"weit hielt nun dieser Satz noch ziemlich die Probe. "Allein Physiologen, die weiter gingen, und diesen "Satz durch mehrere Thiergeschlechter genauer be- "stimmen wollten, kamen in nicht geringe Verle- "genheit, wenn sie fanden, daß z. B. die Vögel "in der Proportion des Gewichts ihres Gehirns, "verglichen mit dem Gewicht ihrer Körper, gar "weit den Menschen übertrafen. Auch die Delphine, "Seehunde, und noch mehr die kleinen Säugethiere "als Mäuse, Eichhörnchen u. s. w. schienen für ih- "ren kleinen Körper ein ungeheuer groß Gehirn zu "besitzen. Diese Schwierigkeit machte, daß auch "Herder drey tüchtige Ursachen hinstellt, weshalb "dies Wägen keine reinen Resultate geben kann, "welche bey ihm nachzusehen sind. S. Ideen zur Ph. der G. d. M. S. 191. Th. 1.
"Mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nutzungen "glücklicher Gelegenheiten, angestellte Vergleichung "der Gehirne aus verschiedenen Thierklassen, führ- "ten mich aber am Ende auf den sehr wichtigen, von "mir zuerst entdeckten, Hauptsatz: daß der Mensch "beym größten Gehirn die kleinsten Nerven habe; "oder daß man nur in Rücksicht der Vergleichung "des Gehirns mit seinen Nerven sagen könne, "der Mensch habe das größte Gehirn."
S. Sömmering über die körperliche Verschie- denheit des Negers vom Europäer. Der- selbe über Hirn- und Rückenmark, Maynz 1788. Desselben Nervenlehre, Frft. a. M. 1791.
Aus dieser schönen Bemerkung entspringt die Eintheilung des Herrn Hofrath Blumenbachs von
den
„weit hielt nun dieſer Satz noch ziemlich die Probe. „Allein Phyſiologen, die weiter gingen, und dieſen „Satz durch mehrere Thiergeſchlechter genauer be- „ſtimmen wollten, kamen in nicht geringe Verle- „genheit, wenn ſie fanden, daß z. B. die Voͤgel „in der Proportion des Gewichts ihres Gehirns, „verglichen mit dem Gewicht ihrer Koͤrper, gar „weit den Menſchen uͤbertrafen. Auch die Delphine, „Seehunde, und noch mehr die kleinen Saͤugethiere „als Maͤuſe, Eichhoͤrnchen u. ſ. w. ſchienen fuͤr ih- „ren kleinen Koͤrper ein ungeheuer groß Gehirn zu „beſitzen. Dieſe Schwierigkeit machte, daß auch „Herder drey tuͤchtige Urſachen hinſtellt, weshalb „dies Waͤgen keine reinen Reſultate geben kann, „welche bey ihm nachzuſehen ſind. S. Ideen zur Ph. der G. d. M. S. 191. Th. 1.
„Mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nutzungen „gluͤcklicher Gelegenheiten, angeſtellte Vergleichung „der Gehirne aus verſchiedenen Thierklaſſen, fuͤhr- „ten mich aber am Ende auf den ſehr wichtigen, von „mir zuerſt entdeckten, Hauptſatz: daß der Menſch „beym groͤßten Gehirn die kleinſten Nerven habe; „oder daß man nur in Ruͤckſicht der Vergleichung „des Gehirns mit ſeinen Nerven ſagen koͤnne, „der Menſch habe das groͤßte Gehirn.“
S. Soͤmmering uͤber die koͤrperliche Verſchie- denheit des Negers vom Europaͤer. Der- ſelbe uͤber Hirn- und Ruͤckenmark, Maynz 1788. Deſſelben Nervenlehre, Frft. a. M. 1791.
Aus dieſer ſchoͤnen Bemerkung entſpringt die Eintheilung des Herrn Hofrath Blumenbachs von
den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0283"n="249"/>„weit hielt nun dieſer Satz noch ziemlich die Probe.<lb/>„Allein Phyſiologen, die weiter gingen, und dieſen<lb/>„Satz durch mehrere Thiergeſchlechter genauer be-<lb/>„ſtimmen wollten, kamen in nicht geringe Verle-<lb/>„genheit, wenn ſie fanden, daß z. B. die Voͤgel<lb/>„in der Proportion des Gewichts ihres Gehirns,<lb/>„verglichen mit dem Gewicht ihrer Koͤrper, gar<lb/>„weit den Menſchen uͤbertrafen. Auch die Delphine,<lb/>„Seehunde, und noch mehr die kleinen Saͤugethiere<lb/>„als Maͤuſe, Eichhoͤrnchen u. ſ. w. ſchienen fuͤr ih-<lb/>„ren kleinen Koͤrper ein ungeheuer groß Gehirn zu<lb/>„beſitzen. Dieſe Schwierigkeit machte, daß auch<lb/>„Herder drey tuͤchtige Urſachen hinſtellt, weshalb<lb/>„dies Waͤgen keine reinen Reſultate geben kann,<lb/>„welche bey ihm nachzuſehen ſind. S. Ideen zur<lb/>
Ph. der G. d. M. S. 191. Th. 1.</p><lb/><p>„Mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nutzungen<lb/>„gluͤcklicher Gelegenheiten, angeſtellte Vergleichung<lb/>„der Gehirne aus verſchiedenen Thierklaſſen, fuͤhr-<lb/>„ten mich aber am Ende auf den ſehr wichtigen, von<lb/>„mir zuerſt entdeckten, Hauptſatz: daß der Menſch<lb/>„beym groͤßten Gehirn die kleinſten Nerven habe;<lb/>„oder daß man nur in Ruͤckſicht der Vergleichung<lb/>„des Gehirns mit ſeinen Nerven ſagen koͤnne,<lb/>„der Menſch habe das groͤßte Gehirn.“</p><lb/><list><item>S. Soͤmmering <hirendition="#g">uͤber die koͤrperliche Verſchie-<lb/>
denheit des Negers vom Europaͤer</hi>. Der-<lb/>ſelbe <hirendition="#g">uͤber Hirn- und Ruͤckenmark</hi>, Maynz<lb/>
1788. Deſſelben <hirendition="#g">Nervenlehre</hi>, Frft. a. M. 1791.</item></list><lb/><p>Aus dieſer ſchoͤnen Bemerkung entſpringt die<lb/>
Eintheilung des Herrn Hofrath Blumenbachs von<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[249/0283]
„weit hielt nun dieſer Satz noch ziemlich die Probe.
„Allein Phyſiologen, die weiter gingen, und dieſen
„Satz durch mehrere Thiergeſchlechter genauer be-
„ſtimmen wollten, kamen in nicht geringe Verle-
„genheit, wenn ſie fanden, daß z. B. die Voͤgel
„in der Proportion des Gewichts ihres Gehirns,
„verglichen mit dem Gewicht ihrer Koͤrper, gar
„weit den Menſchen uͤbertrafen. Auch die Delphine,
„Seehunde, und noch mehr die kleinen Saͤugethiere
„als Maͤuſe, Eichhoͤrnchen u. ſ. w. ſchienen fuͤr ih-
„ren kleinen Koͤrper ein ungeheuer groß Gehirn zu
„beſitzen. Dieſe Schwierigkeit machte, daß auch
„Herder drey tuͤchtige Urſachen hinſtellt, weshalb
„dies Waͤgen keine reinen Reſultate geben kann,
„welche bey ihm nachzuſehen ſind. S. Ideen zur
Ph. der G. d. M. S. 191. Th. 1.
„Mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nutzungen
„gluͤcklicher Gelegenheiten, angeſtellte Vergleichung
„der Gehirne aus verſchiedenen Thierklaſſen, fuͤhr-
„ten mich aber am Ende auf den ſehr wichtigen, von
„mir zuerſt entdeckten, Hauptſatz: daß der Menſch
„beym groͤßten Gehirn die kleinſten Nerven habe;
„oder daß man nur in Ruͤckſicht der Vergleichung
„des Gehirns mit ſeinen Nerven ſagen koͤnne,
„der Menſch habe das groͤßte Gehirn.“
S. Soͤmmering uͤber die koͤrperliche Verſchie-
denheit des Negers vom Europaͤer. Der-
ſelbe uͤber Hirn- und Ruͤckenmark, Maynz
1788. Deſſelben Nervenlehre, Frft. a. M. 1791.
Aus dieſer ſchoͤnen Bemerkung entſpringt die
Eintheilung des Herrn Hofrath Blumenbachs von
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/283>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.