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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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bey den Affen; selbst bey einigen der Menschenähn-
lichsten.

Bl.

Die beyden Gelenkknöpfe (condyli) sind ein
Paar rundliche aber flachgedruckte Köpfe, die auf
einem engern Halse aufstehen, und in die Breite
von aussen nach innen und zugleich in etwas nach
hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher Li-
nie neben einander, sondern von vorn nach hinten
stumpf convergirend laufen. Mittelst des processus
condyloideus
ist der ganze Unterkiefer mit dem
Schädel eingelenkt. Von der verschiedenen Bildung
der condylorum bey den Thieren hängt die eben so
verschiedene Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Bey
rundlichen Knöpfen bewegt er sich wie in einer Nuß
(arthrodia) und folglich ist ihm eine vielseitige Be-
wegung gestattet. Sehr breit in die Quere laufende
hingegen bilden gleichsam ein Gewinde (charniere,
ginglymus), und haben mithin eine weit einge-
schränktere, bestimmtere, einseitigere Einlenkung.
Jenes ist der Fall bey vielen Gras fressenden Thie-
ren, besonders beym Elephanten u. a. dieses hin-
gegen bey den Raubthieren; auch bey dem Marder,
Iltis u. s. w.

Bl.



Dies wäre die äußere Beschaffenheit des Men-
schen, wonach der Mensch Erectus bimanus; men-
to prominulo
; dentibus aequaliter approximatis;
incisoribus inferioribus erectis ist. Man wird
leicht finden, daß der Herr Verfasser in diesem letz-
ten Zusatze einen Charakter der Humanität angegeben
hat, wodurch sich der Mensch von den noch so men-

bey den Affen; selbst bey einigen der Menschenähn-
lichsten.

Bl.

Die beyden Gelenkknöpfe (condyli) sind ein
Paar rundliche aber flachgedruckte Köpfe, die auf
einem engern Halse aufstehen, und in die Breite
von aussen nach innen und zugleich in etwas nach
hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher Li-
nie neben einander, sondern von vorn nach hinten
stumpf convergirend laufen. Mittelst des processus
condyloideus
ist der ganze Unterkiefer mit dem
Schädel eingelenkt. Von der verschiedenen Bildung
der condylorum bey den Thieren hängt die eben so
verschiedene Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Bey
rundlichen Knöpfen bewegt er sich wie in einer Nuß
(arthrodia) und folglich ist ihm eine vielseitige Be-
wegung gestattet. Sehr breit in die Quere laufende
hingegen bilden gleichsam ein Gewinde (charniere,
ginglymus), und haben mithin eine weit einge-
schränktere, bestimmtere, einseitigere Einlenkung.
Jenes ist der Fall bey vielen Gras fressenden Thie-
ren, besonders beym Elephanten u. a. dieses hin-
gegen bey den Raubthieren; auch bey dem Marder,
Iltis u. s. w.

Bl.



Dies wäre die äußere Beschaffenheit des Men-
schen, wonach der Mensch Erectus bimanus; men-
to prominulo
; dentibus aequaliter approximatis;
incisoribus inferioribus erectis ist. Man wird
leicht finden, daß der Herr Verfasser in diesem letz-
ten Zusatze einen Charakter der Humanität angegeben
hat, wodurch sich der Mensch von den noch so men-

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[241/0275] bey den Affen; selbst bey einigen der Menschenähn- lichsten. Bl. Die beyden Gelenkknöpfe (condyli) sind ein Paar rundliche aber flachgedruckte Köpfe, die auf einem engern Halse aufstehen, und in die Breite von aussen nach innen und zugleich in etwas nach hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher Li- nie neben einander, sondern von vorn nach hinten stumpf convergirend laufen. Mittelst des processus condyloideus ist der ganze Unterkiefer mit dem Schädel eingelenkt. Von der verschiedenen Bildung der condylorum bey den Thieren hängt die eben so verschiedene Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Bey rundlichen Knöpfen bewegt er sich wie in einer Nuß (arthrodia) und folglich ist ihm eine vielseitige Be- wegung gestattet. Sehr breit in die Quere laufende hingegen bilden gleichsam ein Gewinde (charniere, ginglymus), und haben mithin eine weit einge- schränktere, bestimmtere, einseitigere Einlenkung. Jenes ist der Fall bey vielen Gras fressenden Thie- ren, besonders beym Elephanten u. a. dieses hin- gegen bey den Raubthieren; auch bey dem Marder, Iltis u. s. w. Bl. Dies wäre die äußere Beschaffenheit des Men- schen, wonach der Mensch Erectus bimanus; men- to prominulo; dentibus aequaliter approximatis; incisoribus inferioribus erectis ist. Man wird leicht finden, daß der Herr Verfasser in diesem letz- ten Zusatze einen Charakter der Humanität angegeben hat, wodurch sich der Mensch von den noch so men-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/275>, abgerufen am 09.05.2024.