lichkeit, die der Iunker für seine Gemah- linn hatte, nach Verlauf eines halben Iah- res, mehr zu - als abgenommen. Er hat mich zu wiederholten Malen mit den größ- ten Eydschwüren versichert, dass er seine Aurora über alles liebe, dass er dem Be- sitze einer Grafschaft ihrentwegen entsa- gen, dass er sein Leben für den alleinigen Genuß ihrer Zärtlichkeit aufopfern wolle. Wer sich darin nicht zu finden weiß, dass man eine Person über alles lieben, und sich doch nicht überwinden könne, ihr zu Lie- be den Gebrauch einer so geringen Sache als der Merseburger ist zu unterlaßen, dem rathe ich: nicht zu der Meyerschen Seelen- lehre seine Zuflucht zu nehmen; sondern in seiner eignen Seele die Data zur Auflösung dieses großen Paradoxons aufzusuchen.
So standen die Sachen bey dem An- fange des nächstfolgenden Sommers, da un-
lichkeit, die der Iunker für ſeine Gemah- linn hatte, nach Verlauf eines halben Iah- res, mehr zu - als abgenommen. Er hat mich zu wiederholten Malen mit den größ- ten Eydſchwüren verſichert, daſs er ſeine Aurora über alles liebe, daſs er dem Be- ſitze einer Grafſchaft ihrentwegen entſa- gen, daſs er ſein Leben für den alleinigen Genuß ihrer Zärtlichkeit aufopfern wolle. Wer ſich darin nicht zu finden weiß, daſs man eine Perſon über alles lieben, und ſich doch nicht überwinden könne, ihr zu Lie- be den Gebrauch einer ſo geringen Sache als der Merſeburger iſt zu unterlaßen, dem rathe ich: nicht zu der Meyerſchen Seelen- lehre ſeine Zuflucht zu nehmen; ſondern in ſeiner eignen Seele die Data zur Auflöſung dieſes großen Paradoxons aufzuſuchen.
So ſtanden die Sachen bey dem An- fange des nächſtfolgenden Sommers, da un-
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lichkeit, die der Iunker für ſeine Gemah-
linn hatte, nach Verlauf eines halben Iah-
res, mehr zu - als abgenommen. Er hat
mich zu wiederholten Malen mit den größ-
ten Eydſchwüren verſichert, daſs er ſeine
Aurora über alles liebe, daſs er dem Be-
ſitze einer Grafſchaft ihrentwegen entſa-
gen, daſs er ſein Leben für den alleinigen
Genuß ihrer Zärtlichkeit aufopfern wolle.
Wer ſich darin nicht zu finden weiß, daſs
man eine Perſon über alles lieben, und ſich
doch nicht überwinden könne, ihr zu Lie-
be den Gebrauch einer ſo geringen Sache
als der Merſeburger iſt zu unterlaßen, dem
rathe ich: nicht zu der Meyerſchen Seelen-
lehre ſeine Zuflucht zu nehmen; ſondern in
ſeiner eignen Seele die Data zur Auflöſung
dieſes großen Paradoxons aufzuſuchen.
So ſtanden die Sachen bey dem An-
fange des nächſtfolgenden Sommers, da un-
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/43>, abgerufen am 28.03.2024.
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