Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. 2. Aufl. Göttingen, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 102.

Man theilt die Gesichtsknochen den mit
dem Schädel unbeweglich verbundnena) Theil
und in den Unterkiefer. Jenerb)

a) Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer
bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey
welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten
Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über-
aus merkwürdige Articulation, die theils zum
Ginglymus (Th. I. §. 105.) und theils zur Syn-
neurosis
(Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwi-
schen den Nasenlöchern und den Augenhöhlen liegt,
mit dem übrigen Schädel eingelenkt ist.Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar
auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam;
diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von
einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen,
sondern davon her, daß der Knochenzapfen des
Oberkiefers meist nur zu beyden Seiten über den
Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische
Knochenblätter mit der Hirnschale zusammen hängt.
S. Herissant in den Mem. de l'Ac. des Sc. de
Par
. v. 1748.Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Croco-
dils ist ehedem viel gestritten worden. - Manche
Zergliederer, wie Vesalius, Columbus etc. hiel-
ten bloß seinen Oberkiefer für mobil, den untern
aber für unbeweglich. Aber schon Vesling hat
das Gegentheil erwiesen und dem Oberkiefer alle
eigne Beweglichkeit abgesprochen - observ. ana-
tomicar
. cap. 5. p. 39. der Ausg. v. 1740. 8.Hingegen können die Schlangen den Oberkie-
fer bewegen; wie ich z. B. an der lebendigen
coluber natrix oft bemerkt. Und so auch viele
Fische. Vom Zevs faber z. B. s. morgagni
aduersar. anat. VI. p. 228.
b) Bey Galenus und den folgenden Zergliederern
bis auf Vesalius herrscht in Rücksicht der un-
§. 102.

Man theilt die Gesichtsknochen den mit
dem Schädel unbeweglich verbundnena) Theil
und in den Unterkiefer. Jenerb)

a) Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer
bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey
welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten
Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über-
aus merkwürdige Articulation, die theils zum
Ginglymus (Th. I. §. 105.) und theils zur Syn-
neurosis
(Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwi-
schen den Nasenlöchern und den Augenhöhlen liegt,
mit dem übrigen Schädel eingelenkt ist.Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar
auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam;
diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von
einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen,
sondern davon her, daß der Knochenzapfen des
Oberkiefers meist nur zu beyden Seiten über den
Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische
Knochenblätter mit der Hirnschale zusammen hängt.
S. Herissant in den Mém. de l'Ac. des Sc. de
Par
. v. 1748.Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Croco-
dils ist ehedem viel gestritten worden. – Manche
Zergliederer, wie Vesalius, Columbus ꝛc. hiel-
ten bloß seinen Oberkiefer für mobil, den untern
aber für unbeweglich. Aber schon Vesling hat
das Gegentheil erwiesen und dem Oberkiefer alle
eigne Beweglichkeit abgesprochen – observ. ana-
tomicar
. cap. 5. p. 39. der Ausg. v. 1740. 8.Hingegen können die Schlangen den Oberkie-
fer bewegen; wie ich z. B. an der lebendigen
coluber natrix oft bemerkt. Und so auch viele
Fische. Vom Zevs faber z. B. s. morgagni
aduersar. anat. VI. p. 228.
b) Bey Galenus und den folgenden Zergliederern
bis auf Vesalius herrscht in Rücksicht der un-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0225" xml:id="pb199_0001" n="199"/>
            <head rendition="#c">§. 102.</head><lb/>
            <p>Man theilt die Gesichtsknochen den mit<lb/>
dem Schädel unbeweglich verbundnen<note anchored="true" place="foot" n="a)"><p>Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer<lb/>
bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey<lb/>
welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten<lb/>
Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über-<lb/>
aus merkwürdige Articulation, die theils zum<lb/><hi rendition="#aq">Ginglymus</hi> (Th. I. §. 105.) und theils zur <hi rendition="#aq">Syn-<lb/>
neurosis</hi> (Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwi-<lb/>
schen den Nasenlöchern und den Augenhöhlen liegt,<lb/>
mit dem übrigen Schädel eingelenkt ist.</p><p>Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar<lb/>
auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam;<lb/>
diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von<lb/>
einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen,<lb/>
sondern davon her, daß der Knochenzapfen des<lb/>
Oberkiefers meist nur zu beyden Seiten über den<lb/>
Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische<lb/>
Knochenblätter mit der Hirnschale zusammen hängt.<lb/>
S. Herissant in den <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Mém. de l'Ac. des Sc. de<lb/>
Par</hi></hi>. v. 1748.</p><p>Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Croco-<lb/>
dils ist ehedem viel gestritten worden. &#x2013; Manche<lb/>
Zergliederer, wie Vesalius, Columbus &#xA75B;c. hiel-<lb/>
ten bloß seinen Oberkiefer für mobil, den untern<lb/>
aber für unbeweglich. Aber schon Vesling hat<lb/>
das Gegentheil erwiesen und dem Oberkiefer alle<lb/>
eigne Beweglichkeit abgesprochen &#x2013; <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">observ. ana-<lb/>
tomicar</hi></hi>. <hi rendition="#aq">cap</hi>. 5. <hi rendition="#aq">p</hi>. 39. der Ausg. v. 1740. 8.</p><p>Hingegen können die Schlangen den Oberkie-<lb/>
fer bewegen; wie ich z. B. an der lebendigen<lb/><hi rendition="#aq">coluber natrix</hi> oft bemerkt. Und so auch viele<lb/>
Fische. Vom <hi rendition="#aq">Zevs faber</hi> z. B. s. <hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">morgagni</hi></hi><lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">aduersar. anat</hi></hi>. VI. <hi rendition="#aq">p</hi>. 228.</p></note> Theil<lb/>
und in den Unterkiefer. Jener<note anchored="true" place="foot" n="b)"><p>Bey Galenus und den folgenden Zergliederern<lb/>
bis auf Vesalius herrscht in Rücksicht der un-
</p></note></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0225] §. 102. Man theilt die Gesichtsknochen den mit dem Schädel unbeweglich verbundnen a) Theil und in den Unterkiefer. Jener b) a) Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über- aus merkwürdige Articulation, die theils zum Ginglymus (Th. I. §. 105.) und theils zur Syn- neurosis (Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwi- schen den Nasenlöchern und den Augenhöhlen liegt, mit dem übrigen Schädel eingelenkt ist. Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam; diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen, sondern davon her, daß der Knochenzapfen des Oberkiefers meist nur zu beyden Seiten über den Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische Knochenblätter mit der Hirnschale zusammen hängt. S. Herissant in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Par. v. 1748. Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Croco- dils ist ehedem viel gestritten worden. – Manche Zergliederer, wie Vesalius, Columbus ꝛc. hiel- ten bloß seinen Oberkiefer für mobil, den untern aber für unbeweglich. Aber schon Vesling hat das Gegentheil erwiesen und dem Oberkiefer alle eigne Beweglichkeit abgesprochen – observ. ana- tomicar. cap. 5. p. 39. der Ausg. v. 1740. 8. Hingegen können die Schlangen den Oberkie- fer bewegen; wie ich z. B. an der lebendigen coluber natrix oft bemerkt. Und so auch viele Fische. Vom Zevs faber z. B. s. morgagni aduersar. anat. VI. p. 228. b) Bey Galenus und den folgenden Zergliederern bis auf Vesalius herrscht in Rücksicht der un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1807/225
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. 2. Aufl. Göttingen, 1807, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1807/225>, abgerufen am 03.05.2024.