthiere lange und tief in seiner Höle unter der Erde verborgen, in gelinden Wintern machts kein so tiefes Nest und kommt im Früh- jahr zeitiger wieder zum Vorschein. Manche Thiere erwachen auch wol wärend ihres Win- terschlafs bey warmen Tagen zuweilen auf kur- ze Zeit, und fallen beym folgenden Frost wieder in ihre vorige Erstarrung. So ist eine Haselmaus in einem rauhen September einigemal unter unsern Augen erwacht, hat schlaftrunken etwa
in ihre Nester, die Fledermäuse in Hölen, die Frösche und einige Fische in Sümpfe, die Ufer- schwalben ins Schilf, die Schlangen und Schne- cken ins Gebüsch u. s. w. und fallen mit einbre- chender Kälte in eine Art von Erstarrung, aus der sie erst durch die erwärmenden Blicke der Frühlingssonne wieder erweckt werden. Diese Erstarrung ist so stark, daß die warmblütigen Thiere wärend dieses Todtenschlafs nur unmerk- liche Wärme übrig behalten, und daß die Pup- pen vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre Ver- wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro- ren sind, daß sie, dem Leben des drin schlafenden Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder Glas klingen, wenn man sie aus die Erde fallen läßt. Der Winterschlaf ist bey einerley Thieren, nach Verschiedenheit des Clima, oder der Witterung bald länger bald kürzer. Der Bär durchschläft in Nördlichen Zonen 5 Monate, in Deutschland nur so viele Wochen. In harten Wintern liegt das Murmelthiere lange und tief in seiner Höle unter der Erde verborgen, in gelinden Wintern machts kein so tiefes Nest und kommt im Früh- jahr zeitiger wieder zum Vorschein. Manche Thiere erwachen auch wol wärend ihres Win- terschlafs bey warmen Tagen zuweilen auf kur- ze Zeit, und fallen beym folgenden Frost wieder in ihre vorige Erstarrung. So ist eine Haselmaus in einem rauhen September einigemal unter unsern Augen erwacht, hat schlaftrunken etwa
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in ihre Nester, die Fledermäuse in Hölen, die
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der sie erst durch die erwärmenden Blicke der
Frühlingssonne wieder erweckt werden. Diese
Erstarrung ist so stark, daß die warmblütigen
Thiere wärend dieses Todtenschlafs nur unmerk-
liche Wärme übrig behalten, und daß die Pup-
pen vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre Ver-
wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro-
ren sind, daß sie, dem Leben des drin schlafenden
Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder Glas
klingen, wenn man sie aus die Erde fallen läßt.
Der Winterschlaf ist bey einerley Thieren, nach
Verschiedenheit des Clima, oder der Witterung
bald länger bald kürzer. Der Bär durchschläft in
Nördlichen Zonen 5 Monate, in Deutschland
nur so viele Wochen. In harten Wintern liegt
das Murmelthiere lange und tief in seiner Höle
unter der Erde verborgen, in gelinden Wintern
machts kein so tiefes Nest und kommt im Früh-
jahr zeitiger wieder zum Vorschein. Manche
Thiere erwachen auch wol wärend ihres Win-
terschlafs bey warmen Tagen zuweilen auf kur-
ze Zeit, und fallen beym folgenden Frost wieder
in ihre vorige Erstarrung. So ist eine Haselmaus
in einem rauhen September einigemal unter
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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/59>, abgerufen am 23.11.2024.
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