Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. Göttingen, 1786.***) (oder Vor- ***)
Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im Oberkiefer, wie den wiederkauenden Thieren mit gespaltnen Klauen.Aber auch in der Anzahl und Bildung und Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere nach der Erfordernis ihrer Lebensart und Nah- rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. - Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewönlich 6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die wie Zangen fest auseinander greifen. - Die Eich- hörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und änliche Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Bie- ber u. a.m. haben nur ein Paar Schneidezähne in jeden Kiefer, mit überaus scharfen, meiselarti- gen Schneiden; das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft die es beym Nagen anwenden muß ganz außer- ordentlich lange Wurzeln, die z. B. bey der ge- meinen Hausmaus fast die ganze Länge des Unter- kiefers haben. *) Daß hierin zumal bey bejahrten Personen viele in-
dividuelle Verschiedenheit herscht, braucht keiner Erwähnung. - Man sieht täglich Menschen mit überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar- fen Schneidezähnen u. s. w.Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio- nen die eine oder die andre Form dieser Art von Zähnen eigen schient. - So habe ich z. B. vor eini- gen Jahren an mehrern Mumien-Schedeln, die sowol in Rücksicht der so sehr characteristischen altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art der Balsamation, alle Zeichen der frühesten ältesten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne in beiden Kiefern nicht meiselartig, sondern von der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit fla- ***) (oder Vor- ***)
Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im Oberkiefer, wie den wiederkauenden Thieren mit gespaltnen Klauen.Aber auch in der Anzahl und Bildung und Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere nach der Erfordernis ihrer Lebensart und Nah- rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. – Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewönlich 6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die wie Zangen fest auseinander greifen. – Die Eich- hörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und änliche Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Bie- ber u. a.m. haben nur ein Paar Schneidezähne in jeden Kiefer, mit überaus scharfen, meiselarti- gen Schneiden; das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft die es beym Nagen anwenden muß ganz außer- ordentlich lange Wurzeln, die z. B. bey der ge- meinen Hausmaus fast die ganze Länge des Unter- kiefers haben. *) Daß hierin zumal bey bejahrten Personen viele in-
dividuelle Verschiedenheit herscht, braucht keiner Erwähnung. – Man sieht täglich Menschen mit überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar- fen Schneidezähnen u. s. w.Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio- nen die eine oder die andre Form dieser Art von Zähnen eigen schient. – So habe ich z. B. vor eini- gen Jahren an mehrern Mumien-Schedeln, die sowol in Rücksicht der so sehr characteristischen altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art der Balsamation, alle Zeichen der frühesten ältesten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne in beiden Kiefern nicht meiselartig, sondern von der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit fla- <TEI> <text xml:id="blume_hbnatur_000062"> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><note anchored="true" place="foot" n="***)"><p><pb facs="#f0279" xml:id="pb247_0001" n="247"/> Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im<lb/> Oberkiefer, wie den wiederkauenden Thieren mit<lb/> gespaltnen Klauen.</p><p>Aber auch in der Anzahl und Bildung und<lb/> Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey<lb/> den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere<lb/> nach der Erfordernis ihrer Lebensart und Nah-<lb/> rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. –<lb/> Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewönlich<lb/> 6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die<lb/> wie Zangen fest auseinander greifen. – Die Eich-<lb/> hörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und änliche<lb/> Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Bie-<lb/> ber u. a.m. haben nur ein Paar Schneidezähne<lb/> in jeden Kiefer, mit überaus scharfen, meiselarti-<lb/> gen Schneiden; das untere Paar hat fast eine<lb/> pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft<lb/> die es beym Nagen anwenden muß ganz außer-<lb/> ordentlich lange Wurzeln, die z. B. bey der ge-<lb/> meinen Hausmaus fast die ganze Länge des Unter-<lb/> kiefers haben.</p></note> (oder Vor-<lb/> derzähne, <hi rendition="#aq">incisores s. primores</hi>) haben<lb/> meiselartige Kronen<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Daß hierin zumal bey bejahrten Personen viele in-<lb/> dividuelle Verschiedenheit herscht, braucht keiner<lb/> Erwähnung. – Man sieht täglich Menschen mit<lb/> überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar-<lb/> fen Schneidezähnen u. s. w.</p><p>Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio-<lb/> nen die eine oder die andre Form dieser Art von<lb/> Zähnen eigen schient. – So habe ich z. B. vor eini-<lb/> gen Jahren an mehrern Mumien-Schedeln, die<lb/> sowol in Rücksicht der so sehr characteristischen<lb/> altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art<lb/> der Balsamation, alle Zeichen der frühesten<lb/> ältesten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne<lb/> in beiden Kiefern nicht meiselartig, sondern von<lb/> der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit fla-<lb/></p></note></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [247/0279]
***) (oder Vor-
derzähne, incisores s. primores) haben
meiselartige Kronen *)
***) Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im
Oberkiefer, wie den wiederkauenden Thieren mit
gespaltnen Klauen.
Aber auch in der Anzahl und Bildung und
Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey
den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere
nach der Erfordernis ihrer Lebensart und Nah-
rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. –
Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewönlich
6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die
wie Zangen fest auseinander greifen. – Die Eich-
hörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und änliche
Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Bie-
ber u. a.m. haben nur ein Paar Schneidezähne
in jeden Kiefer, mit überaus scharfen, meiselarti-
gen Schneiden; das untere Paar hat fast eine
pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft
die es beym Nagen anwenden muß ganz außer-
ordentlich lange Wurzeln, die z. B. bey der ge-
meinen Hausmaus fast die ganze Länge des Unter-
kiefers haben.
*) Daß hierin zumal bey bejahrten Personen viele in-
dividuelle Verschiedenheit herscht, braucht keiner
Erwähnung. – Man sieht täglich Menschen mit
überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar-
fen Schneidezähnen u. s. w.
Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio-
nen die eine oder die andre Form dieser Art von
Zähnen eigen schient. – So habe ich z. B. vor eini-
gen Jahren an mehrern Mumien-Schedeln, die
sowol in Rücksicht der so sehr characteristischen
altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art
der Balsamation, alle Zeichen der frühesten
ältesten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne
in beiden Kiefern nicht meiselartig, sondern von
der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit fla-
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