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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779.

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rem sandichtem oder thonichtem Boden. Es sin-
det sich in Oesterreich, und Böhmen, doch nur
in geringer Anzal; in größter Menge hingegen
in Ungarn, Polen und Sibirien. Es scheut das
Wasser, bleibt daher bey Regenwetter zu Hanse;
und man fängt auch diese Thiergen gar leicht, wenn
man Wasser in ihre Hölen gießt. Bey Sonnen-
schein kommen sie wie die Murmelthiere aus ihren
Löchern hervor, sitzen oft auf den Hinterfüssen,
spielen mit einander etc. Die Calmuken essen ihr
Fleisch; die Ungrischen Bauern aber streifen ihnen
das ganze Fell ab, und brauchens zum Geldbeu-
tel. Wir begreifen nicht, wie man dem Erdzei-
selgen die äussern Ohren hat absprechen, und es
von der Seite mit dem Maulwurf im Parallele
setzen dürfen. Wir unterscheiden an dem Exem-
plar, was wir vor uns haben, alle Theile des
äussern Ohrs, die Muschel mit ihren beiden Lei-
sten und Blättern; nur alles das flach an den
Kopf angedrückt, und nicht so ausgebildet als
bey Vespertilio auritus.

4. Lemmus. der Leming. M. capite acuto,
corpore nigro fulvoque irregulariter macu-
lato
.

Ol. Wormii hist. animalis, quod in Nor-
vagia quandoque e nubibus decidit. Hafn.

1653. 4. p. 19. fig. I.

Der Leming hat die kurzen Vorderfüsse des Erd-
zeiselgen, aber nicht seinen langgestreckten schmäch-
tigen Körper. Er ist in Lappland zu Hause,
frißt Rennthiermoos und junge Pflanzen, und
thut überhaupt den Gewächsen grossen Schaden.
Zuweilen emigriren ganze Legionen wie Zugheu-
schrecken von einer Gegend in die andere. Sie
gehen in dem Fall in gerader Linie, ohne Unt-

rem sandichtem oder thonichtem Boden. Es sin-
det sich in Oesterreich, und Böhmen, doch nur
in geringer Anzal; in größter Menge hingegen
in Ungarn, Polen und Sibirien. Es scheut das
Wasser, bleibt daher bey Regenwetter zu Hanse;
und man fängt auch diese Thiergen gar leicht, wenn
man Wasser in ihre Hölen gießt. Bey Sonnen-
schein kommen sie wie die Murmelthiere aus ihren
Löchern hervor, sitzen oft auf den Hinterfüssen,
spielen mit einander ꝛc. Die Calmuken essen ihr
Fleisch; die Ungrischen Bauern aber streifen ihnen
das ganze Fell ab, und brauchens zum Geldbeu-
tel. Wir begreifen nicht, wie man dem Erdzei-
selgen die äussern Ohren hat absprechen, und es
von der Seite mit dem Maulwurf im Parallele
setzen dürfen. Wir unterscheiden an dem Exem-
plar, was wir vor uns haben, alle Theile des
äussern Ohrs, die Muschel mit ihren beiden Lei-
sten und Blättern; nur alles das flach an den
Kopf angedrückt, und nicht so ausgebildet als
bey Vespertilio auritus.

4. Lemmus. der Leming. M. capite acuto,
corpore nigro fulvoque irregulariter macu-
lato
.

Ol. Wormii hist. animalis, quod in Nor-
vagia quandoque e nubibus decidit. Hafn.

1653. 4. p. 19. fig. I.

Der Leming hat die kurzen Vorderfüsse des Erd-
zeiselgen, aber nicht seinen langgestreckten schmäch-
tigen Körper. Er ist in Lappland zu Hause,
frißt Rennthiermoos und junge Pflanzen, und
thut überhaupt den Gewächsen grossen Schaden.
Zuweilen emigriren ganze Legionen wie Zugheu-
schrecken von einer Gegend in die andere. Sie
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[82/0104] rem sandichtem oder thonichtem Boden. Es sin- det sich in Oesterreich, und Böhmen, doch nur in geringer Anzal; in größter Menge hingegen in Ungarn, Polen und Sibirien. Es scheut das Wasser, bleibt daher bey Regenwetter zu Hanse; und man fängt auch diese Thiergen gar leicht, wenn man Wasser in ihre Hölen gießt. Bey Sonnen- schein kommen sie wie die Murmelthiere aus ihren Löchern hervor, sitzen oft auf den Hinterfüssen, spielen mit einander ꝛc. Die Calmuken essen ihr Fleisch; die Ungrischen Bauern aber streifen ihnen das ganze Fell ab, und brauchens zum Geldbeu- tel. Wir begreifen nicht, wie man dem Erdzei- selgen die äussern Ohren hat absprechen, und es von der Seite mit dem Maulwurf im Parallele setzen dürfen. Wir unterscheiden an dem Exem- plar, was wir vor uns haben, alle Theile des äussern Ohrs, die Muschel mit ihren beiden Lei- sten und Blättern; nur alles das flach an den Kopf angedrückt, und nicht so ausgebildet als bey Vespertilio auritus. 4. Lemmus. der Leming. M. capite acuto, corpore nigro fulvoque irregulariter macu- lato. Ol. Wormii hist. animalis, quod in Nor- vagia quandoque e nubibus decidit. Hafn. 1653. 4. p. 19. fig. I. Der Leming hat die kurzen Vorderfüsse des Erd- zeiselgen, aber nicht seinen langgestreckten schmäch- tigen Körper. Er ist in Lappland zu Hause, frißt Rennthiermoos und junge Pflanzen, und thut überhaupt den Gewächsen grossen Schaden. Zuweilen emigriren ganze Legionen wie Zugheu- schrecken von einer Gegend in die andere. Sie gehen in dem Fall in gerader Linie, ohne Unt-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/104>, abgerufen am 24.11.2024.