Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

dern zugefügten, unverdienten Verachtung
wegen; in einen edeln Unwillen auszubre-
chen. Man ist ein Mensch und wenn man
nur Unwillen äußert, so ist man darum
noch keines Vergehens schuldig. --

Sehen sie, mein Herr! ich trat das
Rektorat zu W* anfangs unter den besten
Vorbedeutungen an. Ich machte Einrich-
tungen bey der Schule, die durchgängig
gebilliget wurden. Man lobte mich und
dachte schon darauf meine sehr geringen
Einkünste auf einen bessern Fuß zu setzen.
Nun hatte ich das Unglück, dass ich zu-
gleich mit den Kenntnißen meiner Unter-
gebenen auch ihre Sitten verbessern wollte
und dass ich dabey auf Mittel verfiel, die
man allenfalls nur an den Söhnen armer
Bürger; um des Himmels willen aber nicht
an einem Stammhalter einer patrizischen
Familie versucht haben wollte. Mein bö-

dern zugefügten, unverdienten Verachtung
wegen; in einen edeln Unwillen auszubre-
chen. Man iſt ein Menſch und wenn man
nur Unwillen äußert, ſo iſt man darum
noch keines Vergehens ſchuldig. —

Sehen ſie, mein Herr! ich trat das
Rektorat zu W* anfangs unter den beſten
Vorbedeutungen an. Ich machte Einrich-
tungen bey der Schule, die durchgängig
gebilliget wurden. Man lobte mich und
dachte ſchon darauf meine ſehr geringen
Einkünſte auf einen beſſern Fuß zu ſetzen.
Nun hatte ich das Unglück, daſs ich zu-
gleich mit den Kenntnißen meiner Unter-
gebenen auch ihre Sitten verbeſſern wollte
und daſs ich dabey auf Mittel verfiel, die
man allenfalls nur an den Söhnen armer
Bürger; um des Himmels willen aber nicht
an einem Stammhalter einer patriziſchen
Familie verſucht haben wollte. Mein bö-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="204"/>
dern zugefügten, unverdienten Verachtung<lb/>
wegen; in einen edeln Unwillen auszubre-<lb/>
chen. Man i&#x017F;t ein Men&#x017F;ch und wenn man<lb/>
nur Unwillen äußert, &#x017F;o i&#x017F;t man darum<lb/>
noch keines Vergehens &#x017F;chuldig. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Sehen &#x017F;ie, mein Herr! ich trat das<lb/>
Rektorat zu W<hi rendition="#sup">*</hi> anfangs unter den be&#x017F;ten<lb/>
Vorbedeutungen an. Ich machte Einrich-<lb/>
tungen bey der Schule, die durchgängig<lb/>
gebilliget wurden. Man lobte mich und<lb/>
dachte &#x017F;chon darauf meine &#x017F;ehr geringen<lb/>
Einkün&#x017F;te auf einen be&#x017F;&#x017F;ern Fuß zu &#x017F;etzen.<lb/>
Nun hatte ich das Unglück, da&#x017F;s ich zu-<lb/>
gleich mit den Kenntnißen meiner Unter-<lb/>
gebenen auch ihre Sitten verbe&#x017F;&#x017F;ern wollte<lb/>
und da&#x017F;s ich dabey auf Mittel verfiel, die<lb/>
man allenfalls nur an den Söhnen armer<lb/>
Bürger; um des Himmels willen aber nicht<lb/>
an einem Stammhalter einer patrizi&#x017F;chen<lb/>
Familie ver&#x017F;ucht haben wollte. Mein bö-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0210] dern zugefügten, unverdienten Verachtung wegen; in einen edeln Unwillen auszubre- chen. Man iſt ein Menſch und wenn man nur Unwillen äußert, ſo iſt man darum noch keines Vergehens ſchuldig. — Sehen ſie, mein Herr! ich trat das Rektorat zu W* anfangs unter den beſten Vorbedeutungen an. Ich machte Einrich- tungen bey der Schule, die durchgängig gebilliget wurden. Man lobte mich und dachte ſchon darauf meine ſehr geringen Einkünſte auf einen beſſern Fuß zu ſetzen. Nun hatte ich das Unglück, daſs ich zu- gleich mit den Kenntnißen meiner Unter- gebenen auch ihre Sitten verbeſſern wollte und daſs ich dabey auf Mittel verfiel, die man allenfalls nur an den Söhnen armer Bürger; um des Himmels willen aber nicht an einem Stammhalter einer patriziſchen Familie verſucht haben wollte. Mein bö-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/210
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/210>, abgerufen am 02.05.2024.