Begriffen von wesentlich und zufällig, wor- auf doch im gegenwärtigen Fall so vieles an- kommt, aufzuheben, und eine Scheidewand zwi- schen beyden festzusetzen, vermocht hat. Nichts desto weniger wird man sich aber auch sehr leicht, und der ganzen Eintheilung unbeschadet, über den Gesichtspunkt vergleichen können, aus wel- chem man diesen oder jenen zweydeutigen Kör- per ansehen will, und nach welchem er etwa mehr Anspruch auf Natur oder auf Kunst ma- chen könnte.
§. 2.
Alle und jede natürliche Körper zeigen, in Rücksicht ihrer Entstehung, ihres Wachs- thums, und ihrer Structur, eine doppelte Verschiedenheit. Die einen nemlich sind alle- mal von andern natürlichen Körpern ihrer Art hervorgebracht; ihre Exsistenz setzt in einer un- unterbrochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung hinauf immer andere dergleichen Körper voraus, denen sie ihr Daseyn zu danken haben. Zwey- tens nehmen sie allerhand fremde Substanzen als Nahrungsmittel in ihren Körper auf, aßimili- ten sie den Bestandtheilen desselben, nnd beför- dern dadurch ihr Wachsthum von innen (in- nige Aneignung, intus susceptio). Diese bey- den Eigenschaften setzen drittens von selbst eine besondere Structur bey dieser Art von natürli- chen Körpern voraus. Sie müssen nemlich,
Begriffen von wesentlich und zufällig, wor- auf doch im gegenwärtigen Fall so vieles an- kommt, aufzuheben, und eine Scheidewand zwi- schen beyden festzusetzen, vermocht hat. Nichts desto weniger wird man sich aber auch sehr leicht, und der ganzen Eintheilung unbeschadet, über den Gesichtspunkt vergleichen können, aus wel- chem man diesen oder jenen zweydeutigen Kör- per ansehen will, und nach welchem er etwa mehr Anspruch auf Natur oder auf Kunst ma- chen könnte.
§. 2.
Alle und jede natürliche Körper zeigen, in Rücksicht ihrer Entstehung, ihres Wachs- thums, und ihrer Structur, eine doppelte Verschiedenheit. Die einen nemlich sind alle- mal von andern natürlichen Körpern ihrer Art hervorgebracht; ihre Exsistenz setzt in einer un- unterbrochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung hinauf immer andere dergleichen Körper voraus, denen sie ihr Daseyn zu danken haben. Zwey- tens nehmen sie allerhand fremde Substanzen als Nahrungsmittel in ihren Körper auf, aßimili- ten sie den Bestandtheilen desselben, nnd beför- dern dadurch ihr Wachsthum von innen (in- nige Aneignung, intus susceptio). Diese bey- den Eigenschaften setzen drittens von selbst eine besondere Structur bey dieser Art von natürli- chen Körpern voraus. Sie müssen nemlich,
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000021"><body><divn="1"><divn="2"><prendition="#no_indent"><pbfacs="#f0026"xml:id="pb004_0001"n="4"/>
Begriffen von wesentlich und zufällig, wor-<lb/>
auf doch im gegenwärtigen Fall so vieles an-<lb/>
kommt, aufzuheben, und eine Scheidewand zwi-<lb/>
schen beyden festzusetzen, vermocht hat. Nichts<lb/>
desto weniger wird man sich aber auch sehr leicht,<lb/>
und der ganzen Eintheilung unbeschadet, über<lb/>
den Gesichtspunkt vergleichen können, aus wel-<lb/>
chem man diesen oder jenen zweydeutigen Kör-<lb/>
per ansehen will, und nach welchem er etwa<lb/>
mehr Anspruch auf Natur oder auf Kunst ma-<lb/>
chen könnte.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 2.</head><lb/><p>Alle und jede natürliche Körper zeigen, in<lb/>
Rücksicht ihrer Entstehung, ihres Wachs-<lb/>
thums, und ihrer Structur, eine doppelte<lb/>
Verschiedenheit. Die einen nemlich sind alle-<lb/>
mal von andern natürlichen Körpern ihrer Art<lb/>
hervorgebracht; ihre Exsistenz setzt in einer un-<lb/>
unterbrochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung<lb/>
hinauf immer andere dergleichen Körper voraus,<lb/>
denen sie ihr Daseyn zu danken haben. Zwey-<lb/>
tens nehmen sie allerhand fremde Substanzen als<lb/>
Nahrungsmittel in ihren Körper auf, aßimili-<lb/>
ten sie den Bestandtheilen desselben, nnd beför-<lb/>
dern dadurch ihr Wachsthum von innen (in-<lb/>
nige Aneignung, <hirendition="#aq">intus susceptio</hi>). Diese bey-<lb/>
den Eigenschaften setzen drittens von selbst eine<lb/>
besondere Structur bey dieser Art von natürli-<lb/>
chen Körpern voraus. Sie müssen nemlich,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[4/0026]
Begriffen von wesentlich und zufällig, wor-
auf doch im gegenwärtigen Fall so vieles an-
kommt, aufzuheben, und eine Scheidewand zwi-
schen beyden festzusetzen, vermocht hat. Nichts
desto weniger wird man sich aber auch sehr leicht,
und der ganzen Eintheilung unbeschadet, über
den Gesichtspunkt vergleichen können, aus wel-
chem man diesen oder jenen zweydeutigen Kör-
per ansehen will, und nach welchem er etwa
mehr Anspruch auf Natur oder auf Kunst ma-
chen könnte.
§. 2.
Alle und jede natürliche Körper zeigen, in
Rücksicht ihrer Entstehung, ihres Wachs-
thums, und ihrer Structur, eine doppelte
Verschiedenheit. Die einen nemlich sind alle-
mal von andern natürlichen Körpern ihrer Art
hervorgebracht; ihre Exsistenz setzt in einer un-
unterbrochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung
hinauf immer andere dergleichen Körper voraus,
denen sie ihr Daseyn zu danken haben. Zwey-
tens nehmen sie allerhand fremde Substanzen als
Nahrungsmittel in ihren Körper auf, aßimili-
ten sie den Bestandtheilen desselben, nnd beför-
dern dadurch ihr Wachsthum von innen (in-
nige Aneignung, intus susceptio). Diese bey-
den Eigenschaften setzen drittens von selbst eine
besondere Structur bey dieser Art von natürli-
chen Körpern voraus. Sie müssen nemlich,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/26>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.