Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

ohne Widerrede befolgt werden. Sie
mußte nachgeben und der Fähnrich bat
sich für die traurigste Nacht seines Lebens
bey mir Quartier aus. Er konnte nicht
umhin seine Geschichte mit einem Affekte
zu erzählen, der mein ganzes Mitleiden re-
ge machte. Inzwischen sah' ich wenig
Licht in der Sache. Das Betragen des
Iunkers schien mir durchaus unbegreiff-
lich, und ich leugne nicht, dass ich
zuweilen auf den Gedanken kam: er müs-
se sein bischen Verstand vollends verloren
haben.

Der Tag war nicht so bald angebro-
chen, als ich zur Frau von Z*** gerufen
wurde. Ich fand sie noch so, wie sie den
Abend zuvor aus dem Wagen gestiegen
war. -- Ist der Fähnrich noch bey ih-
nen? -- war ihre erste Frage. Auf
meine Versichrung, dass er noch da sey:

ohne Widerrede befolgt werden. Sie
mußte nachgeben und der Fähnrich bat
ſich für die traurigſte Nacht ſeines Lebens
bey mir Quartier aus. Er konnte nicht
umhin ſeine Geſchichte mit einem Affekte
zu erzählen, der mein ganzes Mitleiden re-
ge machte. Inzwiſchen ſah’ ich wenig
Licht in der Sache. Das Betragen des
Iunkers ſchien mir durchaus unbegreiff-
lich, und ich leugne nicht, daſs ich
zuweilen auf den Gedanken kam: er müſ-
ſe ſein bischen Verſtand vollends verloren
haben.

Der Tag war nicht ſo bald angebro-
chen, als ich zur Frau von Z*** gerufen
wurde. Ich fand ſie noch ſo, wie ſie den
Abend zuvor aus dem Wagen geſtiegen
war. — Iſt der Fähnrich noch bey ih-
nen? — war ihre erſte Frage. Auf
meine Verſichrung, daſs er noch da ſey:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="54"/>
ohne Widerrede befolgt werden. Sie<lb/>
mußte nachgeben und der Fähnrich bat<lb/>
&#x017F;ich für die traurig&#x017F;te Nacht &#x017F;eines Lebens<lb/>
bey mir Quartier aus. Er konnte nicht<lb/>
umhin &#x017F;eine Ge&#x017F;chichte mit einem Affekte<lb/>
zu erzählen, der mein ganzes Mitleiden re-<lb/>
ge machte. Inzwi&#x017F;chen &#x017F;ah&#x2019; ich wenig<lb/>
Licht in der Sache. Das Betragen des<lb/>
Iunkers &#x017F;chien mir durchaus unbegreiff-<lb/>
lich, und ich leugne nicht, da&#x017F;s ich<lb/>
zuweilen auf den Gedanken kam: er mü&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e &#x017F;ein bischen Ver&#x017F;tand vollends verloren<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Der Tag war nicht &#x017F;o bald angebro-<lb/>
chen, als ich zur Frau von Z<hi rendition="#sup">***</hi> gerufen<lb/>
wurde. Ich fand &#x017F;ie noch &#x017F;o, wie &#x017F;ie den<lb/>
Abend zuvor aus dem Wagen ge&#x017F;tiegen<lb/>
war. &#x2014; I&#x017F;t der Fähnrich noch bey ih-<lb/>
nen? &#x2014; war ihre er&#x017F;te Frage. Auf<lb/>
meine Ver&#x017F;ichrung, da&#x017F;s er noch da &#x017F;ey:<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0060] ohne Widerrede befolgt werden. Sie mußte nachgeben und der Fähnrich bat ſich für die traurigſte Nacht ſeines Lebens bey mir Quartier aus. Er konnte nicht umhin ſeine Geſchichte mit einem Affekte zu erzählen, der mein ganzes Mitleiden re- ge machte. Inzwiſchen ſah’ ich wenig Licht in der Sache. Das Betragen des Iunkers ſchien mir durchaus unbegreiff- lich, und ich leugne nicht, daſs ich zuweilen auf den Gedanken kam: er müſ- ſe ſein bischen Verſtand vollends verloren haben. Der Tag war nicht ſo bald angebro- chen, als ich zur Frau von Z*** gerufen wurde. Ich fand ſie noch ſo, wie ſie den Abend zuvor aus dem Wagen geſtiegen war. — Iſt der Fähnrich noch bey ih- nen? — war ihre erſte Frage. Auf meine Verſichrung, daſs er noch da ſey:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/60
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/60>, abgerufen am 21.11.2024.